Im laufenden Betrieb wird dem Netzteil ein zulässiger Versorgungsspannungsbereich in Form der minimal und maximal zulässigen Spannung durch das Verbrauchersystem vorgegeben. Die Vorgabe eines sinnvollen Betriebsspannungsbereiches ist Aufgabe des Power-Managements auf dem Embedded-Computer und hängt wesentlich von Betriebszustand, aktiver Peripherie und aktuell ausgeführten Software-Anwendungen ab.
Sowohl der Wirkungsgrad des Netzteils als auch die Verluste auf Seiten des Verbrauchersystems variieren über den vorgegebenen Betriebsspannungsbereich. Die Gründe dafür sind in den Schaltverlusten des Netzteils sowie der bereits beschriebenen Spannungsabhängigkeit der vielen Gleichspannungswandler im Verbrauchersystem zu finden. In Summe existiert innerhalb eines vorgegebenen Fensters ein Arbeitspunkt, an dem die Gesamtheit der Verluste minimal wird.
Für die Ermittlung dieser optimalen Betriebsspannung wird der zulässige Spannungsbereich in einem sogenannten Sweep-Vorgang stufenweise durchlaufen, d.h. die Ausgangsspannung wird beginnend bei der unteren Spannungsgrenze in kleinen Abständen erhöht, bis die maximal zulässige Spannung erreicht ist. Auf jeder Stufe werden eingangsseitig die Strom- und Spannungswerte erfasst und die aufgenommene Leistung berechnet. Nach Abschluss des Sweep-Vorganges wird die Spannung eingestellt, bei der die gemessene Leistung am geringsten war. Der Leistungswert, der ebenfalls gemessene Laststrom und weitere Parameter (z.B. Temperaturwerte) werden in einem Registersatz gespeichert und können vom Embedded-System über die I²C-Schnitt-stelle ausgelesen werden.
Um einen solchen Sweep-Vorgang auszulösen, gibt es zwei Möglichkeiten: Zum einen wird der optimale Arbeitspunkt immer dann neu bestimmt, wenn das Verbrauchersystem eine Änderung der Spannungsgrenzen vornimmt. Zusätzlich wird ein Sweep auch dann durchgeführt, wenn sich der fortlaufend gemessene Laststrom gegenüber der letzten Spannungsanpassung signifikant ändert, da in diesem Fall von einer Änderung des Betriebszustandes und damit von einer Verschiebung des optimalen Arbeitspunktes ausgegangen werden kann.
Messergebnisse bestätigen -Energiesparpotenzial
Mit Hilfe eines Demonstratorsystems, bestehend aus dem Netzteil-Prototyp, einem Embedded-PC (Kontron) und einem TFT-LC-Display mit abschaltbarer Hinterleuchtung, können die Projekt-ergebnisse mit Messwerten belegt werden. Ein hochpräzises Leistungsmessgerät zeichnet zu diesem Zweck die eingangs- und ausgangsseitigen Strom-, Spannungs- und Leistungswerte auf.
In Bild 4 sind die aufgenommene Leistung (PE), die Leistung am Verbraucher (PA) sowie die Betriebsspannung (UB) über die Dauer eines Sweep-Vorgangs dargestellt. Der zulässige Spannungsbereich beträgt in diesem Fall 6 V bis 14 V und wird in Schritten von ca. 0,5 V durchlaufen. Anhand des Verlaufes der Ausgangsleistung PA lässt sich deutlich erkennen, dass die Verluste an den Gleichspannungswandlern mit zunehmender Betriebsspannung ansteigen, obwohl der Betriebszustand des Embedded-Systems unverändert bleibt.
Gleichzeitig steigt jedoch der Wirkungsgrad des Netzteils, so dass sich für die Gesamtleistungsaufnahme PE der dargestellte Verlauf ergibt. Im Leistungsminimum bei einer Spannung von 9,8 V nimmt das Demonstratorsystem mit 15 W etwa 0,9 W weniger auf als beim Betrieb mit 14 V. Das entspricht einer Leistungseinsparung von ca. 6 %. Dementsprechend wird die Versorgungsspannung nach Abschluss des Sweep-Vorgangs auf den ermittelten optimalen Arbeitspunkt eingestellt.
Um das echte Energiesparpotenzial der selbstständigen Spannungsanpassung zu verdeutlichen, wird die Leistungsaufnahme des Demonstrators in einem zweiten Versuch der einer kon-stanten Spannungsversorgung gegenübergestellt. Der Messaufbau ist für beide Messreihen identisch. Einzig die Abfrage des EEPROM wurde blockiert, so dass das Netzteil von einem nicht kompatiblen Verbrauchersystem ausgeht und sich wie ein Standardnetzteil mit 12 V Ausgangsspannung verhält. Bei den Messungen wurden am Verbraucher durch das Ab- und Anschalten der LCD-Hinterleuchtung Lastsprünge erzeugt, um die Leistungsaufnahme der Systeme in unterschiedlichen Lastzuständen gegenüberzustellen. Zudem wird mit jedem Lastsprung ein Sweep-Vorgang im Netzteil mit aktiver Spannungsanpassung ausgelöst.
Bild 5 zeigt, dass die Leistungsaufnahme bei Einstellung einer für den Betriebszustand des Verbrauchersystems optimalen Versorgungsspannung (PE PM) deutlich unter der Leistung eines Systems mit konstant hoher Betriebsspannung (PE fix) liegt. Konkret wurde bei diesem Versuch ca. 1 W bei geringer Last ohne LCD-Hinterleuchtung und ca. 2 W bei höherer Last mit aktiver LCD-Hinterleuchtung eingespart. In beiden Fällen entspricht dies etwa 6 % der Gesamtleistungsaufnahme.
Zu beachten ist, dass es sich bei den Messversuchen um willkürliche Betriebsfälle zur Illustration der Funktionsweise und des Einspar-effekts handelt. Im konkreten Anwendungsfall sind, abhängig von der verwendeten Hardware und dem jeweiligen Betriebszustand, auch prozentual geringere oder höhere Energieeinsparungen möglich.
Die Dauer eines Sweep-Vorganges wird bestimmt durch den zu durchlaufenden Spannungsbereich, die gewählte Schrittweite sowie die Verweildauer auf jeder Spannungsstufe. Je nach Anforderungen an die Reaktionsgeschwindigkeit der Spannungsanpassung können die beiden letztgenannten Parameter variiert werden, um gegebenenfalls schneller auf Betriebszustandsänderungen zu reagieren. Die zeitliche Dauer der Stufen darf allerdings nicht zu kurz gewählt werden, da für die korrekte Messwerterfassung eine gewisse Einschwingzeit sowie eine Mittelwertbildung über mehrere Messungen notwendig sind. Als Beispiel wurden mit dem Demonstratorsystem Verweildauern von mindestens 50 ms pro Stufe getestet, was zu Sweep-Zeiten von ca. 0,5 s führte.