Wie geht es der Licht- und Gebäudetechnik-Branche aktuell? Und welche Trends und Technologien treiben die Märkte derzeit? Antworten darauf geben Dr. Jürgen Waldorf, Geschäftsführer des ZVEI-Fachverbandes Licht und Klaus Jung, Geschäftsführer des ZVEI-Fachverbandes Elektroinstallationssysteme.
Markt & Technik: Wie schätzen Sie die aktuelle Marktentwicklung im Bereich der Gebäudetechnik und Beleuchtungstechnologien ein? Und welchen Einfluss, welche Auswirkungen hat diese auf die Entwicklung der Messe?
Klaus Jung: Auch die Hersteller von Elektroinstallationssystemen können sich der allgemeinen Marktentwicklung nicht gänzlich entziehen, denn die Konjunkturdynamik der letzten Jahre hat sich erheblich abgeschwächt. Bereits seit Mitte 2023 sind die Umsätze impliziert durch den Rückgang im Neubau-Markt teilweise stark rückgängig. Inflation und die Verdreifachung des Zinsniveaus haben im gesamten Gebäudemarkt erhebliche Spuren hinterlassen. In den vergangenen Monaten hat das Abarbeiten von Auftragsüberhängen, das Industriegeschäft und das Geschäft im Bereich Netzausbau die Konjunktur im Bereich Elektroinstallationssysteme getragen. Alles in allem konnte hier für 2023 ein leichtes Wachstum verzeichnet werden.
Für die Messe hat das Ende des Booms eher Vorteile, denn Hersteller kurbeln tendenziell in Phasen von Konjunkturabschwächung ihre Innovationrate und die Prozesskosten-Optimierung an. Die Tatsache, dass die Überauslastung der Kunden sich auch normalisiert hat, fördert eher einen Messebesuch.
Dr. Jürgen Waldorf: Der Lichtmarkt in Deutschland hat sich im abgelaufenen Jahr abgeschwächt. Dabei verläuft die Entwicklung in den Teilmärkten Innen-, Außen- und Sicherheitsbeleuchtung sowie Komponenten deutlich unterschiedlich. Aufgrund des Sanierungsstaus und der Ausphasung von Leuchtstofflampen rechnet die Branche mit einer Belebung im Laufe des Jahres. Impulse werden auch von der ausstellerseitig gut aufgestellten Light + Building erwartet.
Gibt es spezifische Entwicklungen oder technologische Trends, die den Markt in nächster Zeit maßgeblich beeinflussen könnten?
Klaus Jung: Die Elektrifizierung im Bestand für die E-Mobilität steht erst am Anfang der Skalierung, ebenso die Umsetzung der Energiewende im Gebäudebestand. Die bestehenden Elektroanlagen sind tendenziell überaltert und jede neue Anwendung im Gebäude kann Anlass zur Sanierung von Elektronlagen sein. Somit werden die Trends Vernetzung, Elektrifizierung und Energieeffizienz die Konjunktur ab 2025 und darüber hinaus wieder stärker beflügeln.
Welche Rolle spielen Technologien wie KI oder Augmented und Virtual Reality in der Gebäude- und Beleuchtungstechnik?
Klaus Jung: Künstliche Intelligenz beziehungsweise Deep Learning spielt eine Rolle im Bereich der Raum- und Gebäudeautomation. Hier werden bereits in sogenannten Edge-Systemen entsprechende Algorithmen eingebunden, um die Handlungen einer programmierte Gebäudeautomation zu analysieren und aus dem Nutzerverhalten Rückschlüsse für die Optimierung der Gebäudeautomation zu erhalten. Gleiches wird für das Thema Energiemanagement im Gebäude der Fall sein.
Virtual Reality, VR, wird bei der Inbetriebnahme und dem Service von Anlagen eine Rolle spielen. Zum Beispiel kann das Wissen eines Experten vorkonfektioniert in eine VR-Brille einfließen. Entsprechende Handlungsempfehlungen werden dann dem Brillenträger übermittelt. Diese Technologien werden in den kommenden fünf Jahre im Handwerk und Servicegeschäft sichtbarer werden.
Dr. Jürgen Waldorf: KI wird lichttechnische Planungsprozesse zukünftig unterstützen und beschleunigen. Aber auch im Produktdesign sowie bei Produktionsprozessen wird KI in Zukunft zur Steigerung der Produktivität beitragen.
Welche neuen Standards und Zertifizierungen für Beleuchtung und Gebäudetechnik werden auf der Messe vorgestellt oder diskutiert?
Klaus Jung: Der Standard Matter aus den USA wird ein Thema auf der Messe sein. Er zielt darauf ab, die Fragmentierung zwischen verschiedenen Anbietern zu reduzieren und Interoperabilität zwischen Smart-Home-Geräten und Internet-of-Things-Plattformen verschiedener Anbieter zu erreichen. Darüber hinaus wird der EEBus ein Thema sein, denn die Use Cases am Digitalen Netzanschluss in Verbindung mit dem Home-Energiemanagementsystem sind mittlerweile beschrieben und werden sicher im Fokus von zahlreichen Fachgesprächen auf der Messe stehen.
Dr. Jürgen Waldorf: Nachhaltigkeit durch Energieeffizienz ist weiterhin das Hauptthema bei Neuinstallationen und der Sanierung von Beleuchtungsanlagen. In Zukunft wird bei der Ermittlung des ökologischen Fußabdrucks neben der dominierenden Nutzungsphase auch umweltgerechtes Design für eine Stärkung einer Kreislaufwirtschaft an Bedeutung gewinnen.
Welchen Stellenwert nimmt LiFi als Kommunikationstechnologie aus Ihrer Sicht ein? Sehen Sie steigendes Interesse daran?
Dr. Jürgen Waldorf: Das Potenzial für verschiedenste Applikationen ist vorhanden, konkrete Projekte wurden jedoch bisher wenig umgesetzt.
Gibt es aus Ihrer Sicht Neuigkeiten in Bezug auf die Integration erneuerbarer Energien in Beleuchtungssystemen und Gebäudetechnik?
Klaus Jung: Ja, die Bundesnetzagentur hat nun endlich den Smart-Meter-Rollout losgetreten. Drei zugelassene Anbieter werden Schritt für Schritt den Netzanschluss zu den Gebäuden hin zu einem digitalen Netzanschluss machen. Im Hintergrund ist auch in der Systemnormung viel passiert. Die Schnittstellen und Leistungsübergabe-Punkte sind definiert. Die nächsten Schritte hin zu Quartierslösungen, Energie-Sharing und -Abrechnung könnten technologische Realität werden. Ob allerdings divergierende Geschäftsinteressen einer Skalierung solcher Konzepte gegenüberstehen, werden die nächsten Jahre zeigen.
Inwiefern spielt Cybersicherheit eine Rolle in den Diskussionen und Präsentationen auf der Light + Building?
Klaus Jung: Es ist ein Thema im Bereich der Gebäudeautomation, nämlich immer dort, wo Anlagen eine Verbindung mit dem Internet haben. Durch die Regulierung hat sich auf der Hardware-Seite viel getan. Um aber Cybersicherheit sicherzustellen, muss ein Prozess beim Anlagenplaner und Integrator vorhanden sein, denn die richtige Planung und der Serviceprozess haben erheblichen Einfluss auf die Cyber-Resilienz von Anlagen.