Künstliche Intelligenz wird das Display-Troubleshooting revolutionieren. Vor allem in den Bereichen Datenanalyse, Informationsverständnis und Fehlervorhersage sorgt KI für grundlegend verbesserte Funktionalitäten.
Der Einsatz künstlicher Intelligenz im Display-Troubleshooting ist – vermeintlich – nur ein weiteres Anwendungsgebiet. Die Betonung liegt auf vermeintlich! Dass KI auch hier eingesetzt wird, war absehbar. Aber, wie bei einem Spiel über die Bande, erhält die Fehlerfindung und -vermeidung in ihren drei Schwerpunktbereichen neues Potenzial: größere Datenmengen in kürzerer Zeit analysieren, Informationen besser verstehen und Fehlervorhersagen treffen. In Summe ist der Einsatz der KI daher am Ende eben nicht nur Unterstützung, sondern tatsächlich Game Changing in Bezug auf Aufwand und Kosten.
Letzten Endes ist die Absicht des KI-Einsatzes im Display-Troubleshooting auch nicht anders als bei allen anderen Einsatzfällen: Künstliche Intelligenz soll Erleichterung bringen, Prozesse beschleunigen und Kreuzverbindungen erkennen, für die Menschen deutlich mehr Zeit bräuchten. Und auch für Troubleshooting gilt: Die KI ist kein Wundermittel, das völlig selbstständig magische Ergebnisse erarbeitet. Dass sie dann im Bereich Displaysysteme doch einen enormen Aufschlag verursacht, liegt daran, dass künstliche Intelligenz die wichtigsten Bereiche des Troubleshootings grundlegend verbessert.
Einer dieser Bereiche ist die Analyse des Datensatzes. Ein typisches Szenario im Troubleshooting, wenn nicht das typischste, ist, dass ein Problem erst im Feld auftritt beziehungsweise erkannt wird. Möglichst schnell müssen nun möglichst viele Muster analysiert werden, um die Auswirkung eingrenzen zu können. Zeit ist Geld! Und beides wird gespart, je mehr Daten gleichzeitig erfasst und ausgewertet werden – idealerweise zerstörungsfrei. Allein durch die Tatsache, dass die Analyse um ein Vielfaches beschleunigt wird, lohnt sich der Einsatz künstlicher Intelligenz – auch monetär.
Gleichzeitig gilt, wenn die Informationen dann schon vorhanden und die Daten aufbereitet sind, kann Kollege Computer sie ebenso schnell und fehlerfrei gegen historische Daten abgleichen. Die so gewonnenen Informationen helfen in Echtzeit dabei, Handlungsmaßnahmen zu priorisieren und Querverbindungen herzustellen. Hersteller oder Betreiber haben nun erstens die Möglichkeit, wirklich zu entscheiden, wie kritisch die Situation ist und wie sie weiter vorgehen wollen. So entsteht durch KI ohne Zeitverlust und einen geringen budgetären Mehraufwand eine zusätzliche Serviceebene, die es bis dato nicht ohne Weiteres gab.
Zweitens kann diese KI-unterstützte Auswertung auch inline in Anlagen übernommen werden. Probleme und deren wahrscheinliche Konsequenzen können während der Produktion erkannt werden. Ein Beispiel: Die KI-Analyse im Prozess macht deutlich, dass ein Fehler im Optical Bonding vorliegt. Das Problem mit dem Kleber beeinträchtigt jedoch nicht nur den Touchscreen! Beispielsweise ist im historischen Vergleich dadurch ebenfalls sehr oft Feuchtigkeit eingedrungen. Damit werden elektronische Probleme, Kurzschlüsse oder sogar Totalausfälle zu einem bestimmten Prozentsatz wahrscheinlich. Eine Anpassung wird empfohlen, Kosten werden vermieden.
Ein weiterer Bereich des Display-Troubleshootings, der durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz maßgeblich verbessert wird, ist das Verständnis der vorliegenden Informationen. So gilt, dass sich Physik nicht wirklich ändert und dadurch prädestiniert ist für Analysen nach dem berühmten »Schema-F«. Das wiederum bedeutet, der Vergleich bestehender Informationen ist durch KI nicht nur schneller, sondern unterliegt zudem weder Tageslaunen noch Konzentrationsschwächen. Eine KI analysiert nun einmal auch nach acht Stunden und bei 35 Grad nach der gleichen Methode und mit der gleichen Präzision.
Der Unterschied ist, dass sie dabei gegebenenfalls sogar neue Komplexitäten, neue Muster oder neue Zusammenhänge erkennt und dem Menschen hilft, diese besser zu verstehen. Fließt dann noch das Wissen um die historische Datenlage mit ein, können Kreuzvergleiche eine Dimension höher oder tiefer leichter verstanden werden. So entsteht ein Gesamtbild relativ zu der gegebenen Situation im aktuellen Umfeld. Gerade diese Tatsache macht KI-unterstütztes Troubleshooting so interessant: Eine Fehlersuche wird von »funktioniert nicht« zur genauen und relevanten Handlungsempfehlung.
Ein Beispiel: So lässt sich bei Displays mit Problemen in Richtung MURA oder Ghosting erkennen, ob es sich um einen elektrischen, einen Material- oder aber einen Fehler in der Software zur Ansteuerung handelt beziehungsweise in welchem Bereich dieser Fehler liegt.
Schließlich unterstützt die KI-Analyse nicht nur bei historischen Vergleichen. Auch ein Blick in die Zukunft wird möglich. Denn: Die KI misst den aktuellen Zustand, bewertet ihn und schreibt ihm aus der Vergangenheit eine Bedeutung für die Zukunft zu. So lassen sich mit einer gewissen und doch nachvollziehbaren Wahrscheinlichkeit auftretende, korrelierende Fehler aufzeigen respektive vermeiden. Es ist wichtig dabei zu verstehen, dass diese Prognose keine rein lineare Standardhochrechnung ist.
Der Unterschied zu gewöhnlichen Hochrechnungen liegt darin, dass die künstliche Intelligenz Daten erhebt, analysiert, hochrechnet und mit vergleichbaren Fällen in Echtzeit nicht linear abgleicht, also nach echten Erfahrungswerten und historischen Ergebnissen gewichtet. Die Analyse ergibt dann keinen Punkt in der Zukunft des Displays, sondern eine Punktwolke. Diese auszuwerten und in allen Relationen zur beabsichtigten Spezifikation beziehungsweise zum geplanten Einsatzgebiet des Gerätes zu setzen, ist eben jenes nächste Level.
Ein Beispiel: Die Datenmengen bei Displayherstellern lassen sich nach einer KI-Analyse dahingehend auswerten, welche Fehler wahrscheinlich bis sehr wahrscheinlich auftreten werden, wenn ein Display in eine andere Spezifikation überführt wird. Was passiert sozusagen mit demselben Gerät, wenn es beispielsweise statt im Cockpit eines Straßenbaubaggers in einem Containerkran am Hafen eingesetzt wird.
Die beschriebenen Ebenen hängen voneinander ab beziehungsweise gehen ineinander über. Unbestreitbar bleibt jedoch, dass KI auch oder gerade im Bereich des Display-Troubleshootings nicht einfach ein helfendes Tool ist, sondern Analysen auf ein neues Niveau hebt. Wichtig ist dabei, dass Kollege Automat kein selbstständiges Wundergerät ist, das selbst entscheidet und vermeintlich alles weiß und kann. KI hilft dabei, immer mehr Zusammenhänge schneller und besser zu verstehen, sie historisch abzugleichen und entsprechende Maßnahmen für die Zukunft einzuleiten. Damit wird am Ende das Risiko reduziert, die Qualität verbessert und gleichzeitig Zeit und Geld eingespart.
Der Autor
Klaus Wammes
ist Geschäftsführer der Wammes & Partner GmbH. Das Unternehmen entwickelt seit mehr als 30 Jahren elektronische Displays und Displaysysteme. Mit zunehmender Komplexität und abnehmender Verfügbarkeit von lokalem und tiefgreifendem Display-Know-how entwickelte sich das heutige Hauptgeschäft: Von Troubleshooting und Bug Fixing über Fehleranalysen und Materialbeschaffung bis zu Beratungen und Schulungen für elektronische Displays und Displaysysteme (B2B).