Was machen, wenn das Display »spinnt«?

Die Flachdisplay-Detektive aus Gundersheim

24. März 2025, 7:30 Uhr | Heinz Arnold
© Wammes & Partner

Vom Hersteller von Flachbildschirmen hat sich Wammes & Partner zu einem Unternehmen gewandelt, das die Fehlfunktionen, die in Displays auftreten können, über eine selbst erstellte Datenbank systemisch analysiert, ihnen detektivisch auf den Grund geht und für ihre Behebung sorgt.

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Ein »Troubleshooting«-Service, der in aller Welt mehr und mehr nachgefragt wird. 

Vom Hersteller von Flachbildschirmen hat sich Wammes & Partner zu einem Unternehmen gewandelt, das die Fehlfunktionen, die in Displays auftreten können, über eine selbst erstellte Datenbank systemisch analysiert, ihnen detektivisch auf den Grund geht und für ihre Behebung sorgt – ein »Troubleshooting«-Service, der in aller Welt mehr und mehr nachgefragt wird.

Gestartet war Wammes & Partner 1993 als Hersteller von Flachbildschirmen, und zwar ausschließlich im B2B-Sektor. Auch heute noch stehen am Firmensitz in Gundersheim Fertigungslinien und Equipment auf einer Fläche von 2000 m² zur Verfügung. Doch die Produktion steht für das Unternehmen heute nicht mehr im Vordergrund, da der Markt sich gewandelt hat und konkret Troubleshooting und Consulting gesucht wurden – viel mehr als die Herstellung von Displays. Die Möglichkeit zu fertigen ist aber dennoch wichtig, auch wenn Wammes sich über die vergangenen Jahre neu erfunden hat.

Denn die Voraussetzung für den Wandlungsprozess war die Erfahrung, die das Unternehmen über viele Jahre in der Fertigung von Flachbildschirmen gewonnen hat. »Wammes & Partner war während der vergangenen 30 Jahre sehr innovativ und hat viele Patente gesammelt«, sagt Klaus Wammes, Gründer und CEO des Unternehmens. Nachdem lange auf den eigenen Linien gefertigt worden war, rechnete sich nach seinen Worten die eigene Produktion immer weniger. Heute trägt sie nur noch einen kleinen Teil zum Gesamtgeschäft bei.

Wammes, der anfing Elektrotechnik in Karlsruhe zu studieren, bemerkte allerdings schnell, dass Theorie nur in der Praxis einen Mehrwert hat. So zog es ihn direkt mit dem Studium in die Selbstständigkeit mit dem Ziel, technisches Design und die Umsetzung in Systemen zu forcieren. Dieses Credo ist bis heute gültig. So verfügt Wammes & Partner nicht nur über tiefes Wissen darüber, nach welchen physikalischen Gesetzen die Flachbildschirme grundsätzlich arbeiten, das Unternehmen hat auch einen enormen Erfahrungsschatz in der Fertigung und praktischen Anwendung dieser Displays gesammelt. Und ebenso, was die Fehlfunktionen betrifft, die bei Flachbildschirmen auftauchen. Sie können ihre Ursachen in der Fertigung haben. Andere Fehlfunktionen entstehen, weil die Bildschirme nicht entsprechend den Anforderungen ausgelegt sind, die die jeweiligen Einsatzbedingungen stellen. Deshalb hat Wammes sie von einem systemischen Ansatz her betrachtet: Sämtliche Einflussfaktoren sollten in die Ursachenforschung eingehen – von den physikalischen Grundlagen über die Fertigung bis zu den jeweiligen Einsatzbedingungen. Wammes und sein Team wollten nachverfolgen, welche Einflussfaktoren aus diesen verschiedenen Sektoren das Verhalten der Flachbildschirme in der praktischen Anwendung in ihrer Kombination bestimmen.

Diese Fragen hatte sich Wammes schon sehr früh gestellt, erstens, um auf den eigenen Linien möglichst hohe Qualität produzieren zu können, zweitens um die Ursachen auftretender Fehler analysieren und die Kunden beraten zu können und drittens, um die Fehler möglichst schnell beheben zu können. »Die Ausgangsfrage war: Was bedeutet das Display als System im Ganzen, und warum funktioniert es bisweilen nicht?«, erinnert sich Wammes.

Um die Frage des Einflusses der verschiedenen Faktoren auf das Gesamtsystem Flachbildschirm in den jeweiligen Einsatzumgebungen beantworten zu können, hatte Wammes bereits relativ früh begonnen, eine Datenbank aufzubauen und das gesammelte Wissen dort systematisch abzulegen und abrufbar zu machen. Er wollte analysieren, welche Fehler infrage kommen, wenn ein Flachdisplay nicht funktioniert. »Zunächst arbeiteten wir auf dieser Ebene mit einigen Projektkunden zusammen, daraus hat sich nach und nach ein eigenständiger Service entwickelt. Jetzt wächst die Nachfrage nach diesen Dienstleistungen massiv«, freut sich Wammes. Schon längst trage dieser Geschäftsbereich den größten Teil zum Umsatz bei.

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Wammes Klaus
Klaus Wammes, Gründer und CEO von Wammes & Partner: »Sogar weltweit gibt es nur sehr wenige Unternehmen, die sich systemisch mit der ganzheitlichen Analyse von Displayfehlfunktionen in den unterschiedlichsten Geräten und Anwendungen beschäftigen – und dazu die 30-jährige Erfahrung in der Fertigung und im Einsatz von Displays in eine umfangreiche Datenbank einfließen lassen.«
© Wammes & Partner

Auf diesem Gebiet war Wammes ein Pionier: »Wir haben die Datenbank selbstständig aufgebaut und die Suche nach Fehlerursachen automatisiert. Damals wurde dies gern als Expertensystem bezeichnet«, erklärt Wammes. »Heute nennen wir das künstliche Intelligenz, im Grunde ist es aber dasselbe.« Deshalb sagt er noch heute stolz: »Wir sind die Experten im Expertensystem.«

Allerdings bringe die KI auch zusätzliche Vorteile. So seien heute strukturierte Daten nicht unbedingt erforderlich, zumindest würde es meist ausreichen, die Daten einmal vorzustrukturieren. Auf jeden Fall verfügt Wammes jetzt über einen riesigen Pool an Daten, um die KI trainieren zu können. Nicht weniger als eine Million Bilder sind in der Datenbank abgelegt, ein Rohdatensatz von nicht weniger als 60 TB ist dort gespeichert. Auch die gesamte dafür erforderliche Hardware hat Wammes installiert und betreibt sie.

Inzwischen ist die Dienstleistung zum eigenständigen Geschäftsbereich »Troubleshooting« herangewachsen. »Sogar weltweit gibt es nur sehr wenige Unternehmen, die in dieser Liga spielen können«, sagt Wammes. Interessenten, die gern von Wammes analysieren lassen, warum ihre Displays fehlerhaft gefertigt werden oder warum es in den jeweiligen Geräten und Anwendungen in ihren jeweiligen Einsatzorten immer wieder zu Fehlfunktionen kommt, gebe es rund um den Globus. »Die Anfragen kommen vor allem von dort, wo produziert wird. Und das ist eben außerhalb Europas, zum größten Teil Asien, aber sogar aus Australien bekommen wir Anfragen. Der Markt findet es ganz wunderbar, dass es jetzt jemanden gibt wie uns. Der Bedarf wächst nach unseren Beobachtungen massiv!«

Doch gibt es nicht auch Labore und Großforschungseinrichtungen weltweit, die die Analyse von Fehlfunktionen anbieten, wenn die Displays sich nicht so verhalten, wie die Hersteller oder die Anwender sich das vorgestellt hatten? »Das ist zwar richtig«, antwortet Wammes, »doch sind diese Einrichtungen immer etwas elfenbeinturmlastig. Wir dagegen kommen eben nicht aus der Theorie, sondern aus der Praxis der Fertigung und kennen die Probleme, die in der Praxis auftreten. Das ist ein großer Unterschied.«

Hier könne auch die beste KI nicht helfen: »Der KI-Agent alleine bringt nicht viel, wir benötigen die Übersetzung zum Kunden und müssen sehr nah an der Praxis arbeiten: Konkrete Fälle sind zu lösen, und wir müssen konkrete Hilfe anbieten. Auf diese Weise können wir dafür sorgen, dass erkannte Fehler nicht mehr auftreten. Wir wissen, was repariert werden muss.«

Immer noch unterhält Wammes am Standort in Gundersheim einen Reinraum, und darin befinden sich auch Fertigungslinien und die entsprechenden Maschinen. »Hier führen wir nach wie vor die Grundlagenentwicklungen von Displaysystemen durch, das wollen wir keinesfalls aufgeben«, betont Wammes.

Die Produktion, die dort stattfindet, sei allerdings überschaubar. Was, wie eingangs schon gesagt, daran liege, dass sich die Volumenfertigung in Europa nicht mehr wirtschaftlich durchführen lasse: »Hier fertigen wir nur kleine Mengen, der Anteil der Handarbeit ist hoch, das ist natürlich teuer, dafür ist alles sehr sicher.«

Dazu sind auch nur wenige Mitarbeiter erforderlich. Wer die Zahl der Mitarbeiter hört, die Wammes am Standort fest beschäftigt, dürfte zuerst einmal staunen: Es sind nicht mehr als vier. Allerdings: Diese Zahl sage über das, was tatsächlich passiert, nicht viel aus. Klaus Wammes spricht von einer virtuellen Firma: »Wir sind ganz einfach so groß, wie das Projekt es erfordert. So gesehen verfügen wir weltweit über Hunderte von Mitarbeitern. Über unser internationales Netzwerk bekommen wir in vollem Umfang Zugang zu dem, was wir gerade benötigen.«

Am liebsten spricht er heute in diesem Zusammenhang von einem technischen Klub. Dessen Wurzeln reichen Jahrzehnte in die Vergangenheit zurück, wie sich Wammes erinnert: »Wir haben diesen Klub aufgrund unserer tiefen internationalen Beziehungen seit vielen Jahren aufgebaut.« Das Geburtsdatum lässt sich sogar eindeutig bestimmen: Im Jahr 2000 hatte Wammes den Klub mitbegründet, er feiert in diesem Jahr seinen 25. Geburtstag. Allerdings führt er auch einen offiziellen Namen und besteht in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins: das Deutsche Flachbildschirm Forum (DFF). Vor 25 Jahren waren Flachbildschirme noch relativ neu, und es gab in Deutschland keine Plattform für den Wissensaustausch auf dem Sektor der Displaytechnologie – allerdings bestand ein großer Bedarf dafür, ein Netzwerk zu diesem Zweck zu gründen.

Von »Klub« spricht Wammes, weil es sich zwar formal um einen eingetragenen Verein handelt, allerdings führt der DFF ein munteres Eigenleben jenseits formaler Strukturen. De facto funktioniert dies über informelle Strukturen, jenseits von Vorstand, Beiträgen und Generalversammlungen: »Alle sind nur dabei, weil sie dabei sein wollen, weil es ihnen Spaß macht – und weil sie etwas davon haben: Es bringt allen Beteiligten Vorteile, sich miteinander abzustimmen.« Es komme auf die Chemie zwischen den Partnern an, es gebe Gepflogenheiten, die sich entwickelt haben, es gehe eben zu wie im richtigen Leben. Der Klub prosperiere, obwohl oder gerade, weil er »etwas anders« sei. Ein wenig muss er aber doch selbst darüber staunen: »Dass dies so lange funktioniert, das dürfte doch einmalig sein!«

Das ist der Grund, warum Wammes so gern von dem virtuellen Unternehmen spricht. Denn er kann auf die unterschiedlichsten Unternehmen zugreifen, um bestimmte Projekte abzuarbeiten – unabhängig davon, ob sie in China, in Australien oder den USA angesiedelt sind. Dazu zählen Firmen, die sich mit der Fertigung von Flachbildschirmen beschäftigen, aber auch solche Unternehmen, die Produktionsanlagen bauen, die Komponenten für die Flachbildschirme zuliefern, Systemintegratoren und nicht zu vergessen diejenigen, die sich mit dem Test von Bildschirmen beschäftigen.

Der Test von Bildschirmen ist auch ein Schwerpunkt von Wammes. Über die Jahre hat das Unternehmen eine Vielzahl von Test- und Messgeräten angeschafft, die im Werk in Gundersheim stehen, und umfangreiches Know-how auf diesem Gebiet aufgebaut.

Sie sind ein unerlässliches Element in der Analyse der Fehlerursache von Flachbildschirmen. Dort können beispielsweise die spektralen Anteile des Lichts gemessen werden, Laufzeiten, die spektrale Verteilung und die energetische Verteilung. Eine große Rolle spielen auch die Acoustic Scanning Microscopes, die oft einen besseren Einblick in die Ursachen von Fehlern vermitteln, als optische Methoden dies erlauben. Und erst die Kombination aus beiden führt zu weiteren interessanten Entdeckungen, die sonst verborgen geblieben wären. Überhaupt ist Wammes ein Verfechter der zerstörungsfreien Tests: »Dann liegt der Prüfling im Original vor und kann mehrmals geprüft werden. Das funktioniert zwar nicht ausschließlich, aber es lohnt sich es auszuprobieren, denn in vielen Fällen geht es doch!«

Über den technischen Klub kann Wammes aber auch mit Partnern weltweit zusammenarbeiten und Equipment praktisch in allen Weltregionen zur Verfügung stellen. So bestehen etablierte Schnittstellen zu Unternehmen, die Maschinen für die Analyse herstellen, zu Laboren mit hohem Durchsatz und zu Großforschungsinstituten. »Wie wir im Einzelnen vorgehen, hängt von der jeweiligen konkreten Anfrage ab«, erläutert Wammes.

Doch wer nimmt die Dienste der »Troubleshooting«-Abteilung von Wammes in Anspruch? Es gebe zwei große Gruppen: erstens die Hersteller, die die Displays in Verkehr bringen, und zweitens die Anwender, deren Systeme im Feld Probleme machen.

Er hält es aus der Erfahrung vieler Jahre für eine gute Idee, wenn die Hersteller der Displays prüfen ließen, wie sich die Displays unter ihren jeweiligen Einsatzbedingungen in der Praxis verhalten werden und wo es zu Schwierigkeiten kommen könnte. »Der Spezialist auf diesem Gebiet weiß immer mehr – da können die Hersteller im Vorfeld viel Geld sparen!«, weiß Wammes. »Denn wenn erst einmal viele teure Flachbildschirme in hohen Stückzahlen weltweit verteilt sind, und es treten Ausfälle und Fehler auf – dann kostet die Behebung eine Menge Geld.«

Das habe sich in der Zwischenzeit durchaus herumgesprochen, auch wenn es noch lange nicht Routine geworden sei: »In Ausnahmefällen machen das die Kunden bereits, vor allem, wenn sie schon einmal auf die Nase gefallen sind. Doch gerade in letzter Zeit kommen deutlich mehr.« Aber es gebe eben auch solche, »die den Mut zur Lücke haben – es wird schon gut gehen!«

Das tut es in vielen Fällen allerdings nicht. Wammes nennt als Beispiel Flachbildschirme, die im Außenbereich an Liftanlagen in Skigebieten eingesetzt werden. Sie arbeiten zwar in einer kalten Umgebung, können sich aber dennoch stark erwärmen. Dann können Fehler auftreten, und die Suche geht los – nicht nur nach der Ursache der Fehler selbst, sondern auch: Wer ist schuld? Wer hat was versprochen? Und was ist noch zu retten?

»Einfach sind diese Fragen nicht zu beantworten, denn die Fehler lassen sich ja nicht immer eindeutig zuordnen«, erklärt Wammes. »Auf jeden Fall verursacht es einen erheblichen Aufwand.«

Analog dazu gelte das für viele Bereiche, in denen große Displays Einsatz finden, zum Beispiel auf Flughäfen oder in Bahnhöfen. »Das zeigt auch: Wir machen bei Weitem mehr als bloßes Troubleshooting, wir begeben uns wie Detektive auf Spurensuche!« Was die Sache für Wammes aber auch sehr interessant mache: »Obwohl wir schon viel gesehen haben, wir wissen morgens nicht, welche Überraschungen wir erleben werden, es gibt immer wieder Neues, langweilig wird es sicher nicht!«


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