Echtes Low Power in Mesh-Netzwerken

»Zehn Jahre Batterielebensdauer« – geht das?

12. Juni 2020, 14:47 Uhr | Nicole Wörner
Diesen Artikel anhören

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Aber wie erzielt man nun ultra-geringen Verbrauch in drahtloser Kommunikation?

Das Konzept der zeitplangemäßen Übertragungen ist für NeoMesh einzigartig. Es ermöglicht 100 Prozent batteriebetriebene Mesh-Netzwerke, in denen alle Knoten Full Functional Devices sind und trotzdem jahrelang mit Batterien betrieben werden können.
Das Konzept der zeitplangemäßen Übertragungen ist für NeoMesh einzigartig. Es ermöglicht 100 Prozent batteriebetriebene Mesh-Netzwerke, in denen alle Knoten Full Functional Devices sind und trotzdem jahrelang mit Batterien betrieben werden können.
© NeoCortec

Kommunikation ohne Kabel erfordert Funkwellen, die von einem Gerät erzeugt und übertragen und von einem anderen Gerät empfangen werden. Dieser Prozess erfordert elektrische Energie im Transmitter und auch im Empfänger. Ganz allgemein erfordert es mehr Energie, je länger der Kommunikationsweg ist. Lange Kommunikationswege lassen sich z.B. durch eine Erhöhung der Sendeleistung erzielen – diese ist oft durch behördliche Vorschriften beschränkt. Ebenso kann man die Kommunikationswege verlängern durch eine Erhöhung der Sensitivität des Empfängers. Mesh-Netzwerke können die Kommunikationsdistanz noch mehr verlängern, durch die Übertragung der Nutzlastdaten über eine Anzahl von Hops. Potentiell kann man so die Reichweite um viele Kilometer verlängern, oder Verbindungen ins Innere von Gebäuden oder sogar unterirdisch etablieren.

Ganz gleich wie man die Reichweite eines Systems erzielt, ist die Batterielebensdauer bestimmt von dem durchschnittlichen Stromverbrauch der Sender-Empfänger im Netzwerk. Der durchschnittliche Stromverbrauch besteht aus den Übertragungen von konkreten Nutzlastdaten sowie aus Housekeeping-Aktivitäten, die notwendig sind, um den Kommunikations-Link bereitzuhalten. Diese Nicht-Nutzlast-Aktivitäten unterscheiden sich wesentlich von Technologie zu Technologie und sind auch von der konkreten Anwendung abhängig.

Der Stromverbrauch zum Übertragen von Nutzlastdaten kann auch stark variieren abhängig davon, welche Technologie man wählt. LPWAN-Technologien zum Beispiel, die Kommunikations-Links von bis zu 10 Km anwenden, arbeiten mit sehr hohem Output Power und einem sehr sensitivem Empfänger. Die hohe Sensitivität wird durch eine Reduzierung der Sende-Geschwindigkeit in der Funkverbindung erreicht (Baud-Rate). Der Nachteil ist aber eine Verlängerung des Zeitraums für die Übertragung einer bestimmten Nutzdatenlast. Das ergibt dann einen höheren Stromverbrauch am Sender sowie am Empfänger.

Bei Mesh-Netzwerk Technologien sieht das anders aus. Sie sind dadurch charakterisiert, dass jeder Knoten im Netzwerk Strom verbraucht – nicht nur für sich selbst sondern auch in Auftrag von anderen Knoten im Netzwerk. Zum Teil ist das ineffizient und daher werden Mesh-Netzwerke üblicherweise nicht berücksichtigt, wenn es um ultra-niedrigen Stromverbrauch geht.
 
Kann ein Mesh-Netzwerk überhaupt ultra-niedrigen Stromverbrauch erzielen?

Wie erwähnt ist die Energie-Effizienz der einzelnen Knoten in einem Mesh-Netzwerk potenziell gering. Das liegt daran, dass ein Knoten, der im Auftrag von anderen Knoten Daten routet, Aufgaben löst, die nicht direkt verbunden sind mit seiner eigenen Anwendungsebene. In Legacy-Mesh-Netzwerken wie ZigBee, Zwave, Thread, Bluetooth Mesh und dergleichen wird dieses Problem bewältigt, indem man das Mesh-Netzwerk in einem „Mesh of Stars“ organisiert.

Jeder Sternpunkt wird Full Functionality Device (FFD) oder Konzentrator benannt, die dem FFD zugeordneten Knoten Reduced Functionality Devices (RFD) oder End-Knoten. Die RFDs können mit ultra-niedrigem Stromverbrauch auskommen, weil sie nur ihren Sender aktivieren, wenn ihre eigene Anwendungsebene Nutzlastdaten ausstrahlt. Die übrige Zeit verbringen sie im Schlafzustand mit sehr geringem Verbrauch. Weil die RFDs im asynchronen Modus arbeiten, müssen aber die FFDs ständig „mithören“, um zu sichern, dass alle Übertragungen empfangen werden. Der Stromverbrauch zum Empfangen ist in diesen Kurzstreckenradios oft fast genau so groß wie der Verbrauch zum Senden. Daher können die FFDs an sich nicht mit Batteriespannung auskommen und müssen oft an das Stromnetz angeschlossen werden. Außerdem, weil die RFDs nur aktiv sind, wenn ihre eigene Anwendungsebene aktiv ist, sind sie nicht im Stande, Nutzlastdaten zu routen. Daher sind sie nicht im eigentlichen Sinn Teil einer Mesh-Struktur.

Alles in Allem sind Legacy-Mesh-Netzwerke nicht im Stande, echten ultra-niedrigen Stromverbrauch für alle Teile des Netzwerks zu erzielen. Darüber hinaus haben sie keine Fähigkeiten zum Weiterleiten und leisten daher keinen Beitrag zur Mesh-Struktur. Mit anderen Worten: Ein bestimmtes Gebiet muss eine gewisse Dichte von FFDs haben, um Verbindungen zu bauen vom entferntesten Gerät bis zum Gateway. Das bedeutet, dass der Monteur im gesamten Umfang der Mesh-Netzwerk-Struktur Netzspannung etablieren muss. Damit disqualifizieren sich Legacy-Mesh-Netzwerke in vielen Anwendungsbereichen.
 


  1. »Zehn Jahre Batterielebensdauer« – geht das?
  2. Aber wie erzielt man nun ultra-geringen Verbrauch in drahtloser Kommunikation?
  3. Das NeoMesh-Konzept
  4. Ultra-geringer Stromverbrauch – Äpfel mit Birnen vergleichen

Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu elektroniknet

Weitere Artikel zu Sensoren & -systeme