Um ein Bauelement darauf zu prüfen, ob es neu und original, funktionsfähig, recycelt, refurbisht oder gefälscht ist, werden verschiedene Stufen durchlaufen. Sie sind für die jeweiligen Bauteile und Situationen unterschiedlich. Ein beispielhafter Prüfprozess kann so aussehen:
Die erste Stufe besteht darin, das Bauelement optisch mit bloßem Auge zu prüfen, also eine erweiterte Wareneingangskontrolle durchzuführen. Oft kann der erfahrene Analyst schon sehen, ob das Bauelement manipuliert wurde. Unter dem Stereo-Lichtmikroskop sind – in oder außerhalb der Verpackung – Unregelmäßigkeiten an der Oberfläche oder nachverzinnte Anschlüsse gut zu erkennen. Zudem werden die Bauelemente mit dem digitalen Messschieber vermessen. Schon hier werden Abweichungen in den Gehäuseabmessungen oder -geometrien offenbar, die eine Fälschung erkennen lassen.
In der zweiten Stufe erfolgt die Oberflächenanalyse. Im ersten Schritt wird ein spezielles Prüfstäbchen mit dem Lösungsmittel Aceton getränkt, um damit mehrfach über die Gehäuseoberfläche zu wischen. Zeigt sich hier eine Verfärbung, ist dies ein Verdachtsmoment. In diesem Fall ist aber noch nicht gesagt, dass wirklich eine Manipulation vorliegt. Denn beim Material, das am Wattebausch hängen bleibt, kann es sich auch um Rückstände vom Laserbeschriftungsprozess handeln. »Das sieht dann etwas anders aus als beim Blacktopping. Es ist also eine gewisse Erfahrung erforderlich, um den Unterschied zu erkennen«, sagt Robert Braun. Dann folgt der mechanische Kratztest mithilfe eines Skalpells, um festzustellen, ob es unter der Oberfläche Reste einer darunterliegenden Beschichtung gibt.
Um genauer zu prüfen, hat SafeLab den chemisch-thermischen Wischtest entwickelt, welcher aus der Kombination thermischer und physikalischer Prozesse besteht. Hierfür ist ein spezielles Lösungsmittel erforderlich. »Das mussten wir erst mal finden, dazu ist es recht teuer und darüber hinaus sind die Sicherheitsvorschriften für den Umgang mit der Chemikalie recht umfangreich«, erklärt Braun. Das zweite Element besteht darin, dass der Prozess bei einer hohen Temperatur zwischen 80 und 95 °C stattfindet. Letztendlich lassen sich auf diese Weise auch nachträglich aufgebrachte (und chemisch sehr widerstandsfähige) Epoxyschichten ablösen.
Für die Originalitätsprüfung am aussagekräftigsten ist die chemische Öffnung der Chips, sie erlaubt die Untersuchung des Bauteilinneren. Dazu kommen zwei aggressive Säuren zum Einsatz. Auch hier ist laut Braun viel Know-how gefragt. Je nach Bauteil-Typ werden die beiden Säuren in bestimmten Verhältnissen gemischt und die Ätzung bei verschiedenen Temperaturen über unterschiedliche Zeiträume durchgeführt. Liegt der Die frei, so lässt er sich unter dem Digitalmikroskop mit koaxialer Beleuchtung bei bis zu 2500-facher Vergrößerung auf seine Originalität prüfen. Dazu ist ein Referenzbauteil erforderlich. »Denn die Hersteller geben ja nicht bekannt, was auf den jeweiligen freigelegten Dies zu stehen hat«, so Maisch.
»Das beste technische Equipment alleine reicht aber nicht aus, vor allem solange es um die optische Prüfung geht«, erklärt Anna Maisch. Um Fälschungen erkennen zu können, kommt es sehr stark auf die Erfahrung an: »Wir sind nicht nur Techniker, sondern vor allem Detektive!«