Erkennung gefälschter Bauelemente

Technische Analyse plus eingehender Beratung

2. Februar 2024, 13:19 Uhr | Heinz Arnold
Blick auf einen Die bei 80-facher Vergrößerung, der über die chemische Öffnung des Gehäuses freigelegt wurde
© SafeLab

Seit dem Frühjahr 2023 prüft SafeLab Komponenten darauf, ob sie original oder gefälscht sind. »Die Idee dahinter: Wir bieten umfangreiche Services, die bisher in diesem Sektor kaum zu finden sind«, erklärt CEO Anna Maisch.

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Wer sichergehen will, dass die Bauelemente, die er eingekauft hat, nicht geschönt, gefälscht, unsachgemäß gelagert wurden oder sonst fehlerhaft sind, kann sie zu einem Testlabor schicken, um sie durchchecken zu lassen. Gerade für unabhängige Distributoren und EMS-Unternehmen ist dies ein probates Mittel, um nachweisen zu können, dass die eingekaufte Ware einwandfrei funktioniert. Gut also, dass es diese Dienstleistung gibt. Doch was erwarten die Kunden von einer derartigen Dienstleistung? Vor allem müsste die Prüfung schnell und sehr zuverlässig erfolgen. Außerdem sollte sie eindeutige und leicht zu verstehende Ergebnisse liefern. Denn gerade Auftraggeber, die sich in der Elektrotechnik nicht hinreichend auskennen, sollten die Frage eindeutig klären können: Ist das Teil in Ordnung? Darf ich es verwenden, ohne Ausfälle im Feld fürchten zu müssen?

Ein unabhängiger Distributor, der gerade seinen 30. Geburtstag feierte und diese Dienste seit Jahrzehnten in Anspruch nimmt, ist Intertec Components. Die Erfahrungen, die Intertec in all den Jahren mit den Testhäusern gesammelt hat, gingen jedoch in eine andere Richtung. Die Testhäuser in Asien und den USA erwiesen sich nicht immer als zuverlässig, was die Ergebnisse oder die Abwicklungsprozesse angeht. Dafür sind bei großen Testhäusern in Europa und in Deutschland zu Stoßzeiten Lieferzeiten von über acht Wochen keine Seltenheit. Das stellt Kunden, die dringend auf Ware warten, erneut vor Probleme.

Viele Testhäuser führen pflichtbewusst die beauftragten Prüfungen durch, jedoch ohne zu hinterfragen, ob eine Anpassung des Prüfumfangs sinnvoll wäre. Zwar schicken sie ein Ergebnis, das die einzelnen Analysen korrekt und detailliert darstellt, das Anwender ohne elektrotechnische Ausbildung aber oft ratlos zurücklässt. Denn eine eindeutige Handlungsanweisung geht daraus nicht hervor.

Maisch Anna
Anna Maisch, CEO von SafeLab: »Wir denken mit den Kunden mit und arbeiten nicht nur das nach Schema F ab, was sie vermeinen zu benötigen, und stellen mit ihnen einen sinnvollen und preisoptimierten Prüfungsprozess zusammen.«
© SafeLab

»Damit will ich gar nicht sagen, dass diese Testhäuser schlechte Arbeit leisten. Im Gegenteil, sie testen und analysieren auf hohem Niveau mithilfe der besten Maschinen und Prozesse, und sie liefern fundierte und detaillierte Ergebnisse. Nur müssen die Auftraggeber über Mitarbeiter verfügen, die sie interpretieren können. Die großen Testhäuser haben sich eben genau auf die technisch versierten Ansprechpartner spezialisiert. Aber wer im Einkauf oder Wareneingang arbeitet, kann damit nicht viel anfangen. Gleichzeitig müssen an diesen Stellen häufig Entscheidungen zu Bauteilen getroffen werden«, sagt Anna Maisch, die das neue Testlabor SafeLab leitet.

So entwickelte sich über die Jahre die Motivation, eine deutlich serviceorientiertere Dienstleistung anzubieten, und Intertec handelte: Ein eigenes Team wurde zusammengestellt, das klären sollte, ob der Test nicht besser im eigenen Haus mit Schwerpunkt auf die eigenen Belange durchgeführt werden könnte. Dieses Team kam dann zu dem Schluss, den Test nicht nur für den eigenen Bedarf durchzuführen, sondern auch als Dienstleistung auf dem Markt anzubieten. »Denn wir sind überzeugt, dass es mehr Kunden wie uns unter den freien Distributoren, OEMs und EMS-Firmen gibt, die sich mehr als nur technisch einwandfreie Tests wünschen. Nämlich einen ganzheitlichen Prüfprozess, der bei der Testauswahl anfängt und mit einer Handlungsempfehlung im Analysereport aufhört«, sagt Maisch.

Dann ging es schnell: SafeLab wurde gegründet, ein Schwesterunternehmen von Intertec, ein passendes Gebäude für den Firmensitz wurde im beschaulichen Städtchen Nandlstadt im Herzen der Hallertau gefunden und die für Test und Analyse erforderlichen Geräte wurden eingekauft und installiert. Im März 2023 ging SafeLab offiziell an den Start.

Braun Robert
Robert Braun, CTO von SafeLab: »Wir bieten nicht nur Originalitätsprüfungen an, sondern setzen modernste Analysetechnik ein, um unseren Kunden die bestmögliche Sicherheit zu geben, keine Bauteile zu beziehen oder zu verarbeiten, die gefälscht sind oder nicht exakt den Spezifikationen entsprechen.«
© SafeLab

Die Rolle des CTO übernahm Robert Braun, der bereits über langjährige Erfahrung in den Bereichen Mess- und Prüftechnik sowie Qualitätssicherung verfügt. Er ist also mit der Problematik bestens vertraut: »Wir bieten nicht nur Originalitätsprüfungen an, sondern setzen modernste Analysetechnik ein, um unseren Kunden die bestmögliche Sicherheit zu geben, keine Bauteile zu beziehen oder zu verarbeiten, die gefälscht sind oder nicht exakt den Spezifikationen entsprechen.«

Dazu gibt Robert Braun ein Beispiel: Es kommt vor, dass MLCCs anfangs als vollkommen in Ordnung bewertet werden. Dann stellt sich heraus, dass sie nach einiger Zeit im Feld ausfallen. »Gefälschte MLCCs sind meist von minderer Qualität, das begrenzt ihre Lebensdauer. Es sind einige unserer Dienstleister oft daran gescheitert, das zu erkennen.« Denn die optische Prüfung bestehen sie, die elektrischen Messungen zeigen oft ebenfalls nichts Auffälliges. »Wenn wir aber ein Schliffbild machen, dann wird der abweichende technische Aufbau sichtbar«, so Braun.

Vor allem will sich SafeLab über den Service von anderen Testhäusern unterscheiden, wie Anna Maisch erklärt: »Oft sind die Einkäufer, die sich an uns wenden, keine Techniker. Und selbst die sind nicht immer mit den Methoden der Originalitätsprüfung vertraut. Wir denken deshalb mit den Kunden mit und beraten sie fallabhängig. Wir zeigen ihnen, was überflüssig und was wirklich notwendig für sie ist und stellen mit ihnen einen sinnvollen und preisoptimierten Prüfungsprozess zusammen.« Und was ganz wichtig sei: Am Ende kommt ein eindeutiges, dokumentiertes Ergebnis heraus: Test bestanden oder Test nicht bestanden, grün oder rot. »Wir bieten ein Full-Service-Programm. Jeder Sachbearbeiter soll das in Auftrag geben können«, so Maisch.

Was noch hinzukommt: Die Prüfmethoden sollten auf das jeweilige Bauelement und die Ausgangssituation abgestimmt werden. In dieser Hinsicht fühlte sich Intertec meist alleine gelassen. Das will SafeLab anders machen. »Wir beraten den Kunden allumfassend«, sagt Anna Maisch. »Wenn ein einfacher Transistor ohne einen Die zur Originalitätsprüfung angefragt wird, dann macht eine chemische Bauteilöffnung keinen Sinn, obwohl diese Methode in vielen anderen Fällen das Mittel der Wahl ist. Mit diesem Vorgehen ersparen wir dem Kunden nicht nur unnötige Tests, sondern auch unnötige Kosten. Bringt etwa schon der chemische Wischtest Auffälligkeiten zutage, wurde das Bauteil also manipuliert, dann fragen wir den Kunden, ob wir überhaupt noch weitere Tests durchführen sollen.« Denn das für ihn entscheidende Ergebnis steht nach dem Wischtest schon fest: Das Bauelement darf nicht in die Produktion gelangen. Wenn der Kunde dennoch einen vollständigen Bericht erhalten möchte, durchläuft das Bauelement auch die übrigen Tests und Analysen.

SafeLab
Hier sind links oben die Kennzeichnungen zu sehen, die der Hersteller in das Substrat eingeätzt hat. So lässt sich die Echtheit des Die feststellen.
© SafeLab

Doch kommt SafeLab als neu etabliertes Testhaus nicht zu einem etwas ungünstigen Zeitpunkt auf den Markt? Denn der Höhepunkt einer der schlimmsten Knappheiten, die die Elektronikindustrie erlebt hatte, ist vorüber. Viele Kunden können ihre Bauelemente wieder aus sicheren Quellen beziehen und die Hochzeit für die Fälschungen gehört damit ebenfalls aktuell der Vergangenheit an. Der Bedarf, die Komponenten auf Originalität zu testen und Fälschungen zu erkennen, dürfte also ebenfalls sinken.

Dem stimmt Anna Maisch zwar grundsätzlich zu, doch gebe es weiterhin einen großen Bedarf, die Tests durchzuführen. Denn gute Gründe dafür, die Komponenten am freien Markt zu kaufen, gebe es durchgehend, unabhängig von der gerade herrschenden Versorgungssituation.

Wichtig sei auch, scheinbar sichere Quellen mit Vorsicht zu betrachten. »Auch bei Produkten, die oberflächlich unverdächtig aussehen, etwa weil vermeintlich originalverpackt, verzeichnen wir eine relativ hohe Trefferquote. Es lohnt sich immer zu prüfen«, so Maisch. »Über die Hälfte der Komponenten, die wir testen, weisen Mängel bzw. Auffälligkeiten auf oder sind gefälscht.« Gängige Fälscherpraxis ist, dass bereits benutzte Bauteile von alten Leiterplatten ausgebaut und wieder aufbereitet werden. Andere werden nur »verjüngt«: Ist der Date-Code älter als zwei Jahre, wird er wegradiert und ein neuer kommt drauf. In beiden Fällen werden diese Bauteile dann als neue Originalware verkauft. Üblich ist auch, dass sich jemand beim Hersteller Zugang zu Ausschussware verschafft und sie als neue, reguläre Ware auf den Markt bringt.«

Worauf ebenfalls zu achten ist: Häufiger als gedacht kommt es laut Robert Braun vor, dass es sich beim vom Kunden mitgelieferten Referenz-Bauteil um eine Fälschung handelt. Um zu vermeiden, dass Fake- mit Fake-Produkten verglichen werden, testet und analysiert SafeLab auch die Referenzbauteile – und hat nicht wenige aus dem Verkehr gezogen.

Um all das tun zu können, sind geeignete Geräte unerlässlich. Im neu eingerichteten Labor von SafeLab sind alle vorhanden, die dazu erforderlich sind. Besonders stolz ist Robert Braun auf das Digitalmikroskop, das eine 2500-fache Vergrößerung bei sehr guter Qualität erreicht. Damit sind selbst feinste Details auf dem Die sehr gut zu erkennen. So lassen sich sowohl Fehler in der Schaltung als auch die Herkunft der ICs zweifelsfrei nachweisen.

Um die Chips (die sogenannten Dies), die sich im Gehäuse befinden, freizulegen und sie unter dem Mikroskop inspizieren zu können, ist die chemische Bauteilöffnung erforderlich. Auch dazu ist das Labor mit allen erforderlichen Geräten und Chemikalien ausgerüstet.

Werden die Bauelemente zwischengelagert, so müssen sie getrocknet werden, um die Feuchtigkeit zu entfernen. Das geschieht unter extrem geringer Luftfeuchtigkeit und niedriger thermischer Belastung von höchstens 40 °C. »Diese schonende Behandlung sorgt dafür, dass sich in den Bauelementen keine Feuchtigkeit ansammelt. Sie würde sich sonst bei der Verarbeitung unter hohen Temperaturen ausdehnen und es entstünde der gefürchtete Popcorn-Effekt.«

Solange die Bauelemente nicht zerstörend geprüft wurden, bekommt der Kunde sie im Gurt zurück, »auch dies ist eine Differenzierung. Bei uns gehört die professionelle Rückführung der Prüflinge ebenfalls zum Service-Umfang«, so Braun.


  1. Technische Analyse plus eingehender Beratung
  2. So werden Bauelemente geprüft

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