Auf Funktion und Originalität prüfen

Gefälschte Quarzoszillatoren sicher erkennen

19. Mai 2025, 8:00 Uhr | Von Robert Braun, Chief Technical Officer, SafeLab
Blick in das Innere eines originalen und eines gefälschten Oszillators: Links das Plagiat, rechts das Originalbauteil. Die Quarzschwinger wurden entfernt, damit der Die inspiziert werden kann. Es handelt sich um komplett unterschiedliche Konstruktionen.
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Quarzoszillatoren sind aufgrund der breiten Angebotspalette relativ leicht zu fälschende Bauteile. Die Originalitäts- und Funktionsprüfung richtig durchführen zu können, ist gerade für Quarzoszillatoren schwierig. Helfen können dabei entsprechend ausgestattete und qualifizierte Testhäuser.

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Die hauptsächlich ab dem Jahr 2020 eingetretene Phase einer ausgeprägten Bauteile-Allokation ist mittlerweile einer in vielen Bereichen stark reduzierten Nachfrage an elektronischen Bauteilen gewichen. Wurden noch vor einiger Zeit horrende Preise für dringend benötigte Bauteile bezahlt, ist heute eher das Gegenteil der Fall. Kunden sehen sich oft in der komfortablen Lage, von ihren Lieferanten hohe Rabatte einzufordern, da deren Geschäfte ohnehin eher schleppend laufen.

Diese Situation ruft allerdings wieder vermehrt organisierte Bauteilfälscher auf den Plan. Nutzten sie damals noch die schwere Beschaffbarkeit von Komponenten in der Allokationsphase aus, indem sie oftmals mit Plagiaten oder Ausschussware gegen teures Geld »aushalfen«, so tun sie heute das Gleiche; nur eben jetzt zum besonders günstigen Kurs.

Drei Prozent sind nicht original

Bei solchen Sonderangeboten oder ansonsten obsoleten Bauteilen ist allerdings Vorsicht geboten. In Expertenkreisen wird davon ausgegangen, dass inzwischen bis zu drei Prozent der am Markt gehandelten Halbleiter keine Originalbauteile sind. Das ist heikel, da elektronische Baugruppen und Geräte schließlich stets aus einer Vielzahl an Einzelkomponenten bestehen. Deshalb ist anzunehmen, dass weltweit zwischen sieben und fünfzehn Prozent aller elektrischen Geräte mindestens ein gefälschtes Bauteil enthalten.

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So sieht der Die des Originalbauteils aus ...
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Je nach »Qualität« der Fälschungen hat man als Distributor oder Verarbeiter mal mehr und mal minder gute Chancen, nicht originale Bauteile selbst identifizieren zu können. In aller Regel enden die eigenen Möglichkeiten bei der gründlichen optischen Inspektion im Wareneingang. Klassische Halbleiter im Kunststoffgehäuse können zusätzlich noch mit einem Wischtest auf (zumindest schlicht gemachtes) Resurfacing oder Remarking überprüft werden. Das ist allerdings in Fälscherkreisen mittlerweile hinlänglich bekannt, sodass man diesen einfachen Testmethoden meist schon im Vorfeld entsprechend begegnet.

Ausschuss satt Originalware ist besonders tückisch

Und dann gibt es ja noch die Alternative, dass es sich bei den eingekauften Bauteilen zwar um neue Originalware handelt, die jedoch Herstellerausschuss ist und auf krummen Wegen den Weg auf den Markt fand. In diesem Fall kann man sogar noch von Glück reden, wenn die Teile regelrecht defekt sind und schon beim Funktionstest der fertigen Baugruppe ausfallen. Passiert das aufgrund von Fehlern im Herstellungsprozess aber erst später oder weisen die Bauteile Einschränkungen in Form von Toleranzüberschreitungen, Performance-Mängeln oder im Temperaturverhalten auf, ist der wirtschaftliche Schaden – je nach verarbeiteter Menge – oft immens.

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… und so der Die des Plagiats.
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Quarzoszillatoren – für Fälscher genau richtig

Für Quarzoszillatoren gibt es mittlerweile relativ viele Hersteller. Neben den bekannten Größen existieren etliche kleinere Fertigungsbetriebe, die zumeist auch kundenspezifisch produzieren. Einen Quarzoszillator herzustellen – oder eben nachzubauen – ist technisch betrachtet einfacher, als beispielsweise ein funktionierendes Plagiat eines komplexen Mikroprozessors herzustellen. Das macht man sich leider in steigendem Maße zunutze, wodurch sich mittlerweile auch in diesem Produktbereich ein florierender Markt für gefälschte Ware etabliert hat.

In die Hände spielt den Fälschern auch der technische Aufbau von Quarzoszillatoren: Der Quarzschwinger selbst benötigt nämlich ein hermetisch dichtes Gehäuse. Im Gegensatz zu den meisten Halbleiterbauteilen bestehen die Gehäuse von Quarzoszillatoren deshalb entweder komplett aus Metall oder aus einer Keramik-Metall-Kombination. Ein klassisches Decapping, also die chemische Bauteilöffnung zur mikroskopischen Inspektion des Dies, ist deshalb nicht möglich.

Eine Originalitätsprüfung im Vergleich zu einem Referenzmuster aus sicherer Quelle wird damit schwierig. Röntgen kann eine Lösung sein, aber eine gut gemachte Fälschung ist damit nicht immer zu erkennen, wenn die Geometrien und Größen der internen Komponenten exakt genug kopiert wurden. Außerdem lässt sich so nicht feststellen, ob das Bauteil überhaupt funktioniert, es der bestellten Frequenz entspricht und die elektrischen Werte die Spezifikationen gemäß Datenblatt erfüllen.

Das sind die Maßnahmen, mit deren Hilfe die Anwender die Oszillatoren auf Originalität und korrekte Funktion sicher überprüfen können:

Genaue Wareneingangskontrolle

Achten Sie auf verdächtige Details, beispielsweise unkenntlich gemachte Lotcodes auf der Umverpackung. Entsprechen Herstellerlogo und Schriftart exakt dem Original? Befindet sich die Ware in originalversiegelten Verpackungseinheiten? Kratz- oder Schleifspuren am Gehäuse sowie verbogene Pins können ein Hinweis auf umverpackte oder wiederaufgearbeitete Ware sein.

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Messung der Frequenz mit Frequenzzähler (oben) und Funktionsgenerator
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Optische Inspektion

Unter dem Lichtmikroskop lassen sich Auffälligkeiten wie neuverzinnte Pins oder Lötpads erkennen. Ebenso kann die Bauteilbeschriftung inspiziert werden. Auch hier ist auf die korrekte Schriftart und ein präzise abgebildetes Herstellerlogo zu achten. Fast alle Hersteller legen darauf speziellen Wert, Abweichungen sind somit immer ein Verdachtsmoment. Das gilt umso mehr, wenn beispielsweise das Referenzmuster bedruckt ist, die Ware aber per Laser beschriftet wurde (und umgekehrt natürlich).

Abmessungen verifizieren

Vergleichen Sie die mechanischen Abmessungen mittels digitalen Messschiebers oder Messmikroskops genau mit den Angaben im Datenblatt. Fälschungen weisen oftmals kleinere Toleranzüberschreitungen nach oben oder unten auf. An Keramikgehäusen finden sich häufig seitliche Einbuchtungen, deren Anzahl, Position und Form müssen exakt der Maßzeichnung entsprechen. Selbst geringfügige Toleranzüberschreitungen sind stets ein ernst zu nehmendes Warnsignal.

Elektrische Funktionsprüfung

Quarzoszillatoren haben nur sehr geringe Frequenzabweichungen im Bereich von einigen ppm. Am Beispiel eines Oszillators mit der Nominalfrequenz von 16 MHz und einer Toleranz von +/- 50 ppm beträgt die zulässige Ausgangsfrequenz somit 15,999200 bis 16,000800 MHz. Hier wird schon anhand der Nachkommastellen schnell klar, dass eine Überprüfung mit der oft in Funktionsgeneratoren integrierten Frequenzzähler-Funktion kaum möglich ist. Dasselbe gilt noch viel mehr für eine Messung mit dem Digitaloszilloskop, dessen Messfunktion meist im Megahertzbereich nur zweistellig hinter dem Komma auflöst.

Geprüft werden kann hiermit lediglich grob, ob überhaupt die bestellte Version geliefert wurde, da zumindest Standardtypen ein gewisses Frequenzraster haben. Für eine aussagekräftige Messung benötigen Sie aber in jedem Fall einen speziellen Frequenzzähler mit ausreichend hoher Genauigkeit und Auflösung.

Sinnvoll ist zudem die Überprüfung weiterer elektrischer Parameter: Entspricht die Stromaufnahme der Spezifikation? Funktioniert das Bauteil zuverlässig innerhalb des spezifizierten Spannungsbereichs? Vergleichen Sie am Oszilloskop Signalform und Amplitude der Prüflinge mit denen des Referenzmusters und achten Sie auf Unterschiede.

Mechanische Bauteilöffnung und Mikroskopie

Ein guter Nachbau kann (zumindest im Neuzustand …) durchaus die elektrischen Spezifikationen erfüllen. Wie lange das aber so bleibt und ob auch andere Werte passen, die sich nicht so ohne weiteres mit bezahlbarem Aufwand überprüfen lassen, ist wieder eine ganz andere Frage.

Braun Robert
Robert Braun, Chief Technical Officer, SafeLab
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Eine seriöse und belastbare Originalitäts- und Funktionsprüfung sollte deshalb immer beide Komponenten umfassen. Präziser als eine Röntgeninspektion ist die Bauteilöffnung. Dabei sind auch Farbunterschiede erkennbar, ebenso wie Herstellerlogos und Beschriftungen auf dem Die. Damit ist auf jeden Fall ausgeschlossen, dass Fälschungen übersehen werden, auch wenn sie sehr gut gemacht sind. Allerdings erfordert dies aufgrund der zunehmenden Miniaturisierung von Bauteilen spezielle Tools und ein entsprechend leistungsfähiges Digitalmikroskop.


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