Infineon im Markt&Technik-Interview

»Wir verbinden Sensorik, ‚Gehirn‘ und Aktuatorik«

6. April 2016, 11:18 Uhr | Nicole Wörner
Diesen Artikel anhören

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Technologische Trends, Product Roadmap, Ziele

Welche weiteren technologischen Trends sehen Sie speziell im Automobilbereich kommen?

Zunehmende Wichtigkeit erlangt das Thema Funktionale Sicherheit - und in diesem Zusammenhang auch die redundante Sensorik. Sie ist die Grundlage für autonomes Fahren. Es muss nämlich im Fahrbetrieb zu jedem Zeitpunkt sichergestellt sein, dass sicherheitskritische Systeme wie Bremse oder Lenkung uneingeschränkt verfügbar sind.

Wie adressiert Infineon diese Anforderungen?

Nun, wir bieten bereits seit Längerem redundante Sensorsysteme an, wollen unser Portfolio dahingehend aber weiter ausbauen. Wir sehen im Begriff "Fail Operational" die maßgebliche Anforderung an unsere Systeme. Speziell darauf zugeschnitten ist beispielsweise unser Winkelsensor TLE5309D. Das "D" steht für Dual-Die. Zwei Sensoren, die sich gegenseitig überwachen, sind in einem Gehäuse integriert, dessen Abmessungen mit nur 4 x 5 x 1,2 mm (Höhe inklusive Abstandshalter) denen eines Einzelsensors entspricht. Wir können sogar verschiedene Sensierungstechnologien kombinieren: In diesem Fall AMR und GMR. Diese so genannte divers redundante Sensierung bietet nochmals ein höheres Maß an Funktionaler Sicherheit. Technologisch ist das nicht ganz einfach. Aber wir können das, weil wir großes Know-how in beiden Bereichen haben und auch die fertigungstechnische Kompetenz mitbringen.

Sehen Sie generell einen Trend hin zu Dual-Die-Aufbauten?

In Anwendungen der Magnetsensorik und dort in Systemen, die hochverfügbar sein müssen, ja.

Sicherheitskritische Anwendungen gibt es ja auch in der Industrie und der Luft- und Raumfahrt. Welches Potential sehen Sie dort für Infineons Dual-Die-Magnetsensoren?

Beide Märkte sind sicherlich interessant. Allerdings ist der Luft- und Raumfahrt-Markt nicht so groß, wie man vermuten möchte. Das Industriesegment bietet mehr Potential, etwa wenn sichergestellt sein muss, dass ein Roboter keine falschen Bewegungen macht und dabei den Anwender verletzt. Heute liegt unser Fokus noch eher im Automobilbereich.

Wie sieht Ihre Product Roadmap für das laufende Jahr aus?

2016 werden wir eine neue Generation an ABS-Sensoren auf GMR-Basis in den Markt bringen. Das werden hochsensible Sensoren sein, die noch präziser messen und noch schneller reagieren. Wir sehen klaren Bedarf nach einem solchen Sensor, denn ABS ist heute viel mehr als nur eine Unterstützung beim Bremsen aus hohen Geschwindigkeiten. Hinzu kommen neue Funktionen wie etwa ein Hill Holder, also eine Berganfahrhilfe bzw. Rückrollsperre, für die der Sensor innerhalb kürzester Zeit auch bei geringen Geschwindigkeiten die Drehrichtung eines Rades erkennen muss. Es hilft ja nicht, dass er diese erst registriert, wenn das Fahrzeug bereits fünf Meter zurück gerollt und auf ein anderes Auto aufgefahren ist.

Im vergangenen Jahr hatten wir bereits einen Low Cost Linear Hall Switch für den Consumer-Markt herausgebracht. Für 2016 sind nun 5-Volt-Hall-Switches geplant, die sowohl im Automobil- als auch im Industrie-Segment Einsatz finden. Hier liegt meines Erachtens ein großer Trend für die Zukunft: Produkte werden nicht mehr nur für einen, sondern für unterschiedliche Märkte passen. So halten etwa Hall Switches und Winkelsensoren immer häufiger Einzug in unterschiedlichste Motoranwendungen. Speziell für den Automobilmarkt hatten wir beispielsweise einen Winkelsensor entwickelt, der sich mittlerweile auch in einem selbststabilisierenden Selfie-Stick wiederfindet. In dem Stick sind drei winzige Motoren integriert, jeder mit einem eigenen Winkelsensor. Ich denke, wir werden es in Zukunft immer häufiger sehen, dass Produkte durch relativ einfache Anpassung in völlig unterschiedlichen Märkten und Applikationen eingesetzt werden.

Eine weitere Neuheit in diesem Jahr ist der GMR-Winkelsensor TLE5014 für die Lenkwinkel-Detektierung. Mit dem Trend zum selbstständigen Lenken der Autos - vom Einparken bis hin zum komplett autonomen Fahren - muss sichergestellt sein, dass der Lenkvorgang zu 100 Prozent sicher klappt. Insofern haben wir den neuen Sensor unter allen Aspekten von Functional Safety entwickelt.

Welche Ziele setzen Sie sich im Bereich der Automotive-Sensorik?

Wir wollen auch in den kommenden Jahren doppelt so schnell wachsen wie der Markt für Sensoren im Auto.

Und die Marktposition?

Im Bereich Automotive-Halbleiter ist Infineon weltweit die Nummer 2 mit 10,5 % Marktanteil (Anmerkung: laut Marktforschungsunternehmen Strategy Analytics, Report vom April 2015). Bei den Automotive-Sensoren ist Bosch die klare Nummer 1, Infineon die Nummer 2. Diese Position wollen wir festigen und ausbauen.


  1. »Wir verbinden Sensorik, ‚Gehirn‘ und Aktuatorik«
  2. Technologische Trends, Product Roadmap, Ziele

Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Infineon Technologies AG

Weitere Artikel zu Sensoren & -systeme

Weitere Artikel zu Leistungshalbleiter-ICs

Weitere Artikel zu Mikrocontroller