Die Digitalisierung verändert die Messtechnik: Software-Tools ermöglichen es, selbst komplexeste Testabläufe zu automatisieren, Messdaten präzise auszuwerten und Ergebnisse professionell zu dokumentieren. Wir stellen Ihnen vier praxisgerechte digitale Helfer für Entwicklungsingenieure vor.
Von Markus Kohler, Datatec
Elektronikentwickler und Testingenieure müssen ihre Produkte zeit- und kosteneffizient prüfen und Entscheidungen treffen, die die Produktqualität optimieren. Um den wechselnden Anforderungen in einem schnelllebigen Markt gerecht zu werden und die Testleistung zu verbessern, setzen sie auf leistungsstarke Mess- und Prüftechnik. Doch es geht hierbei nicht etwa nur um die Messtechnik-Hardware. Vielmehr gibt es ausgereifte Software-Tools, mit denen sich Testprozesse ganz oder zumindest teilweise automatisieren lassen. Solche Tools unterstützen beispielsweise die professionelle Messdatenerfassung, Datenanalyse, die Ausführung von Testabläufen oder die Berichterstellung. Dadurch steigt zum einen der Testdurchsatz, weil bei den Messungen und der Datenverarbeitung viel Zeit gespart wird. Zum anderen sind automatisierte Prozesse oft präziser und konsistenter als manuelle Abläufe.
Wir stellen Ihnen heute vier Software-Tools verschiedener Hersteller vor – alle im Vertrieb von Datatec:
Werfen wir einen genaueren Blick auf die einzelnen Tools.
Die Verbindung eines Messgerätes mit einem PC oder Netzwerk erfordert in der Regel eine dedizierte Anwendungssoftware, um beispielsweise die Testparameter zu konfigurieren, Messwerte aufzunehmen und zu visualisieren oder Berichte zu erstellen. Sind zwei oder mehr Geräte im Einsatz, rückt die Frage nach einer zentralen, gegebenenfalls auch ortsübergreifenden Hardware-Steuerung in den Fokus. Dies beinhaltet die Datenanalyse ebenso wie die Grafikerstellung oder Berichtverteilung. Besonders komfortabel ist es, wenn die Geräte herstellerunabhängig in einen Testprozess eingebunden und mit nur einem einzigen Tool verwaltet werden können.
Die Auswertung der Messdaten ist in diesem Zusammenhang nicht nur ein Aspekt der Datenmenge und des Analyseverfahrens, sondern betrifft auch den zeitaufwändigen Import aus verschiedenen Datenquellen sowie das Handling unterschiedlicher Dateiformate. Die anschließende Datenanalyse soll natürlich fehlerfrei sein und schnell zu entscheidungsrelevanten Erkenntnissen führen. Eine professionelle Analyse-Software bietet effiziente Werkzeuge, die sowohl grundlegende Statistiken als auch fortgeschrittene Auswerteverfahren unterstützen. Sie eignet sich besonders, wenn große Datenbestände zentral verarbeitet werden sollen. Dies umfasst sämtliche Arbeitsschritte – vom Datenimport bis zur Präsentation der Ergebnisse. Hier setzt LabVIEW+ von NI an.
Mit zunehmender Testkomplexität steigt in der Regel die Zahl der verwendeten Software-Tools, um sämtliche Arbeitsschritte von der Gerätekonfiguration bis hin zur Skalierung automatisierter Testsysteme zu unterstützen. NI bietet mit der LabVIEW+ Suite ein Software-Paket, das für die Optimierung von Testanwendungen in der Entwicklung, Validierung und Produktion konzipiert ist und das den gesamten Test-Workflow abbildet. Die LabVIEW+ Suite kommt branchenübergreifend für die herstellerunabhängige Integration von Messgeräten zum Einsatz. Anwender können damit große Datenmengen analysieren, Protokolle erstellen und austauschen sowie automatisierte Prüfabläufe für Validierungs- und Produktionstests erstellen, die sie von überall steuern und überwachen können.
LabVIEW+ ist ein Bundle aus verschiedenen Software-Einzelanwendungen von NI, unter anderem TestStand, DIAdem, FlexLogger, InstrumentStudio und LabVIEW. Mit diesen Mess- und Analysetools lassen sich automatisierte Testsysteme erstellen, und durch den verbesserten Workflow verkürzt sich die Entwicklungszeit.
Jede Software-Komponente der LabVIEW+ Suite bringt dedizierte Funktionen mit, die verschiedene Testabläufe beschleunigen und standardisieren:
Das Bundle lohnt sich im Allgemeinen für Anwender, die neben LabVIEW Professional mindestens eine weitere NI-Software nutzen wollen. Für die einfache Messdaten-Erfassung genügen Einzelanwendungen wie FlexLogger oder LabVIEW.
Bei komplexen Messaufgaben fallen oft große Datenmengen aus verschiedenen Quellen an. Um daraus aussagekräftige Ergebnisse abzuleiten, sind effiziente Analyseverfahren erforderlich. Oft müssen die Informationen zudem für bereichsübergreifende Entscheider aufbereitet werden. Die software-basierte Auswertung von Messwerten reduziert den Analyseaufwand erheblich und unterstützt einen fehlerfreien Prozess. Hier setzt die Messdatensoftware FlexPro von Weisang an. Sie wurde entwickelt, um Messwerte zu visualisieren, Daten zu organisieren und detailreiche Analysen durchzuführen. Sie unterstützt die Auswertung und Präsentation der Messdaten, von der einfachen Statistik bis hin zur komplexen Analyse. FlexPro ist ideal, wenn große Datenbestände aus verschiedenen Quellen zentral verarbeitet werden sollen.
Mit FlexPro lassen sich Daten in allen gängigen Dateiformaten nahtlos von unterschiedlichen Messgeräten importieren und weiterverarbeiten. Eine Vorschaugrafik der Messdateien liefert ohne Berechnungsaufwand einen Überblick über den Verlauf der Messung und macht Trends oder Muster direkt sichtbar. Der optionale Daten-Explorer indiziert Messdatenarchive auf dem Betriebsserver, sodass der Anwender gezielt nach Datensätzen mit bestimmten Parametern oder Attributen suchen kann.
FlexPro bietet zudem einen Diagrammassistenten mit einer großen Auswahl an vorprogrammierten Diagrammtypen. Komfortable Berechnungsfunktionen mit vordefinierten Analysen, z. B. die Fourier-Transformation, reduzieren den Aufwand für die Datenauswertung auf ein Minimum. Die Software unterstützt auch benutzerdefinierte Berechnungsformeln, und die integrierte Bibliothek bietet zahlreiche Präsentationsvorlagen sowie individuelle Gestaltungsmöglichkeiten.
Mit FlexPro lassen sich Analysen auf weitere Messungen übertragen, ohne die einzelnen Operationsschritte für jeden Datensatz wiederholen zu müssen. Die automatische Ausführung des Testablaufs kann ohne Kenntnisse einer Skriptsprache erfolgen. Alle erzeugten Analyseobjekte sind miteinander verknüpft und bilden ein dynamisches Netzwerk, das sich auf beliebig viele importierte Messdateien erweitern lässt. Erstellte Diagramme werden mit Bezug zum jeweiligen Datensatz direkt aktualisiert.
Damit die Inspektion von Gebäuden und Anlagen zu entscheidungsrelevanten Informationen führen kann, ist zunächst die Auswertung zahlreicher Bild- und Videoaufnahmen sowie eine professionelle Dokumentation der Inspektionsergebnisse erforderlich. Darauf spezialisiert ist die Analyse- und Bericht-Software Thermal Studio von Flir. Sie bietet praxisgerechte Messfunktionen und Bearbeitungstools für die Auswertung von Inspektionsdaten, die mit einer Wärmebild- oder Industrieschall-Kamera erfasst wurden. Sie sammelt historische Daten und ermöglicht so eine lückenlose, reproduzierbare Zustandskontrolle von Anlagen und Gebäuden. Spezielle Bildmodi – wie etwa der Fusionsmodus zur Überlagerung des Wärmebilds und dem Echtbild- oder der Panoramamodus für ein erweitertes Sichtfeld – unterstützen die Lokalisierung thermischer Anomalien auch in unübersichtlichen Anlagenstrukturen und größeren Gebäuden. Der Live-Modus ermöglicht die Bildbearbeitung während eines Live-Streams. Für die Flir-Akustikkamera Si2 ist zudem ein Plug-in verfügbar, um akustische Bilder in die Berichterstellung mit Thermal Studio einbinden zu können. Die Berichtvorlage für Teilentladungen bietet eine Schweregrad-Skala, eine Fehlerbeschreibung sowie Lösungsvorschläge zur Fehlerbehebung.
Optional bietet Flir den Flir Route Creator an, ein Plug-in für die Inspektionsplanung mit Thermal Studio Pro, um die Prüfabläufe durch eine logische Routenplanung zu optimieren. Die Übersicht über alle Prüfkomponenten kann als Checkliste ausgedruckt oder direkt auf die Flir-Wärmebildkamera geladen werden (Option Inspection Route). Beim Importieren von Bildern aus dem Route Creator werden diese automatisch mit der Inspektionsliste abgeglichen. Der Prüfablauf wird aufgezeichnet, und anhand früherer Referenzaufnahmen lassen sich die Kameraeinstellungen für Folgeaufträge übernehmen. Somit können Anwender auch eine ihnen unbekannte Anlage überprüfen und ihre Inspektion wiederholbar gestalten.
Bei der Instandhaltung von Anlagen und Geräten kann eine kompetenzübergreifende Teamarbeit zur schnelleren Problemlösung beitragen. Je nach Größe des Teams, Vielfalt der Einsatzorte oder Anzahl der verwendeten Messgeräte kann eine effiziente Software-Anwendung die Analyse der Messdaten beschleunigen. Mit der cloudbasierten Lösung Fluke Connect lassen sich Messwerte und Bilder von kompatiblen Fluke-Geräten in Echtzeit auf ein Smartphone, Tablet oder den PC übertragen. Techniker und Manager können gleichzeitig auf alle relevanten Informationen zugreifen.
Das Fluke-Connect-System ist eine Kombination aus Software und Hardware, die Instandhaltungstechnikern dabei hilft, Messdaten in einer Online-Datenbank zu organisieren. Die Daten können ortsunabhängig und in Echtzeit überwacht werden, sodass man einen Überblick über den Zustand der Betriebsausrüstung erhält – einschließlich einer lückenlosen Verlaufskontrolle über vergangene Inspektionen.
Aus den übertragenen Analysedaten lassen sich in wenigen Schritten benutzerdefinierte Berichte anfertigen und weiterleiten.
Fluke Connect sammelt die Messwerte und Bilder von kompatiblen Wärmebildkameras, Digitalmultimetern, Strom-/Spannungs- und Temperatur-Messgeräten sowie Prozesskalibratoren. Der Vergleich zwischen aktuellen und historischen Daten zeigt Trends auf und liefert Hinweise auf mögliche Geräteausfälle. Instandhaltungsmaßnahmen lassen sich so am realen Zustand der Anlage ausrichten und im Sinne der vorbeugenden Wartung zielgerichteter und kosteneffizienter gestalten.
Fluke Connect arbeitet online auf externen Servern und wird automatisch aktualisiert, sodass kein IT-Support erforderlich ist. Unternehmen müssen jedoch darauf achten, dass die Datenschutzbestimmungen eingehalten und alle Benutzerrechte sorgfältig verwaltet werden. Alternativ kann Fluke Connect auch als Client-Anwendung auf einem PC installiert werden. Die Datenspeicherung erfolgt verschlüsselt über ein mehrstufiges Sicherheitssystem. In der Cloud lassen sich nicht nur Messdaten speichern, sondern auch erweiterte Geräteinformationen wie digitale Bedienungsanleitungen oder Anwendungsberichte. Damit wird Fluke Connect zu einer mobilen Wissensdatenbank.
Mit der erweiterten Software-Version Fluke Connect Assets ist zusätzlich die Organisation der Prüfkomponenten möglich (Asset-Tagging). So kann der Anlagenstatus nach Schweregrad gefiltert werden, was eine Priorisierung der Instandhaltungsmaßnahmen vereinfacht.
Effizienz bei der Elektronikentwicklung ist ein entscheidender Faktor, um im weltweiten Wettbewerb zu bestehen. Wir haben hier vier effiziente Software-Lösungen vorgestellt, mit denen Unternehmen ihre Test- und Prüfprozesse automatisieren können mit dem Ziel, die Entscheidungsfindung zu beschleunigen und die Produktqualität zu optimieren. Weitergehende Informationen bietet das Team von Datatec, Reutlingen.
Der Autor: Als Vorstand der Reutlinger Datatec AG prägt Markus Kohler (43) seit 2022 maßgeblich die Unternehmensstrategie. Zuvor war er mehrere Jahre bei Datatec als Vertriebsleiter für den Geschäftsbereich „Elektronische Messtechnik“ sowie als Leiter des Kundenmanagements tätig.