»Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr« lautet ein Sprichwort. »Falsch«, sagen die Neuropsychologen Bernhard Weber und Karl Koschutnig von der Universität Graz. Im Rahmen einer Studie konnten sie nachweisen, dass sich auch das Gehirn erwachsener Menschen an neue Herausforderungen anpasst.
Einradfahren zählt wohl zu den größten Herausforderungen für den Gleichgewichtssinn. Kinder lernen das in rund einer Woche. Überrascht waren der Doktorand Bernhard Weber und Senior Scientist Karl Koschutnig, dass die erwachsenen TeilnehmerInnen der Studie das mindestens ebenso rasch schafften. Im Gehirn der 23 Personen tat sich dabei Bemerkenswertes. Die Psychologen stellten signifikante Veränderungen in der grauen und der weißen Masse sowie in der Dicke der Großhirnrinde fest.
Die ProbandInnen, die zuvor noch nie auf einem Einrad gesessen waren, lernten und trainierten drei Wochen lang das Fahren mit diesem Gerät, jede Woche vier Stunden unter professioneller Anleitung. Begleitend nahmen die Forscher mittels Magnetresonanztomographie (MRT) zu drei Zeitpunkten strukturelle und funktionelle Bilder des Gehirns auf: vor Beginn des Trainings, nach Beendigung des Programms und noch einmal fünf Wochen später.
»Diese Bilder zeigten Veränderungen in Gehirnarealen und Netzwerken der motorischen Kontrolle, der räumlich-visuellen Aufmerksamkeit und der sensorischen Informationsverarbeitung«, berichtet Koschutnig. Besonders überrascht waren die Wissenschaftler, dass es während des Trainings in einem Bereich zu einer massiven Abnahme an grauer Masse kam. Fünf Wochen nach Beendigung des Programms hatte das Volumen an der gleichen Stelle wieder zugenommen. »Die Abnahme der grauen Masse kann als neuronale Effizienzsteigerung gedeutet werden«, so Weber. Das Gehirn hat etwas gelernt und braucht deshalb weniger Ressourcen. Die automatisierte Koordination und Gleichgewichtskontrolle werden besser und effizienter bewältigt. Dafür spricht, dass die Abnahme umso größer war, je besser eine Person das Einradfahren beherrschte. (me)