Der Gelenkersatz ist eines der erfolgreichsten medizinischen Verfahren und wurde von der renommierten Fachzeitschrift Lancet als »Operation des Jahrhunderts« bezeichnet. Mediziner versuchen, entstehende Probleme zu vermeiden.
Die Endoprothetik ermöglicht Patienten Mobilität und weitgehende Schmerzfreiheit. Über 95 Prozent der Hüftimplantate haben eine Lebensdauer von mehr als 10 Jahren und die Komplikationsrate ist mit unter zwei Prozent sehr gering. Die Ursachen für Komplikationen sind dabei sehr unterschiedlich und nach Registerdaten und Expertenmeinungen nur in den wenigsten Fällen auf das Implantat selbst zurückzuführen. Darauf hat der Bundesverband Medizintechnologie, BVMed, hingewiesen. Berichte, die die hohen Revisionsraten auf Produktmängel zurückführen, werden als »unsachlich, irreführend und unverantwortlich, da sie die Patienten verunsichern« abgetan, so BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Joachim M. Schmitt. Die weitaus größte Anzahl der Revisions-Operationen in der Endoprothetik beruhen auf einem normalen Verschleiß der Implantate nach 15 oder mehr Jahren.
»Die Gelenkersatzoperation hat sich in den letzten Jahrzehnten etabliert und gut bewährt. Da auch ein Implantat – wie das natürliche Gelenk – einem Verschleiß unterliegt, ist es nur normal, dass 15 bis 20 Jahre nach einem Gelenkersatz eine Revision ansteht. Diese Revisionszahlen dürfen aber nicht in Relation zur Zahl der Neuimplantationen gesetzt werden. Das ist absolut unseriös und irreführend«, so der BVMed.
Ein erfolgreicher Gelenkersatz erfordere das Zusammenspiel von drei Komponenten: das operative Vorgehen, ein qualitativ hochwertiges Implantat sowie ein unterstützendes, verantwortungsvolles Patientenverhalten. Die 2. Sicherheitskonferenz Endoprothetik, die im November 2015 in Frankfurt stattfand, habe deutlich gezeigt, dass die Erwartungshaltung der Patienten und die Ausbildung der Operateure eine große Herausforderung darstellen. Der Patient müsse verstehen, wo die Grenzen eines künstlichen Gelenks in Sachen Belastung und Langlebigkeit lägen, erklärte Prof. Dr. Carsten Perka von der Charité in einem Bericht des Deutschen Ärzteblatts. Notwendig sei eine Patientenaufklärung im Vorfeld, die mit überzogenen Erwartungen und Illusionen aufräume.
Denn: »Eine Endoprothese, die ein Leben lang hält, wird es nicht geben.« Prof. Dr. Michael M. Morlock vom Institut für Biomechanik an der TU Hamburg betonte, dass für die Lebensdauer eines künstlichen Gelenks nicht nur das Material, sondern auch das Vorgehen des Chirurgen und das Verhalten des Patienten wichtig seien.
Wichtige Aussagen zu den wahren Revisionsgründen gebe auch das schwedische Endoprothesenregister, informiert der BVMed. In einem Bericht über Hüftgelenkersatz-OPs in Schweden von 1979 bis 2013 wurde in lediglich 1,3 Prozent aller Fälle ein Implantatbruch als Grund für eine Revisionsoperation angegeben. Den im Vergleich zum Produkt deutlich problematischeren Anteil machten »aseptische Lockerungen« (54,3 Prozent), »Infekte« (13,5 Prozent) und »Luxationen« (11,9 Prozent) aus. »Aus den Registerdaten ist ersichtlich, dass die eindimensionale Konzentration der Krankenkassen auf das Implantat der Komplexität der überaus erfolgreichen Hüftendoprothetik nicht gerecht wird und am Kern der Diskussion vorbeigeht«, so Schmitt.
Ein zentrales Element, um die Ergebnisqualität der endoprothetischen Versorgung zu messen und weiter zu verbessern, sei das Endoprothesenregister Deutschland (EPRD), an dem der BVMed von Beginn an aktiv beteiligt war. Von den Ergebnissen des EPRD verspreche man sich nach Ansicht des BVMed Antworten auf die Fragen: Wo und warum ist der Schaden entstanden? Welche Rolle spielen Produkt, Arzt oder Patient? Wo können wir dazu lernen?