Weichgewebe mit 3D-Scanner messen

Aufhebung der Schwerkraft

9. Mai 2017, 8:35 Uhr | Michael Eckstein
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

3D-Scanner liefert präzise Bilder

Als Messmethoden dienten neben der Magnetresonanztomographie (MRT) und der digitalen Volumentomografie (DVT) der Strukturlicht-3D-Scanner »Artec Eva« . Eva lieferte Ergebnisse mit einer Toleranz bis zu 0,05 mm und einer 3D-Auflösung bis zu 0,1 mm.

Zum Erstellen eines 3D-Bildes scannt Eva die Oberflächengeometrie oder die Farbunterschiede des Objekts. Die Belichtungszeit beträgt dabei nur 0,0002 s. Beide Tracking-Methoden lassen sich zudem kombinieren, was je nach Beschaffenheit der Oberfläche einen aussagekräftigen Scan erst ermöglicht. Der Scanner löst mit 1,3 Megapixel und 24 bit Farbtiefe auf. Als Lichtquelle dient kein Laser, sondern eine Blitzröhre. Diese Gasentladungslampe erzeugt ein Lichtspektrum ähnlich dem Tageslicht.

Der Scanner erfasst aus rund einem Meter Entfernung ein lineares Sichtfeld von rund 54 cm × 37 cm, wobei der Objektwinkel ca. 30 × 21° beträgt. Videos lassen sich mit bis zu 16 Bildern pro Sekunde aufnehmen. Das Auslesen der Daten erfolgt über die integrierte USB-2.0-Schnittstelle. Es stehen mehrere Ausgabeformate wie OBJ, PLY, WRL, STL, AOP, ASCII, PTX, ES7, XYZRGB sowie CSV, DFX, XML zur Verfügung. Standardmäßig arbeitet Eva mit der Software Artec Studio zusammen. Über ein Softwareentwicklungs-Kit lässt sich die Hardware in Scansysteme anderer Hersteller integrieren.

Die Möglichkeit, aus jedem möglichen Winkel zu scannen, vergrößerte die Bandbreite an erfassbaren Daten, was letztlich präzisere und verlässlichere Auswertungen ermöglichte. Geringes Gewicht (85 g), kompakte Abmessungen und hohe Flexibilität des Scanners vereinfachten die Handhabung gegenüber den Vergleichsverfahren. Der Scanner lieferte die Messergebnisse zudem schneller und unabhängig von der Körperhaltung des Patienten.

Einfache Weiterverarbeitung der Aufnahmen

Nach dem Erfassen der 3D-Bilder mithilfe des Eva-Scanners erfolgte die Weiterverarbeitung im Programm Artec Studio. Die Forscher glichen die in verschiedenen Körperlagen durchgeführten Scans manuell an. Um die Scan-Serie jedes einzelnen Patienten als Ganzes darzustellen, orientierten sich die Wissenschaftler am sogenannten mittleren Endocanthion-Punkt. Dieser statistisch gesehen stabilste Punkt im Gesicht befindet sich genau zwischen den beiden inneren Augenwinkeln. Er diente als Ursprung des Koordinatensystems aus x-, y- und z-Achse. Dessen Flächen wurden als Transversal-, Vertikal- und Sagittalebenen des Kopfes ausgerichtet.
Sobald alle Punkte aufeinander abgestimmt waren und eine digitale »Gesichtsmaske« bildeten, nutzten die Forscher den Algorithmus für die Oberflächenkartierung in Artec Studio, um den Scan-Satz zusammenzufügen. Die Marker brachten die Scans dabei einheitlich in eine gemeinsame Position und Ausrichtung. Nun konnten die Experten Unterschiede bei Verschiebungen zwischen den sitzenden und stehenden Positionen und der Rücklage nachverfolgen. Das Nachverfolgen der Markerwege offenbarte die Verschiebungen in Position und Beschaffenheit des Gewebes.

Lageabhängige / Weka Fachmedien
Bild 2: Lageabhängige Verschiebung des Gesichtsweichgewebes. Die Zonen der größten Abweichungen erscheinen blau und rot.
© Bilder: Akdeniz-Universität, Antalya

Mit Hilfe des Programms »GraphPad Prism« führten die Wissenschaftler statistische Analysen durch. Die Wegpunkte mussten nach Standardabweichungen untersucht werden, um die Oberflächenverschiebungen genauer zu bestimmen. Ebenfalls einkalkuliert wurden relevante numerische Daten wie Effektivwert, mittlere absolute Abweichung und mittlere »Signed Distance«, um die Variabilität in Form und Volumen der Oberflächen zu ermitteln. Dies verschaffte den Forschern numerische Beweise für Veränderungen des Gesichtsweichgewebes durch den Einfluss der Schwerkraft (Bild 2). Ein Punkt, den etablierte medizinische Scan-Ausrüstungen nach Aussagen der Forscher bislang nur unzureichend erkennen.

Vorteile in der Praxis

Die 3D-Analysen zeigten, dass die Position der Wegmarken von der Körperhaltung abhängt. Erwartungsgemäß waren die Abweichungen beim Vergleich der Sitz- und Stehposition auf allen Achsen eher gering, während sich im Vergleich mit der Rückenlage deutliche Verschiebungen des Gesichtsweichgewebes nachweisen ließen.

Die Ergebnisse sind interessant für reale Anwendungsszenarien, etwa bei medizinischen Beratungen und Eingriffen in Kliniken und Praxen. Besonders in der Mund- und Gesichtschirurgie verspricht das genauere Erfassen und Bewerten des Gesichtsweichgewebes bei den Vor- und Nachuntersuchungen zufriedenstellende Gesamtresultate.


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