Weichgewebe mit 3D-Scanner messen

Aufhebung der Schwerkraft

9. Mai 2017, 8:35 Uhr | Michael Eckstein
© Bilder: Akdeniz-Universität, Antalya

Abhängig von der Körperhaltung verändert weiches Gewebe seine Lage. Türkische Medizintechniker haben auf Basis eines portablen 3D-Scanners eine Messmethode entwickelt, die den Einfluss der Schwerkraft eliminiert. Dies ist besonders für die plastische Chirurgie interessant.

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Bild 1: Scannen des Gesichts mit Artec Eva (A) im Sitzen, (B) im Stehen und (C) in Rückenlage.
© Bilder: Akdeniz-Universität, Antalya

Seit Jahren verlassen sich Mediziner auf die konventionelle kelaphometrische Technik, um Proportionen von Kopf und Gesicht zu untersuchen. Dabei werden Scan-Techniken wie Magnetresonanz- Computer- oder digitale Volumen­tomographie genutzt. Wissenschaftler von der türkischen Akdeniz-Universität bemängeln allerdings, dass die so ermittelten Ergebnisse recht ungenau sein können. Der Grund: Wenn biometrische Daten aus verschiedenen Erhebungsquellen im klinischen Alltag gesammelt, korreliert und analysiert werden, treten zum Teil erhebliche Messdiskrepanzen zu Tage. Ein Umstand, der nach Meinung der Forscher bei der Auswertung bisher selten berücksichtigt wird.

Gängige Scan-Techniken setzen meist voraus, dass der Patient während der häufig mehrere dutzend Minuten langen Messung möglichst reglos steht, liegt oder sitzt. Je nach Untersuchung ist dies sehr unbequem. Bewegungen können die Messungen jedoch verfälschen. Dies kann dramatische Folgen haben: In der Mund- und Gesichtschirurgie beispielsweise können selbst kleinste Fehlkalkulationen zu sichtbaren Entstellungen führen. Eine akkurate Bewertung des Gesichtsweichgewebes in Vor- und Nachuntersuchung kann daher bedeutende Auswirkungen auf das Gesamtresultat haben.

Abweichungen durch Schwerkraft

In ihrer Studie »Effect of Sitting, Standing, and Supine Positions on Facial Soft Tissue: Detailed 3D Analysis« befassen sich Umut Özsoy, Rahime Şekerci und Eren Ögüt am Fachbereich Anatomie der medizinischen Fakultät an der türkischen Akdeniz-Universität mit Schlüsselfragen sowohl hinsichtlich Verschiebungen biologischen Gewebes als auch medizinischer Visualisierungsmethoden.

Zunächst haben die Forscher das komplexe Verhalten menschlichen Weichgewebes untersucht. Im Fokus ihrer Untersuchungen stand die Frage, wie stark unterschiedliche Körperhaltungen zu Gewebeverschiebungen im Gesicht führen und welche Bedeutung diese Verschiebungen für medizinische Analysen und Abläufe haben. Dazu scannten sie ihre Probanden im Stehen, Sitzen und in Rückenlage (Bild 1).

Die zweite, vielleicht wichtigere Fragestellung der Studie zielt auf die verwendeten Techniken: Mediziner müssen sich zunehmend mit medizinischen Geräten auseinandersetzen – und möglichen, daraus resultierenden Problemen. Alle gängigen Standardtechniken für Gesichtsvermessungen treffen auf verschiedene, von äußeren Faktoren abhängige Einschränkungen. Bei komplizierten Prozeduren, für die akkurate Daten zum Gesichtsweichgewebe benötigt werden, bestimmt die Möglichkeit, Auswirkungen äußerer Faktoren zu minimieren oder vollständig zu unterbinden, die Zuverlässigkeit der eingesetzten Methode.

Ein solch äußerer Faktor ist die Schwerkraft. Die meisten Untersuchungen vernachlässigen ihre Bedeutung. Auf Gesichtsweichgewebe hat die Schwerkraft allerdings sichtbare Auswirkungen. In ihrer Studie haben die türkischen Experten daher angenommen, dass die mit bislang gängigen Scan-Methoden erhobenen Daten abhängig von der Haltung des gescannten Körpers analysiert werden müssen, um den Einfluss der Schwerkraft berücksichtigen zu können.
Die Forscher bildeten eine Testgruppe mit 35 Frauen und 35 Männern im Alter zwischen 19 und 24 Jahren. Auf ihren Gesichtern haben die Experten die Oberfläche mit 35 Punkten markiert und so segmentiert. Damit konnten die Experten die Veränderungen am Weichgewebe anhand von Scans in unterschiedlichen Kopf- und Körperhaltungen erfassen und analysieren.


  1. Aufhebung der Schwerkraft
  2. 3D-Scanner liefert präzise Bilder

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