Wireless IoT

Ein Leitfaden zu DECT NR+

6. Juni 2023, 6:00 Uhr | Von Mark Patrick, Mouser Electronics
Bild 1: Das 5G-Dreieck der ITU-Spezifikation IMT-2020 mit den Anwendungsfällen und dem Bereich, den DECT NR+ adressiert
© Nordic Semiconductor

Das neue Digital Enhanced Cordless Telecommunications (DECT) New Radio plus (NR+) kann viele Einschränkungen bestehender Funkkommunikationsprotokolle überwinden. Es ist Teil der 5G-Standards und schließt die Lücke bei extrem zuverlässiger Kommunikation mit geringer Latenz und großer Reichweite.

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Funkkommunikation ist überall in unserem Alltag. Wir halten es vermutlich für selbstverständlich, dass sie einfach funktioniert, so wie die elektrische Energiever­sorgung per Steckdosen und das Wasser aus unseren Leitungen. Unsere Abhängigkeit von Funkkommunikation, insbesondere von der funkbasierten Datenübertragung, hat in den letzten Jahrzehnten erheblich zugenommen. Beim Schreiben dieses Beitrags hat der Autor in seinem Büro mindestens acht per Funk verbundene Geräte gezählt: Laptop, externe Tastatur, Trackpad, Headset, Smartphone, Kopfhörer, Smartwatch und Drucker. Dazu muss er nicht wissen, welches Funkprotokoll sie verwenden oder wie sie funktionieren. Es reicht aus, dass sie zuverlässig sind. Für die Geräte zu Hause und im Auto gilt das Gleiche. Auch unsere Unternehmen, Einzelhandels­geschäfte und Vertriebsnetze sind auf eine ständig verfügbare und zuverlässige Datenkommunikation per Funk angewiesen.

Die Anforderungen an die Funkkommunikation entwickeln sich weiter, da wir immer mehr Anwendungen finden, die von der Automa­tisierung profitieren, insbesondere auf der Grundlage des IIoT. Wenn wir uns näher mit den technischen Details von Funkdatenprotokollen befassen, stellen wir fest, dass viele von ihnen weniger als gute Allrounder, sondern vielmehr für bestimmte Anwendungsfälle optimiert sind. Betrachtet man die Entwicklung leitungsgebundener Datennetze, werden viele Parallelen deutlich. Industrielle Großsysteme wie Ethernet haben sich in den letzten vier Jahrzehnten erheblich weiterentwickelt. Heutige Ethernet-Anwendungen arbeiten typischerweise mit Übertragungsraten von 10 Gbit/s – das ist 1000-mal mehr als die ursprüngliche Version. Aber nicht nur die Datenübertragungsrate ist wichtig, sondern auch die Latenz, der Verwaltungsaufwand (Overhead) und die Leistungsaufnahme gehören zu den entscheidenden Faktoren, die über die Eignung eines Protokolls und letztlich über seinen Erfolg entscheiden. Das gilt ebenso für die Datenübertragung per Funk.

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Tabelle 1: Hauptmerkmale der gängigen Funkübertragungsprotokolle (Quelle: Mouser)
© Mouser

Auswahl von Funkprotokollen
für IoT und IIoT

Bevor wir uns mit den technischen Aspekten des neuen Funkprotokolls DECT NR+ befassen, nehmen wir kurz einige wichtige Faktoren für die Auswahl eines Protokolls in den Blick.

Übertragungsrate: Die Datenübertragungs­rate wird in der Regel in Mbit/s oder Gbit/s gemessen und ist von zentraler Bedeutung. Die Übertragung großer Datenmengen in kürzester Zeit ist für viele Anwendungen unerlässlich. Für manche Anwendungen sind jedoch keine hohen Datenraten erforderlich. Ein einfacher IoT-Temperatursensor sendet zum Beispiel nur wenige Bytes pro Minute. WiFi hat sich erheblich weiterentwickelt: WiFi 6 bietet Datenübertragungsraten im Gigabit-Bereich und erreicht damit fast die Leistungsfähigkeit von Ethernet. Im Vergleich dazu können mit 4G-Mobilfunk in der Regel Daten mit 30 Mbit/s empfangen werden (Downlink). Die Einführung von 5G ist noch nicht abgeschlossen, aber erste Tests deuten darauf hin, dass Datenraten von 150 Mbit/s möglich sind. Zu den Kandi­daten für niedrige Datenübertragungsraten zählen Bluetooth mit 1 Mbit/s, LoRa mit bis zu 27 kbit/s und LTE Cat-NB1 (NB-IoT) mit 127 kbit/s.

Latenz: Die Latenz ist die Zeit, die ein Signal braucht, um sein Ziel zu erreichen und eine Empfangsbestätigung zum Ausgangspunkt der Nachricht zu übertragen. Bei der Kommunikation mit hohen Datenübertragungsraten kann die Latenz zu einem begrenzenden Faktor werden, da das Warten auf die Bestätigung eines Datenpakets den Durchsatz verringert. Außerdem hat die Latenz erhebliche Auswirkungen auf Echtzeitanwendungen, die eine deterministische und vorhersehbare Reak­tionszeit benötigen. Niedrige Latenzen sind für industrielle Automatisierungssysteme von entscheidender Bedeutung. Diese Systeme sind ein wichtiges Einsatzgebiet für 5G. Mit 5G verbessert sich die Latenzzeit im Mobilfunk deutlich: Sie liegt bei 5 ms, verglichen mit durchschnittlich 80 ms bei 4G. Die Latenzen hängen auch von der Reaktion des Host-Systems ab. Weitere Anwendungen, bei denen Latenzen eine Rolle spielen, sind Online-
Spiele und Audio-/Video-Datenströme.

Reichweite: Die effektive Reichweite einer Funkverbindung ist sehr unterschiedlich. Zu Hause und am Arbeitsplatz werden Funk­signale durch Wände und Böden gedämpft, sodass die meisten WLAN-Verbindungen nur eine Reichweite im einstelligen Meterbereich haben. Im Freien wird die Reichweite durch das Gelände, Pflanzen und Bäume sowie bei sehr hohen Frequenzen durch Niederschlag beeinträchtigt. In Tabelle 1 sind die wichtigsten Eigenschaften der gängigen Funkübertragungsprotokolle zusammengefasst.

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Bild 2: I/Q-Modulationsverfahren der Bitübertragungsschicht (PHY), die mit DECT NR+ verfügbar sind.
© Nordic Semiconductor

Leistungsaufnahme: Insbesondere bei batteriebetriebenen Embedded-Systemen ist die Stromaufnahme ein wichtiger Faktor. Die Stromaufnahme des Funk-Transceivers zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung einer zuverlässigen Verbindung hat einen großen Einfluss auf die Batterielebensdauer, die für viele Nutzer ein wichtiges Kriterium ist. So braucht z. B. WiFi trotz seiner hohen Datenrate viel Strom. Deshalb sind für manche Anwendungen andere Protokolle mit geringerer Stromaufnahme von Nutzen.

Topologie: Beliebte Topologien sind Stern – Mobilfunk, WiFi, LoRa – und vermaschte Netzwerke –Bluetooth mesh, Thread, Zigbee. Es gibt auch dedizierte direkte Punkt-zu-Punkt-Verbindungen (P2P) wie z. B. Bluetooth classic.

Die Paketgröße wird auf einer tieferen technischen Ebene durch das Funkübertragungsprotokoll festgelegt. Es definiert den Austausch (Handshake) auf der Verbindungsebene, die Fehlerkorrekturmethoden – falls implementiert – und die Weiterleitung der Datenpakete. Für IoT- und IIoT-Anwendungen ist eine robuste, belastbare und zuverlässige Funkverbindung von entscheidender Bedeutung.


  1. Ein Leitfaden zu DECT NR+
  2. DECT NR+ mit niedriger Latenz

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