Dorothee Mayrhofer ist Karrierecoach bei der Beratungsgruppe Wirth und Partner. Sie erklärt, welche Ingenieure sich die Unternehmen derzeit wünschen und welche Rolle das Gehalt spielen darf.
Markt&Technik: Frau Mayrhofer, welche Kandidatenprofile vermitteln Sie derzeit besonders leicht?
Kenntnisse im Bereich Photovoltaik sind sicher von Vorteil, wenn man in die Branche Erneuerbare Energien wechseln will, wobei ich auf der letzten Intersolar den Eindruck hatte, dass sich die »Hysterie« langsam legt. Zukunftsträchtig – mit hohem Ingenieurbedarf – ist auch die Elektromobilität. Speicher, Batterien, Brennstoffzellen – das sind alles Bereiche mit viel Innovationspotenzial. Die Halbleiterbranche dagegen zählt auch zukünftig nicht gerade zu den Hauptabnehmern für Ingenieure in Deutschland. Ganz wichtig: Soft Skills. Allen voran Flexibilität, Eigeninitiative und Reisebereitschaft.
Um die Mobilität steht es hier in Deutschland allerdings nicht zum Besten. Und Englisch! Das wird so sicher vorausgesetzt wie Lesen und Schreiben. Einen Überschuss an Bewerbungen haben wir derzeit an Managementpositionen. Leider können wir nicht alle vermitteln, einfach weil die Firmen ihre Hierarchieebenen immer mehr ausdünnen und die Linien rausziehen. Der Bedarf ist nicht mehr da! Die Verantwortung wird nach unten verlagert.
Was heißt das für meine ganz persönlichen Aufstiegschancen, wenn es immer weniger Hierarchiestufen gibt?
Das lässt sich so pauschal nicht sagen. Es hängt vor allem von den persönlichen Zielen und Wünschen ab: Wo will ich hin? Es gilt allerdings, dass Managementposten rar bleiben werden, Fachpositionen aber gesucht sind. Die Fachkarriere – in der richtigen Branche - ist also durchaus zukunftsträchtig. Es muss doch nicht immer ein Titel sein! Interessante Projekte oder ein internationaler Kundenkreis in einem innovativen Unternehmen können durchaus interessante Aspekte für die »moderne« Karriere sein.
Es heißt immer wieder, man soll häufiger den Arbeitgeber wechseln, damit man nicht zu lange in der Komfortzone verweilt. Was aber, wenn mir mein Job einfach nur gut gefällt?
Man sollte wachsam sein, den Markt genau beobachten. Alle zwei Jahre einen Status-Quo-Check machen: Bin ich noch da, wo ich hinwollte? Gibt es Probleme mit dem oder im Job, dann sollte man diese nicht einfach aussitzen, sondern gezielt angehen. Es braucht manchmal Mut, Entscheidungen zu fällen, gewiss. Andererseits: Man muss nicht alle paar Jahre wechseln, sofern der eigene Arbeitgeber genug Weiterentwicklungsmöglichkeiten bietet. Sitzt man aber in einer technologischen Nische, ist es umso wichtiger, darauf zu achten, dass die auch morgen noch gefragt ist.
Welche Fehler werden bei der Bewerbung aus Ihrer Sicht immer wieder gemacht?
Die Erwartungshaltung ist zu groß, Arroganz und Selbstbewusstsein vieler Ingenieure – vor allem in Sachen Gehalt - kennen keine Grenzen. Viele Ingenieure sind für die Unternehmen, die derzeit Mitarbeiter einstellen, einfach zu teuer. Chancen lassen sich auch erhöhen durch regionale Flexibilität. Und Selbstmarketing (oder Neu-deutsch: Self-Branding) muss sein, klar, aber im realistischen Rahmen. Man sollte sich fünf spezifische Stärken für die jeweilige Aufgabenstellung überlegen, die man rüberbringen möchte. Kaum zu glauben, aber daran scheitern viele. Den meisten fallen, wenn sie ehrlich zu sich sind aber auf Anhieb fünf Schwächen ein.
Übrigens: kluge Unternehmen stellen auch Kandidaten mit »Delle« ein und verteilen die Aufgaben dann einfach ein bisschen anders. Die neuen Mitarbeiter danken es mit Motivation und realistischeren Ansprüchen!
Thema Gehalt: Wieviel mehr ist beim Jobwechsel derzeit drin?
Fragen Sie eher, auf bis zu wie viel man verzichten sollte. Im Ernst: Das Gehalt sollte bei einem Arbeitsplatzwechsel nicht im Vordergrund stehen, sondern die persönliche Weiterentwicklung. Ansonsten gilt neben dem Gesetz von Angebot und Nachfrage hauptsächlich die jeweilige Gehaltsstruktur der Branche und der Unternehmensart: Werden variable Anteile angeboten und niedrigere Grundgehälter, wie immer häufiger der Fall, sollte man sich freuen und zugreifen!