Bereits im Studium war das Ausländeramt eine Herausforderung. Die junge russische Elektrotechnikerin Olga Ivanova hat einen deutschen Masterabschluss und arbeitet bei einem süddeutschen Unternehmen für Elektronikentwicklung in Festanstellung. Jedes Jahr muss sie sich erneut um eine Aufenthaltsgenehmigung bemühen. Sie glaubt nicht, dass es den deutschen Politikern ernst ist mit der Zuwanderungsdebatte.
Olga Ivanova ist Russin. Eigentlich heißt sie anders, aber sicherheitshalber möchte sie lieber anonym bleiben. Sechs Jahre lang studierte die zielstrebige junge Frau an einer deutschen Fachhochschule Elektrotechnik, Informations- und Kommunikationstechnik und schloss 2009 mit dem Master ab. Im Juni letzten Jahres begann sie mit der Suche nach einem Job, mitten in der schlimmsten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten. Doch das Problem waren weniger die Firmen, es war die deutsche Bürokratie.
Es ging schon vor Beginn des Studiums los. »Mein erster Antrag auf ein Visum wurde angelehnt, weil ich als Wohnort fürs Studium in Landshut meine damalige Gastfamilie in Stuttgart eingegeben habe. Ich hatte zu dem Zeitpunkt noch keine Wohnung in Landshut. Was ich hatte, war eine Immatrikulationsbescheinigung von der FH und ein Geldnachweis. Im Landratsamt hat man mit lauter Stimme auf mich eingeredet, mich beschimpft, ich wolle nur in Deutschland bleiben aber nicht studieren – das sei nicht ordnungsgemäß. Wenn nicht mein Gastvater damals dabei gewesen wäre, hätte ich aufgegeben und wäre nach Russland zurückgekehrt. Das hätte mich auch mit Sicherheit nicht so viel Geld und Nerven gekostet. Letztlich wurde das Problem geregelt, aber eine böse Erinnerung blieb.«
Das erste Visum wurde ohne Arbeitserlaubnis ausgestellt. Das kam Ivanova seltsam vor, denn sie hatte von anderen Studierenden erfahren, dass diese eine Arbeitserlaubnis für die Ferien hatten. Ivanova ging wieder ins Ausländeramt und fragte nach, mit Erfolg. In das Visum wurde ein Vermerk geschrieben, der der russischen Studentin erlaubte, während der Ferien zu arbeiten und ihr Pflicht-Praktikum zu absolvieren. Nach Abschluss des Praktikums wollte die Firma die strebsame Ivanova gerne als Werkstudentin weiterbeschäftigen. »Ich wollte unbedingt, das Ausländeramt war aber anderer Meinung und hat den Vermerk »nur während der Ferien« nicht geändert, obwohl ich offiziell im dritten Semester war und meine »studienvorbereitenden Maßnahmen« laut Paragraph 16 Abs.3 des Ausländergesetzes vor einem Jahr abgeschlossen hatte.«
Ivanova musste den Job als Werkstudentin absagen. Als die nächsten Ferien kamen, war die Stelle bereits besetzt. Durch einen Bekannten und mehr durch Zufall fand sie eine andere Stelle und machte vier Wochen lang ein Praktikum während der Winterferien. Wieder wurde sie gefragt, ob sie als Werkstudentin bleiben wolle. »Was hätte ich antworten sollen? Nein danke, ich darf nicht?«
Ivanova, inzwischen im vierten Semester, ging wieder ins Ausländeramt. Das Studentenvisum bekam einen anderen Vermerk und damit die Erlaubnis, 90 ganze Tage oder 180 halbe Tage übers Jahr verteilt zu arbeiten. »Das sechste Semester war ein praktisches Semester. Ich wollte in der Firma bleiben, in der ich als Werkstudentin arbeitete. Das Thema des Praktikums wurde besprochen, ich wollte gleich in den Winterferien anfangen. Leider war die Praktikumsdauer 6 Tage zu lang, doch die Personalabteilung fand eine Lösung, damit ich meine Arbeit beenden konnte. Ich war froh, dass der Personalleiter sich um diese Sache einige Gedanken gemacht hat und nicht einfach abgesagt hat, was für ihn weniger Arbeit gewesen wäre. Er arbeitet nicht im Ausländeramt und legt mir keine Steine im Weg, dachte ich bei mir. Bei der Diplomarbeit und bei der Masterarbeit wusste ich, dass es eventuell Probleme geben könnte und habe im Vorfeld auf die Dauer geachtet.«