Universität Freiburg

Erster deutscher Photovoltaik-Online-Master-Studiengang

15. November 2011, 10:45 Uhr | Jens Würtenberg
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Praktikumsraum - Produktionskette einer Silizium-Solarzelle vom Silizium-Block bis zum Modul

Welche Formen der Lernkontrolle wurden in das Studium eingebaut? Gibt es fortlaufende begleitende Verständisfragen, etwa in Form von "Multiple Choice"-Tests?

Ja. Aber das klassische Übungsblatt mit einer anschließenden Besprechung im virtuellen Klassenzimmer ist immer noch eine effektive Methode um die Studenten zu motivieren, sich tiefgreifend mit dem Stoff zu beschäftigen.

Wie hoch schätzen Sie den Aufwand für ein Online-Studium für die Lernenden? Kann ein Student mit 20 Wochenstunden plus den geplanten Aufenthalten im Lernlabor die Anforderungen bewältigen?

Die Aufenthalte in den Labors finden in den sogenannten Campus-Phasen statt. Das sind kurze intensive Blockveranstaltungen von zwei bis 5 Tagen, die zweimal jährlich in Freiburg stattfinden. Diese Phasen sind im durchschnittlichen Workload mitberücksichtigt, der in der Größenordnung von etwa 15 Stunden pro Woche liegt.

Und wie hoch ist der Aufwand für die Lehrenden? Wie viele Professoren kommen bei dem Online-Studium derzeit auf einen Studenten und wie wird sich dieses Verhältnis im Lauf der nächsten fünf Jahre ändern?

Der Aufwand für die Lehrenden ist langfristig geringer als bei einem klassischen Studium. Die Dozenten produzieren die Materialien ein Mal und müssen sie dann nur noch kontinuierlich pflegen. Die Zeit, in der ich als Dozent an der Tafel stehe und die Studenten meinen Aufschrieb abschreiben – ohne ihn zu verstehen – entfallen. Diese frei werdende Zeit kann ich viel sinnvoller nutzen, in dem ich ab und zu mit den Studenten im virtuellen Klassenzimmer diskutiere. Das macht viel mehr Spaß und bringt vermutlich auch mehr.

Ab April 2012 steht Ihnen ein "Lernlabor" für die Ausbildung der "Online"-Studenten zur Verfügung. Welche Geräte sind dort vorhanden und wie oft werden die Studenten Gelegenheit haben, hier ihre erworbenen theoretischen Kenntnisse praktisch anzuwenden?

Der Praktikumsraum orientiert sich an Produktionskette einer Silizium-Solarzelle vom Silizium-Block bis zum Modul. Für jeden wichtigen Prozessschritt haben wir ein bis zwei industrieübliche Messmethoden ausgewählt, mit denen wichtige Eigenschaften der Proben in diesem Prozesstadium nachgemessen werden können. Dabei legen wir auch besonders auf den Zusammenhang verschiedener Messungen Wert. Deshalb bekommen die Studierenden auch Solarzellen mit Prozessproblemen, die Ihnen vorher unbekannt sind. Sie müssen sie durch Anwendung aller verfügbarer Methoden identifizieren und einen Vorschlag zur Behebung des Prozessierungsfehlers machen. Unsere Studierenden lernen also nicht nur die isolierten Methoden kennen, sondern sehen auch die im Online-Studium gelernten Zusammenhänge ganz praktisch.

Die Ausbildung in technischen Berufen hinkt ja prinzipiell den Anforderungen der Industrie hinterher. Wenn diese den Bedarf feststellt, dauert es ja mindestens noch fünf Jahre, bis die ersten Absolventen einer neuen Fachrichtung dann auch "auf den Markt" kommen. Besteht nicht die Gefahr, dass hier Fachleute für eine Sparte ausgebildet werden, die zwar heute prosperiert, in wenigen Jahren aber schrumpfen könnte?

Die Gefahr besteht tatsächlich und deshalb müssen wir das sehr genau im Auge behalten.

Die Unterrichtssprache Ausbildungsgangs ist Englisch. Wollen Sie damit auch Studenten aus dem Ausland gewinnen, oder sollen die deutschen Studenten frühzeitig an die lingua franca des Informationszeitalters gewöhnt werden?

Englisch ist einfach notwendig, weil 40 Prozent unserer Studenten kein Deutsch sprechen. Wir wollen den internationalen Charakter des Studiengangs in Zukunft auch noch ausbauen. Sie können die großen Online-Blöcke ja von überall auf der Welt studieren. Für die Campus-Phasen mit den Praktika könnte man sich dann mehrere "Basen" an verschiedenen Orten der Welt vorstellen, beispielsweise in Singapore und den USA. Dann fliegen die Studenten für die Campus-Phasen jeweils an die nächstgelegene Basis.

Dr. Martin Kasemann
studierte Physik an der Universität Konstanz und promovierte im Jahr 2010 an der Universität Freiburg im Bereich der Solarzellencharakterisierung mit Imaging-Methoden. Die Dissertation basiert auf Forschungsarbeiten am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg, an der University of New South Wales in Sydney und an der Tel-Aviv University in Israel.
Seit dem Beginn seiner Dissertation im Jahr 2006 hat Kasemann mehr als 35 Paper in internationalen wissenschaftlichen Zeitschriften und Konferenzbänden als Autor und Co-Autor veröffentlicht. Seit 2009 ist er verantwortlich für den Aufbau des Master-Studiengangs „Master Online Photovoltaics“ an der Universität Freiburg. Dort hält er auch Vorlesungen zu den Themen „Material and Solar Cell Characterization“ und "Advanced Solar Cell Characterization".

 

 

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