Ingenieurmangel

Wie die Lücken gestopft werden

12. Februar 2018, 13:31 Uhr | Corinne Schindlbeck
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Arbeitskräftemangel als limitierender Produktionsfaktor?

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Die Zahl der ausländischen Studierenden in Elektronik und Informationstechnik nimmt stetig zu und liegt nach Auskunft von Dr. Michael Schanz inzwischen wohl noch höher als 2014.
© VDE

Behindert die Lage am Arbeitsmarkt das Wachstum der Branche, wie jüngst vom ZVEI auf seiner Jahresauftakt-Pressekonferenz befürchtet? Ja, sagt Thomas Hegger, stellvertretender Vorsitzender des VDE-Ausschusses „Studium, Beruf und Gesellschaft“ und Geschäftsführer der Personalberatung „Hegger, Riemann und Partner“. »Infolge des sehr arbeitnehmerfreundlichen Arbeitsmarktes haben die Unternehmen zum Teil extreme Probleme, offene Positionen zu besetzen. Unternehmensvertreter haben uns gesagt, dass sich die Besetzungszeiten von Ingenieurpositionen, aber auch von Facharbeitern zum Teil deutlich verlängert haben. So hat ein Unternehmen aus Niedersachsen rund zwei Jahre nach einem PCB-Layouter gesucht hat, ehe die Stelle besetzt worden ist. Durch diesen Fachkräftemangel, der annähernd flächendeckend und branchenübergreifend auftritt, werden die Unternehmen in ihrem Wachstum gebremst.«

Dann müssen Abstriche bei der Qualifikation gemacht werden? Hegger: »Die Unternehmen geben sich schon mit einer Übereinstimmung von teilweise unter 75 Prozent zufrieden. Zudem sind die Gehälter in den letzten Jahren gestiegen.«

Eine Delle im Wachstum der Firmen wegen Fachkräftemangels befürchtet Michael Köhler hingegen so pauschal nicht. Der Automotive-Experte der Personalberatung Schuh-Eder Consulting rät, genauer hinzusehen: »Ja, es gibt den Ingenieurmangel und er wird aus demoskopischen Gründen auch stärker werden. Aber er ist sicher nicht für die ganze Branche gleich stark wachstumsrelevant. Für Großbetriebe wie Infineon, Bosch oder BMW, die international aufgestellt sind, ist das Problem nicht wirklich vorhanden, da sie in der Lage sind, Englisch sprechende Menschen anzustellen und auch gute und attraktive Gehälter zu zahlen.«

Ganz anders sehe es bei mittelständischen Unternehmen aus. »Speziell in wirklich kleinen, innovativen Firmen fehlen Elektronik-Ingenieure in großer Zahl. Dort ist es in der Tat so, dass es im Bereich Hardware-Entwicklung, Software-Entwicklung und vor allem im Projektmanagement erhebliche Engpässe gibt, die schwer zu decken sind. Erschwerend kommt hinzu, dass in den meisten Fällen jemand, der nur Englisch spricht, nicht einsetzbar ist.«

Köhler weiter: »Wir sehen einen starken Anstieg unser Suchmandate. Was wir nicht oder nur sehr zögerlich sehen, ist, dass die Unternehmen ihre Anforderungen stark zurückschrauben, um schneller zu besetzen. Solange Positionen manchmal sehr lange unbesetzt bleiben, da er Kandidat nur zu 80 Prozent passt, ist wohl der Leidensdruck noch erträglich. Jedenfalls nicht wirklich wachstumsrelevant.«

Axel Plünnecke vom arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) ist anderer Meinung: »Das Arbeitskräftepotenzial ist der limitierende Produktionsfaktor in Deutschland. 47 Prozent der im Herbst 2017 befragten Firmen geben an, dass fehlende Fachkräfte ein Indiz für eine betriebliche Überhitzung darstellen und deshalb Produktionsmöglichkeiten nicht wahrgenommen werden können.«


  1. Wie die Lücken gestopft werden
  2. Arbeitskräftemangel als limitierender Produktionsfaktor?

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