Web 2.0: Zeitenwende im Personalmarketing

Sei da, wo die Ingenieure sind!

14. April 2010, 11:34 Uhr | Corinne Schindlbeck
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Sei da, wo die Ingenieure sind!

Die meisten Arbeitgeber sind heutzutage weder im Social Web aktiv, noch haben sie eine entsprechende Strategie. So befragte das Beratungsunternehmen Ifok im vergangenen Jahr 800 Personaler in Deutschland. Ergebnis: Sie nutzen Online-Plattformen wie Facebook, StudiVZ oder Twitter kaum für ihre Arbeit. Zwar ist sich die Mehrheit von ihnen einig, dass Social Media zunehmend wichtiger wird, doch die Wenigsten sind auf die neue Form der Kommunikation vorbereitet. Eine klare Strategie zum Umgang mit dem Sozialen Netz fehlt meist völlig. Nicht einmal jeder vierte Personalexperte hat schon einmal von Beurteilungen auf Arbeitgeber-Bewertungsplattformen wie Kununu Kenntnis genommen. Nur vier Prozent der Befragten beobachten systematisch, was über ihr Unternehmen – unter anderem von den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – auf Social-Media-Plattformen geschrieben wird. Mehr als ein Drittel der Befragten nutzt diese Möglichkeit nie. Arne Klempert, Leiter des Geschäftsfelds Digitale Kommunikation bei Ifok: »Damit vergeben erstaunlich viele Unternehmen eine der größten Chancen, die digitale Gespräche bieten: Erfahren, was und wie über das Unternehmen kommuniziert wird.«

Somit ist das Web 2.0 bislang noch mehr Informationsquelle denn Interaktionsmedium. Auch in Vorstellungsgesprächen wird nicht nach der Web-Präsenz gefragt: Laut einer Stepstone-Umfrage sind 89 Prozent von 4.000 befragten Kandidaten in Deutschland noch nie in einem Vorstellungsgespräch darauf angesprochen worden. Wenngleich Personaler Google und Co. nutzen, um mehr über Top-Kandidaten zu erfahren: Die Studie »Recruiting Trends 2010« des Stellenportals Monster.de zeigt, dass mehr als drei von zehn Unternehmen regelmäßig auf das Karrierenetzwerk Xing zurückgreifen, um Informationen über potenzielle Kandidaten zu sammeln. Mittels Google recherchieren rund 22 Prozent der Personaler häufig, gefolgt vom amerikanischen Karrierenetzwerk Linkedln mit über 12 Prozent. Blogs und weitere Online-Netzwerke wie StudiVz/MeinVz oder Facebook werden von deutlich weniger als 10 Prozent der befragten Firmen bei der Informationssuche über Kandidaten regelmäßig genutzt.

»Das Web 2.0 bietet Unternehmen, die nach geeigneten Kandidaten suchen, spannende Möglichkeiten, stellt aber auch neue Herausforderungen dar«, so Marco Bertoli, Geschäftsführer Central Europe bei Monster Worldwide. »Gerade kleinere und mittelständische Unternehmen haben hierfür häufig keine oder nur begrenzte Personalressourcen.«

Für Monster ein neues Geschäft: Seit kurzem bietet Monster Firmenkunden maßgeschneiderte Social-Recruiting-Dienstleistungen an. Über die Beratung hinaus sollen die Kunden von der Einbindung ihrer auf Monster geschalteten Job-Angebote in Social Media-Kanäle per RSS-Feed und von der Möglichkeit zielgruppengenauer Bannerwerbung in den Channels profitieren.

Auch Stelleninteressierte recherchieren regelmäßig im Internet, um sich über Unternehmen und deren Image zu erkundigen. Über die Hälfte der befragten Jobsuchenden nutzt dabei laut der Studie »Bewerbungspraxis 2010« vor allem die Suchmaschine Google häufig. Dahinter folgt das Karrierenetzwerk Xing: Jeder vierte Stellensuchende oder Karriereinteressierte sucht hier häufig nach Informationen über Arbeitgeber. Blogs, Unternehmensbewertungs-Plattformen wie kununu.de und weitere Netzwerkplattformen wie StudiVz/MeinVz, Facebook oder Linkedln spielen bei den Jobsuchenden laut Monster-Studie nur eine unbedeutende Rolle. Lediglich 12 Prozent der befragten Jobsuchenden schauen sich häufiger Firmenvideos an. Nur einer von zehn Karriereinteressierten nutzt zudem regelmäßig RSS-Feeds oder beteiligt sich häufiger an Self-Assessment-Tools der Unternehmen. Podcasts und Diskussionsgruppen in sozialen Netzwerkplattformen werden derzeit nur sehr verhalten genutzt, ebenso wie die Möglichkeit, den eigenen Arbeitgeber in einer Unternehmensbewertungsplattform zu bewerten.

Dennoch: »In Zukunft muss sich der moderne Recruiter innerhalb dieser Social Media genauso zurechtfinden wie in den klassischen Rekrutierungskanälen«, sagt Prof. Dr. Tim Weitzel vom Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik der Universität Bamberg.

Diese Ansicht unterstützt eine neue Studie unter 100 Kommunikations-Chefs der Fachhochschule Mainz: Social Media wie Blogs und Twitter werden Personal- und Kommunikationsabteilungen zwingen, enger zusammen zu arbeiten. Davon ist über die Hälfte der befragten Kommunikations-Chefs überzeugt. In den Unternehmen werde sich die Kommunikation von Personalthemen zunehmend zu einer eigenen Kommunikationssparte entwickeln. Eine Entwicklung, die bei der Hälfte der Kommunikations-Chefs großer Unternehmen auf grundsätzliche Akzeptanz stoße, weil über Personalthemen wie Entlassungen, Wechsel von Führungskräften oder Folgen von Fusionen immer häufiger in der Medienöffentlichkeit diskutiert werde. Da Unternehmen als Arbeitgeber immer stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerieten, seien sie heute viel stärker gefordert, personalpolitische Neuigkeiten professionell zu kommunizieren. Denn die Öffentlichkeit wolle gerade in turbulenten Zeiten wissen, wie die Unternehmen mit ihren Mitarbeitern umgingen.


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