Das gibt es nämlich öfter, als man denkt. Die Chefsekretärin, die mit einem Halbsatz an der ausgetüftelten Firmenstrategie kratzt (»Da zieht der Vertrieb nicht mit«). Der unausgelastete Mitarbeiter in der Produktion, der aus Langeweile ein geniales T-Shirt-Motiv entwickelt (in der Open Innovation-Literatur als »Threadless«-Modell breit getreten). Der überraschende Kommentar eines Praktikanten, der die Entwickler auf ganz neue Gedanken bringt. Und – der Königsweg – der Hinweis eines Kunden, andersherum sei es einfacher und kostengünstiger. Solche institutionellen und hierarchischen Barrieren werden bei der Fahndung nach Innovationen allzu leicht übersehen und das Neuerungspotenzial damit von vorneherein begrenzt.
All das führt zu dem Schluss: Open Innovation bietet zwar keine Garantie auf eine Problemlösung. Aber Open Innovation erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass eine geliefert wird. Das rüttelt zweifellos am Sicherheitsbedürfnis und am Selbstwertgefühl der Forscher und Entwickler in den Betrieben. Doch Frank Piller schwört Stein und Bein, dass sie nicht arbeitslos werden. »Open Innovation macht die F+E-Bereiche effizienter«, behauptet der Wissenschaftler, »sie können sich stärker auf ihre Hauptaufgabe konzentrieren, nämlich auf die Frage, wie man technisches Wissen schneller zur Anwendungsreife bringen kann. Bei allen anderen steigert Open Innovation interaktiv die Wertschöpfung, und zwar über einen dritten Weg neben der Hierarchie und dem Markt.«
Mit der Hierarchie meint er die Mitarbeiter in den Firmen, mit dem Markt projektweise beauftragte Berater, Institute und Marktforscher. Der dritte Weg, in Grundzügen schon vor vielen Jahren von dem MIT-Wissenschaftler Eric von Hippel entwickelt und von Henry Chesbrough 2003 mit dem Etikett Open Innovation versehen, ergänze die beiden klassischen Kooperationsformen durch die »Selbstselektion und Selbstorganisation von Aufgaben durch spezialisierte Akteure, deren Motivation vor allem die Nutzung der kooperativ geschaffenen Leistungen ist.«