Active Sourcing oder Headhunter, oder beides?
Potenzielle gute Kandidaten müssen heute über Direktansprache gesucht werden. Das haben viele Firmen inzwischen verstanden und daher erwarten die Top-Spezialisten das inzwischen auch. Ein klarer Business Case, der sich im Übrigen aktuell rechnet: Die Kosten für die Einstellung von Profi-Sourcern, die die Direktansprache vornehmen, spart einige Headhunter und amortisiert sich daher sehr schnell.
Dazu kommt: Niemand kann die eigene Kultur besser vermarkten als der eigene Kollege. Aber es geht nicht um „entweder oder“, sondern um „sowohl als auch“ und wie man die Werkzeuge im eigenen Handwerkskoffer Recruiting zusammensetzt. Ja, wir haben Headhunter, ja, wir setzen stark auf Active Sourcing und ja, wir nutzen Anzeigen, aber eher zur Markenbildung. Es gibt kritische Zielfunktionen, bei denen wir je nach Kurzfristigkeit und Gesamtsituation auf unsere langjährigen Headhunter-Kooperationspartner zurückgreifen.
Auf welche Kompetenzen legen Sie bei Mitarbeitern Wert?
Zwei Kompetenzen werden in Zukunft entscheiden: Neugierde und die Fähigkeit zu lernen, alles andere stelle ich in Frage. Gefragt sind Gestalter, die sich was trauen, denen Unsicherheit nicht zu schaffen macht. Die was ausprobieren, sich scheitern trauen und gerne und schnell lernen. In diese Richtung müssen wir auch unsere Recruiting-Systematiken ändern. Denn mit den Kompetenz- und Diagnostik-Modellen aus der Vergangenheit werden wir sie nicht finden. Zumal immer weniger Kandidaten alles mitbringen werden, was wir benötigen – dafür ist die Konkurrenz um sie zu groß. Wir müssen sie also befähigen und weiterbilden. Daher bin ich davon überzeugt, dass die Zukunft in der Personalentwicklung liegen wird und das Recruiting auf ein Team aus hochspezialisierten Sourcern schrumpfen wird, unterstützt durch HR-Automatisierung. Zugleich wird das tief Menschliche an Bedeutung gewinnen, man wird als Unternehmen die Möglichkeit bekommen, dem individuellen Gespräch, der Betreuung des Mitarbeiters bewusst mehr Zeit und Raum zu widmen. Empathie ist eine zutiefst menschliche Stärke, die kein Roboter abbilden kann. Menschen, denen Sicherheit sehr wichtig ist, wird die Zukunft schwerer fallen. Wir müssen diese Menschen unterstützen, ihre Ängste abzulegen.
Wie stehen Sie zu Gen Y und New Work?
Eine tolle Generation wie jede andere vor und nach ihr. Als Generation X und Führungskraft beobachte ich persönlich seit Jahren, dass Gen-Y-Kollegen eine selbstbewusstere Kommunikation an den Tag legen, sich dahinter aber nicht zwingend Selbstbewusstsein oder Selbstständigkeit verbirgt, wie wir Älteren das gerne bei einem solchen Auftreten vermuten möchten. Diese Generation braucht wie jede vor ihr Halt – Aufgrund der Optionenvielfalt einer globalisierten Welt möglicherweise mehr denn je. Dennoch empfindet unsere Generation die spürbar stärker ausgeprägte Konsumhaltung und die Vollkasko-Mentalität, mit der gerne agiert und vielleicht auch nur kommuniziert wird, als sehr fordernd.
Das Thema New Work muss genau hier ansetzen. Die Rahmenbedingungen der Arbeit müssen den Ansprüchen der Mitarbeiter und der Unternehmung gerecht werden. Hierzu müssen moderne Lösungen hinsichtlich Arbeitsort, Arbeitszeit und Form der Arbeit bereitgestellt werden.
(Interview: Corinne Schindlbeck)