Matthias Winter: Das Thema Bc/Master ist für mich ein déja-vus.
Bereits während meines eigenen Studiums in den 80ern stellte ich mir die Frage nach der Anerkennung meines Abschlusses im Ausland. Internationalen Firmen ist der deutsche Abschluss bestens bekannt. Mehr noch, er ist sogar beliebt, wegen der Selbstständigkeit, die deutsche Dipl.-Ing.'s mit in den Beruf bringen. "Lediglich ein wenig zu alt werden Sie aus internationaler Sicht erscheinen, wenn Sie nach deutschem Abitur und Studium in den Beruf einsteigen", hieß es immer. ... Hinter vorgehaltener Hand höre ich persönlich quasi ohne Unterlass: Das deutsche Diplom hätte man eigentlich nie abschaffen sollen. Ein wenig reformieren, ok. In meinem Umfeld spielt der Bachelor gemessen an der Anzahl der Bc-Kollegen die Rolle eines statistischen Außenseiters.
Sie schnüren Ihren Artikel zu mit einer Bemerkung zu dem Konflikt zwischen medial zelebriertem Fachkräftemangel und der beobachteten Einstellungspraxis der Unternehmen, auf die viele Ingenieure nur mit Kopfschütteln reagieren können. Dass die Besten in der Regel die gefragtesten Kandidaten sind, ist nicht nur beim Sport der Fall und obendrein ein alter Hut. Aber ist es nicht Irrsinn, wenn durch die Kultivierung des Themas "Fachkräftemangel" das Hauen und Stechen um die Elitekandidaten zum Fokusthema wird? Fehlt es allen anderen wirklich an so viel Potenzial und Kompetenz?
Wir können uns diese Diskussion angesichts des globalen Wettbewerbs und eines nationalen negativen demographischen Gradienten gar nicht leisten. Wir sollten stattdessen endlich aufwachen und uns darauf besinnen, was die Stärke von uns Menschen - und dazu zähle ich auch die Gattung Ingenieur - eigentlich ausmacht. Nicht die singulären Elitegenträger sondern die Fähigkeit unsere Kompetenzvielfalt wertzuschätzen, zu entwickeln, zu bündeln und effektiv einzusetzen. Meine persönliche Wahrnehmung ist dagegen eher geprägt von einer Schar desillusionierter Elemente im Getriebe, die auf Mitlaufen umgestellt haben. - Angeschlagenes, brach liegendes Potenzial! Und was für eine Verschwendung!