Schwerpunkte
08. Dezember 2020, 12:26 Uhr | Prof. Dr. Gunther Olesch, Chief Representative, Phoenix Contact
Prof. Gunther Olesch, Chief Representative, Phoenix Contact. »Viele Personalmanager möchten primär fachlich, sachlich und nüchtern wirken. Das ist sicherlich auch notwendig, reicht aber nicht aus, um eine starke Position in der Unternehmensleitung einzunehmen«.
Wie Personalmanager vom sachorientierten Verwalter zum begeisternden Gestalter und Strategen in der Geschäftsleitung werden können, erklärt Gunther Olesch, lange oberster Personaler von Phoenix Contact.
Mitte der 70-er Jahre zogen viele Personalleiter in die Vorstands- oder Geschäftsleitungsetagen größerer Unternehmen ein. Dies wurde durch das Mitbestimmungsgesetz § 33 unterstützt. Der Arbeitsdirektor wurde als gleichberechtigtes Mitglied der Unternehmensleitung bestellt. Seine Aufgaben übte er in engster Abstimmung mit dem Topmanagement aus. Viele Unternehmen besonders der Montan-Mitbestimmung, schlossen sich dem Trend an. Aus dem einstigen Leiter der Personalverwaltung sollte ein Gestalter und Unternehmenspolitiker mit weit reichender strategischer Ausrichtung werden. Mitwirkung in der Geschäftsleitung prädestinierte den Arbeitsdirektor, an entscheidender Stelle personalpolitische Entscheidungen im Sinne des Unternehmens und der Mitarbeiter zu treffen. Seine Funktion wurde in den achtziger Jahren zum Teil auch in die mittelständischen bzw. privaten Unternehmen übertragen.
Dann der Rückschritt
Ende der 80-er und Anfang der 90-er Jahre kann man einen eindeutigen Rückschritt dieser Entwicklung beobachten. Die Position des Arbeitsdirektors verschwand zum Teil. Dort, wo ein Arbeitsdirektor in Pension ging oder das Unternehmen verließ, wurde seine Aufgabe von einem anderen Vorstands- oder Geschäftsleitungsmitglied übernommen oder das Personalwesen wurde häufig dem Mitglied der Unternehmensleitung, das für Finanzen zuständig war, unterstellt. Gerade bei dem Finanzchef eines Unternehmens zählt das Personalwesen als primärer Kostenverursacher. Die strategische Ausrichtung des Personalmanagements war nicht so bedeutend. Es ging weniger darum, wie man die Qualität und Motivation der Mitarbeitenden entwickeln kann, sondern wie man Personalkosten niedrig halten kann. Mittel für Personalentwicklung, Ausbildung und Investitionen in die Mitarbeiterschaft wurden restriktiver behandelt.
Mitte der 90-er Jahre entwickelten einige Personalverantwortliche die Strategie, den Führungskräften im Unternehmen bei allen HR-Themen primär als Berater zur Verfügung zu stehen. Um diese Rolle zu unterstreichen, betrachtete man sich als Business Partner im Unternehmen. Auf vielen Kongressen wurde dieser Fokus der Personalverantwortlichen als der zukünftige Trend postuliert.
Dabei wurden der Aspekt und die Gefahr nicht genügend in Betracht gezogen, dass ein Berater oder Business Partner nie den unternehmerischen Einfluss besitzt wie ein Top-Manager. Durch diesen Ansatz katapultierte man sich zum Teil aus der einstigen Top-Führungsposition und gab den entsprechenden unternehmerischen Einfluss auf.
Nutzloses Detailwissen?
Ein weiterer Faktor unterstützte ebenfalls die Schwächung des Arbeitsdirektors. Viele Personalmanager sahen sich als Spezialisten auf ihrem Gebiet. Sie qualifizierten sich ständig durch neues Know-How, sei es im Hinblick auf Personalentwicklung, Arbeitsflexibilisierung oder Work Life Balance. Auf der Ebene der Unternehmensleitung wird aber nicht Detailwissen im jeweiligen Fachgebiet verlangt, sondern generalistisches, unternehmerisches und strategisches Wissen sowie Handeln.
In der Unternehmensleitung herrscht häufig die Meinung, beim Thema Human Resources kompetent mitreden zu können. Demgegenüber haben sich Personalmanager kaum generalistisches Know-How angeeignet, um anderen Geschäftsleitungskollegen qualifiziert mit Rat und Tat zur Verfügung zu stehen. Nur wer fachübergreifend in der Unternehmensleitung mitreden und mitgestalten kann, wird eine Funktion in diesem wichtigsten Gremium erfolgreich besetzen können.
Ein weiterer Faktor erschwert die Funktion des Personalmanagers in der Unternehmensleitung. Der Vertriebskollege kann z. B. von positiven Zahlen wie Umsatzsteigerung und Marktwachstum berichten. Der Produktionskollege kann über Reduzierung von Durchlaufzeiten und Steigerung der Produktivität sprechen. Alles Aspekte, die in einem unter Kostendruck stehenden Unternehmen allgemeine Zustimmung finden. Der Personalmanager hingegen kann meist nur Kosten präsentieren, da die Effizienz seiner Arbeit zur Wertschöpfung des Unternehmens kaum in Zahlen nachzuweisen ist. Einige Aspekte wie Wertschöpfung durch geringere Fluktuation, Krankenstand und schnellere Gewinnung von neuen hochqualifizierten Mitarbeitern kann man allerdings stichhaltig beweisen.
Sachlich und nüchtern reicht nicht
Personalmanager möchten oft primär fachlich, sachlich und nüchtern wirken. Das ist sicherlich auch notwendig, reicht aber nicht aus, um eine starke Position in der Unternehmensleitung einzunehmen. Nicht selten werden sie als Personalverwalter hinter vorgehaltener Hand betitelt, auch wenn sie sich selbst als Gestalter sehen.
Betrachtet man dagegen Vertriebs- oder Marketingmanager, so kann man konstatieren, dass sie häufig mehr Begeisterungsfähigkeit und Esprit besitzen, gerade weil sie dadurch, abgesehen von ihrer fachlichen Kompetenz, den Kunden für das Unternehmen gewinnen und begeistern. Eine begeisternde Persönlichkeit gehört dazu, um sowohl die Kollegen aus der Unternehmensleitung als auch die Mitarbeiter für sich und seine Taten zu gewinnen.
Was kann nun der Personalmanager tun, um eine Position in der Unternehmensleitung zu gewinnen?
Zunächst einmal muss er von den Kollegen als fachlich hoch kompetent eingeschätzt werden. Das erreicht er nur, indem er seine Arbeit mit überdurchschnittlichem Erfolg ausführt und dafür eine angemessene Anerkennung erhält. Eine hohe Performance ist eine Voraussetzung für den Aufstieg in die Geschäftsleitung. Darüber hinaus sollte er sich als Lenker, Generalist, Missionar und Begeisterer profilieren.
Zukunftschancen für HR-Manager
Die Chancen für Personalmanager, in die Unternehmensleitung aufzusteigen, sind vorhanden. Die Digitalisierung, demografische Entwicklung, die Globalisierung und der Wertewandel stellen unsere Unternehmen vor gewaltige Herausforderungen. Ab 2030 wird die Anzahl der Fachkräfte in Deutschland stark zurückgehen. In zehn Jahren werden wir fast 10 Millionen weniger arbeitende Menschen haben. Mit solchen Fakten können die HR-Manager, die diese Herausforderungen rechtzeitig annehmen, im Unternehmen punkten. Unsere Mitarbeitenden sind die Antriebskräfte der Unternehmen. Ohne sie werden wir unsere starke weltweite Exportposition nicht halten können. Durch intelligente und vorauseilende Personalstrategien zur Digitalisierung und deren erfolgreiche Umsetzung können wir, die HR-Verantwortlichen, den Erfolg unserer Unternehmen ent-scheidend mitgestalten. Mit dem Kopf über den Wolken und den Füßen auf der Erde.