Ist da nicht die Politik gefordert?
Forderungen und konkrete Maßnahmen richten sich insbesondere an die Politik und den Gesetzgeber. Das Patentwesen zeigt Ungerechtigkeiten und schadet der Wirtschaft – mit dieser Aussage sind insbesondere die Wirtschaftsministerien und Hüter der Marktwirtschaft und des Mittelstands angesprochen. Parteipolitisch durchgängige Meinungen zum Patentwesen bestehen noch nicht, wohl aber die Bereitschaft von Politikern, über das Thema kritisch nachzudenken.
Viele Patente anzumelden gilt als innovativ. Zudem werden Wettbewerber durch taktische Patente in Schach gehalten, Lizenzen auf echte Patente bringen zusätzlich Geld. Haben kleinere Unternehmen eine realistische Chance gegen die Praxis der Konzerne?
Natürlich nicht; weder als Einzelerfinder noch als kleines Unternehmen, das innovative Produkte auf den Markt bringt. 50 Prozent der Anmeldungen erfolgen durch nur 3 Prozent der Anmelder, ein Drittel durch nur noch 0,3 Prozent, meistens Vielanmelder mit tausenden von Patenten. Der Mittelstand ist zwar Motor der Wirtschaft und beschäftigt die Mehrzahl der Ingenieure, er ist andererseits aber eher patentfreie Zone. Seine innovativen Produkte werden weniger durch asiatische Plagiate als durch angedrohte oder erhobene Verletzungsklagen des Wettbewerbs bedroht. Nach dem Trennungsprinzip urteilt das Verletzungsgericht auf Basis unzureichend geprüfter Patente oft schneller als das Patentgericht, das im Einspruchsverfahren eine intensive Prüfung der Rechtsmäßigkeit eines Streitpatents durchführt und evtl. korrigiert.
Der Schutz einer guten Erfindung ist wichtig und wird als gerecht empfunden. Der Schutz vor ungerechtfertigen Patenterteilungen wird aber zunehmend wichtiger, um Missbrauch zu vermeiden. Der Patentverein beobachtet und veröffentlicht Patentstreitfälle, in denen vor den Überprüfungen durch Patentgerichte bereits auf Verletzung entschieden wird, zudem in weitreichender Auslegung des Äquivalenzbegriffs.
Die Zahl der Fälle steigt bedenklich und lädt zu einer aggressiven Patenttaktik ein, so dass der innovative Mittelstand seine traditionell passive Rolle im Patentwesen aufgeben muss. Es sind gerade seine vielversprechendsten Produkte, deren störendes, weil strategisches oder Markt veränderndes Potenzial erkannt wird und gegen die sich der Angriff aus Patenten richten kann. Im Missbrauchsfall wird das ökonomische Ziel der Patentierbarkeit ins Gegenteil verkehrt: Patente behindern dann die Innovation direkt oder deren Vermarktung wird durch zweifelhafte Verwendungspatente behindert.