Auch Quantenmaterie kann verschiedene Aggregatszustände annehmen. Leider ist das aber nicht so einfach, wie etwa flüssiges Wasser zu erhitzen um Gas zu erhalten. Doch Forschern der Uni Hamburg ist es jetzt gelungen, einen bestimmen Zustand gezielt zu bewirken.
Wenn man Wasser in einen Gefrierschrank stellt, kristallisieren die Wassermoleküle und bilden Eis. Manchmal möchte man den Phasenübergang kontrolliert beeinflussen, um zum Beispiel Slushy-Eis herzustellen – ein Gemisch aus einer festen und einer flüssigen Phase.
Bei Quantenmaterie sind Phasenübergänge komplizierter. Quantenmaterie sind Stoffe, in denen das quantenmechanische Verhalten der Bestandteile, zum Beispiel der Wellencharakter der Elektronenbewegung, überwiegt. Auch gibt es einen besonderen Aggregatszustand: ein sogenanntes Suprafluid, bei dem jede innere Reibung verloren geht und dafür eine hohe Wärmeleitfähigkeit vorhanden ist.
Bisher war die Entstehung von Suprafluid nicht extern steuerbar, doch einem Team von Physikerinnen und Physikern um Prof. Dr. Ludwig Mathey und Prof. Dr. Andreas Hemmerich von der Universität Hamburg ist es nun gelungen, die kristalline Ordnung erfolgreich zu stören. Mit Hilfe von Licht konnte das Forscherteam verhindern, dass die Kristalle im Quantensystem die für sie typische Ordnung einnehmen.
Die Forscherinnen und Forscher brachten dazu eine Gaswolke aus kalten Atomen zwischen zwei hochreflektierenden Spiegeln ein. Ein externer Pumplaserstrahl wurde auf die Atomwolke gerichtet, wobei das Licht in einer bestimmten Frequenz schwang, um die kristalline Ordnung in kontrollierter Weise zu stören. Physikerinnen und Physiker benutzen den Begriff »Drive«, um diese Art von periodischen Änderungen zu beschreiben.
Ähnlich wie Wasser seine Phase von Flüssigkeit zu Eis ändern kann, zeigt dieses Licht-Materie-System einen Quantenübergang. Wenn die Intensität des Strahls stark genug ist, organisieren sich die ungeordneten Atome aus der Gasphase normalerweise spontan in einem kristallinen Schachbrettmuster. Diese Selbstorganisation verhindert die Entstehung eines Suprafluids, die durch die kristalline Ordnung unterdrückt wird. Die Forscherinnen und Forscher zeigten, dass man mit einer gezielten Variation der Frequenz die Balance zugunsten der Suprafluidphase kippen kann.
Das Prinzip, durch gezielten Einsatz von Licht eine Phase zu verstärken oder zu unterdrücken, wurde bereits in vielen Bereichen der Physik angewandt, etwa bei sogenannten Supraleitern. »Wir haben diese Art der Lichtsteuerung der Suprafluidität vorgeschlagen, um das Prinzip zu demonstrieren, das für die lichtinduzierte Supraleitung angenommen wird«, erklärt Ludwig Mathey.
Mit diesem Befund wird ein neues Kapitel der Festkörperphysik eröffnet, in dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht nur Gleichgewichtseigenschaften von Materie messen, sondern über Lichtsteuerung einen Zustand mit gewünschten Eigenschaften erzeugen können.