Eine andere Aquisition war die von Luminary Micro. Sie bezahlten nicht nur ungewöhnlich hohe 58 Mio. Dollar für ein Startup mit 4 Mio. Jahresumsatz, sondern mussten schon 2 Monate später 15 Mio. Dollar abschreiben. Und noch schlimmer: Ihre Stellaris-MCUs sind ja im Markt der Cortex-M3-basierenden Mikrocontroller weder in Bezug auf Rechenleistung noch in Bezug auf Energieverbrauch z.B. mit den Produkten von ST Microelectronics oder NXP wettbewerbsfähig. War der Kauf von Luminary Micro ein großer Fehler?
Ich beurteile diese Art von Aquisitionen nach 3 Jahren oder nach 5 Jahren. Wir wussten, worauf wir uns in Bezug auf die Leistungsaufnahme einlassen, aber wir wollten möglichst schnell diese Märkte bedienen können. Und woran wir jetzt arbeiten, sind Verbesserungen u.a. mit größerem Speicher und geringerer Leistungsaufnahme. Die Frage war, wie konnten wir seinerzeit unsere Vorhaben um 3 Jahre beschleunigen? Indem wir Luminary gekauft haben, haben wir nicht bei Null angefangen und 3 Jahre auf der Zeitachse gewonnen. Deswegen bin ich mit den Ergebnissen sehr zufrieden.
Sie geben also zu, dass Sie noch an der Rechenleistung und dem Ernergieverbrauch arbeiten müssen?
Ja sicher, aber Fakt ist, mit dem MSP430 haben wir es geschafft, uns als Hersteller von Low-Power-MCUs zu etablieren, d.h. wir haben das Wissen und die Leute, um derartige Produkte zu entwickeln, wenn wir die Basistechnologie bei uns im Hause haben. Was wir jetzt tun, ist, diese Low-Power-Skills auf unsere Stellaris-Familie zu übertragen. Das ist ja kein Geheimnis, was die Kunden wollen: Größere Speicher, geringere Leistungsaufnahme und mehr Peripherie wie Ethernet. Was unsere Wettbewerber nicht haben, ist unsere große Verkaufsorganisation überall auf diesem Planeten und die etablierte Beziehung zu sovielen Kunden. Und deswegen wird unser Marktanteil mit Stellaris auch stark wachsen.
Im Januar 2006 kaufte TI für 200 Mio. Dollar den norwegischen Hersteller von HF-Produkten, Chipcon. Jetzt hat dessen damaliger Gründer und CEO Geir Forre mit Energy Micro eine neue Firma gegründet, die extrem energiesparende Mikrocontroller und HF-Chips herstellt und in direkte Konkurrenz zu TI tritt. Denken Sie daran, Herrn Forre erneut ein Kaufangebot zu unterbreiten?
Wir haben sämtliche Komponenten im Hause, um gute Mikrocontroller als auch Wireless-Chips, bei denen wir in Bezug auf die geringste Leistungsaufnahme Marktführer sind, zu liefern – von WiFi über ZigBee bis hin zu Bluetooth und GPS. Sehen Sie sich doch unseren neuen CC1120 an, einen Single-Chip-Transceiver mit der weltweit geringsten Leistungsaufnahme.
Letztes Jahr habe ich ja in Nürnberg Ihren Principle-Fellow Gene Frantz getroffen, der den DSP für tot erklärte und sagte, dass man sich bei TI nunmehr auf Embedded.-System-Prozessoren konzentrieren werde, die Allzweck-Cores sowie DSP- und andere Hardware-Beschleuniger integrieren. Auf Ihrer Webseite bieten Sie aber nach wie vor DSPs an. Ist Gene der restlichen TI-Organisation Meilen voraus oder haben Ihre Vertriebsleute Ihr verändertes Produktangebot noch nicht mitbekommen?
Wenn Sie kreative Leute haben, sagen die einfach, was sie denken. Ich kenne Gene nun seit 25 bis 30 Jahre und er konnte seine Gedanken immer frei äußern. Er liebt es auch, zu provozieren. Wenn Sie Zeit mit ihm verbringen und 30 Jahre zurückdenken, wie die DSPs damals aussahen, und das heute mit Chips wie OMAP vergleichen, dann sehen Sie, dass die nichts mehr gemeinsam haben. Aber wenn Sie unser DSP-Team ansehen, und sich anschauen, wie die Leistungsaufnahme traditioneller DSPs um 90 % gesenkt wurde, dann können Sie heute damit Low-Power-Märkte bedienen, an die sich früher gar nicht denken konnten. DSPs sind sehr lebendig und selbst wenn Gene gerne provoziert und sich auf zukünftige Leading-Edge-Produkte konzentriert, werden wir sie genauso wie Mikrocontroller noch sehr, sehr lange sehen.
Ich kann also Ihren Kunden in Deutschland mitteilen, dass TI auch weiterhin DSPs anbietet und verkauft?
(lacht) Sie können sogar sagen, dass wir neue entwickeln!
Noch besser…
(lacht herzhaft) Noch besser !
Sie legen ja sehr viel Wert auf ein gesundes Arbeits-Freizeit-Verhältnis bei Ihren Mitarbeitern und haben dafür auch alle möglichen Maßnahmen ergriffen. Wie sieht es denn mit Ihrem eigenen Leben aus? Ist das auch ausgeglichen? Wenn Sie mit ihrer Familie in den Urlaub fahren, ist das richtiger Urlaub, oder nur teilweiser Urlaub mit vielen Telefonkonferenzen und Schreiben von E-Mail? Können Sie mir einen typischen Urlaubstag der Familie Templeton beschreiben?
(lacht) Sie wissen, das ich darüber nur sehr ungerne spreche. Was ich sagen kann, ist, ich liebe meine Arbeit wie auch die anderen TI-Mitarbeiter. Sie können nur gut arbeiten, wenn Sie in Ihrem Privatleben glücklich sind.Nehmen Sie an, Sie haben kleine Kinder und müssen mit denen nachmittags zum Sportverein, dann müssen Sie eben dahin gehen. Ich denke daher, was uns auszeichnet ist, dass wir nicht zu viele starre Regeln haben, sondern Mitarbeiter, die eigenverantwortlich ihre Arbeit machen. Neulich habe ich einen Mitarbeiter getroffen, der musste nachmittags um 4 zu einem Event seiner Kinder und hat dann abends um 9 an einer Telefonkonferenz mit Asien teilgenommen. Das gleiche gilt für mich: Wenn meine Arbeit getan ist, gehe ich nach Hause und wenn im Urlaub ein Notfall eintritt, führe ich eine Telefonkonferenz. In manchen Urlauben gibt es keine Notfälle und in manchen mehrere. Wir haben ja viel internationales Geschäft mit Asien und die beste Zeit für Telefonkonferenzen ist 7 Uhr abends, dann ist es Morgens in Asien. Ich sage meinen Leuten, bleibt nicht solange im Büro, geht nach Hause, genießt das Abendessen mit Euren Familien und macht dann die Telefonkonferenz.
Die meisten CEOs in der Chip-Industrie spielen Golf, Sie haben aber mal gesagt „Spiel, Satz und Sieg für ARM bei den Mobilgeräten“. Darf ich daraus schließen, dass Sie lieber Tennis als Golf spielen?
(lacht) Nein, ich betreibe und mag eine Menge unterschiedlicher Sportarten, und eine davon ist meine Arbeit.
Verraten Sie mir Ihr Golf-Handicap?
(lacht) Nein, ich habe keines – für mich ist Golf an sich ein Handicap.