Auch im Automotive-Segment zeichnen sich für 2011 interessante Entwicklungen ab: Die Liefersituation dort ist nach wie vor angespannt, erst zum Ende des 2. Quartals wird mit einer spürbaren Entspannung gerechnet. Für weitere Belebung auf dem Automotive-MEMS-Markt dürften zudem neue gesetzliche Regelungen sorgen: So ist in Korea die Entscheidung für den Einsatz von ESC und TPMS gefallen. In Japan hat man sich für ESC entschieden, eventuell kommt auch noch eine entsprechende Vorschrift für den Einsatz von TPMS.
Für Dynamik haben auch Make-it-or-leave-it-Entscheidungen gesorgt, die 2010 getroffen wurden, und die Auswirkungen über 2011 hinaus haben dürften: So setzt STMicroelectronics ganz klar auf dreiachsige Drehratensensoren und wird damit 2011 wohl allein 100 Mio. Dollar Umsatz erzielen. Damit dürfte ST seinen MEMS-Umsatz im neuen Jahr voraussichtlich um über 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigern. Für Infineon Technologies wiederum hat es sich als absolut richtige Entscheidung erwiesen, MEMS-Dies zu verkaufen, deren Packaging dann die Kunden übernehmen. Über 60 Mio. Dies hat Infineon auf diese Weise 2010 verkauft und damit auch den Weg ins iPhone 4 gefunden. Analog Devices schließlich hat 2010 erfolgreich die nötigen Maßnahmen eingeleitet, um sich zukünftig mit seinen MEMS-Produkten vor allem im High-End-Bereich der Consumer-Anwendungen zu positionieren. NXP hat mit dem Verkauf seiner MEMS-Mikrophone-Aktivitäten an Knowles die Konsequenzen aus dem seit langem verschobenen Ramping seiner Produkte gezogen. Für Epcos und WiSpry, dürfte das Jahr 2011 zur endgültigen Bewährungsprobe für ihre RF-MEMS-Anstrengungen werden.
2011 dürfte auch Klarheit bezüglich der MEMS-Ambitionen einiger Unternehmen bringen, die sich bisher eher bedeckt hielten. So wird das Start-up Qualtre mit 3-achsigen Gyroskopen für Consumer-Anwendungen auf den Markt kommen. IBM dürfte sein MEMS-Foundry-Angebot nicht nur auf RF-MEMS beschränken, sondern auf alle Technologien für RF FEM ausdehnen. HP ist derzeit sehr aktiv im Bereich Inertial-Sensoren für High-End-Applikationen. TI hingegen agiert, was seine MEMS-Aktivitäten neben DLP betrifft, weiterhin im Stealth-Modus. Das neue Jahr könnte aber auch Klarheit hinsichtlich der Absichten von Maxim und IDT bringen, die bislang immer nur als Beobachter zu sehen waren.
Das zum Ende des Jahres 2010 kräftig in Schwung gekommene Akquisitions-Karusell dürfte auch 2011 seine Dynamik beibehalten. Kurz vor Weihnachten hatte noch NXP den Verkauf seiner MEMS-Mikrophon-Aktivitäten an Knowles bekannt gegeben. In den Monaten zuvor hatte sich SiLabs bereits Silicon Clocks einverleibt, Tessera hatte Siimpel übernommen und Teledyne Dalsa.
Angesichts der Tatsache, dass Start-ups, die schon mehrere Jahre am Markt aktiv sind, derzeit nur schwer Investoren aus dem Venture-Capital-Bereich finden, und derzeit eine Reihe von Investoren nach einer Exit-Strategie für ihr MEMS-Investment suchen, zeichnet sich immer mehr ein Trend zum strategischen Investment von Systemherstellern im MEMS-Bereich ab. Herausragend sind dabei wohl die 60 Mio. Dollar des amerikanischen Medizinunternehmens ST Jude in CardioMEMS. St Jude hat sich zudem eine Option gesichert, CardioMEMS für 375 Mio. Dollar zu übernehmen. Käme es dazu, wäre das die zweitgrößte Akquisition in der an sich noch jungen Geschichte der MEMS-Industrie. Strategische Investitionen sind auch im Bereich optische MEMS durch Telekom-System-Firmen wie Oclaro und Xtellus zu beobachten.