Neben den Akquisitionen, wie sieht die Strategie für das angesprochene interne Wachstum aus? Worauf setzten Sie dabei vor allen Dingen?
Als Broadliner, der dem Kunden als One-Stop-Engineering-Partner sowohl bei aktiven, wie bei passiven Bauelementen unterstützen kann, liegen unsere Stärken in Europa und Amerika in drei Applikationsbereichen: Alternative Energieerzeugung in Form von PV-Strom und Windkraft, in weißer Ware und in Automotive. Genau diese Stärken gilt es in Zukunft weiter auszubauen. Um dies zu ermöglichen, haben wir nicht nur seit dem Ende 2009 unsere Ressourcen für Forschung & Entwicklung um 15 Prozent aufgestockt, sondern wir haben auch kontinuierlich in den Ausbau unserer Fertigungskapazitäten für unsere erfolgreichsten Produkte wie etwa High-Voltage Superjunction und Low-Voltage MOSFETs, Leistungsinduktivitäten oder Leistungskondensatoren investiert. Unsere CapEx-Ausgaben haben sich in diesem Jahr bei rund 150 Millionen Dollar bewegt, in nächsten Jahr werden es zwischen 170 und 180 Millionen Dollar sein.
Damit sind die Ziele für Europa und Amerika benannt. Wie sieht die Wachstumsstrategie für China, Indien, oder andere wichtige Schwellenländer aus?
Wenn Sie unsere regionale Umsatzverteilung betrachten, dann haben wir im Vorjahr 22 Prozent unseres Umsatzes in Nordamerika erzielt, 40 Prozent in Europa und 38 Prozent unseres Umsatzes in Asien. In Asien hatten wir in den letzten Monaten eine Situation, die bei den Distributoren eine Book-to-Bill-Ratio von 0,65 aufwies! Die Situation in Asien spiegelt aber auch ganz klar die dortige Sorge um die Situation in den USA und Europa wider. Unabhängig von einer sich dort abzeichnenden Normalisierung der Lage, gehe ich aber davon aus, dass wir das Potenzial speziell des chinesischen Marktes, was Produkte für den Industriemarkt betrifft, bisher noch nicht einmal im Ansatz erfasst haben. Zum Thema Indien kann ich nur sagen, dass sich die mit diesem Markt verbundenen, in den letzten Jahren geschürten Hoffnungen bisher nicht erfüllt haben. Indien läuft China immer noch weit hinterher. Wesentlich interessanter entwickelt sich aus meiner Sicht dagegen das Schwellenland Brasilien.
Aber würden Sie mit Komponenten für den Industriemarkt nicht in direkte Konkurrenz zu etablierten chinesischen Herstellern treten, oder sieht die Situation in diesem Marktsegment anders aus als bei Produkten für die Konsumer-Elektronik, oder den Automotive-Bereich?
Es sind in China in den letzten Jahren mehr Mitspieler entstanden, als wir ursprünglich erwartet haben, die nötigen Mittel und der Wille, sich im Bauelemente-Bereich zu etablieren ist da. Aber bei den in China anstehenden gigantischen Infrastrukturmaßnahmen, setzen die Verantwortlichen auf westliche Lösungen und Standards. Damit bietet China, aber auch die übrigen interessanten Schwellenländer für diese Produkte dieselben Margen, wie die westlichen Industrienationen. Allerdings lässt sich dieser Markt nicht von außen, oder nur über die Distribution erschließen. Wir bauen deshalb speziell im Industrieelektronikbereich unseren technischen Vertrieb in China massiv aus. Ich bin davon überzeugt, dass es dort ein Potenzial zu heben gibt, von dem wir uns heute noch keine konkrete Vorstellung machen können.
Aktuell wird viel über die Absatzkrise der Automobilindustrie gesprochen. Gleichzeitig werden offenbar intensive Anstrengungen zur Etablierung eines zweiten Bordnetzes mit 48 V vorangetrieben. Wie beurteilen Sie die aktuellen Entwicklungen im Automotive-Bereich?
Zusammen mit Computing stellt der Automotive-Bereich mit 18 Prozent Umsatzanteil für uns das zweitgrößte Absatzsegment nach der Industrieelektronik dar. Für mich stellt sich die Stimmung im Automotive-Bereich trotz der angesprochenen Absatzprobleme nach wie vor als zuversichtlich dar. Bezüglich der 48-V-Anstrengungen kann ich nur feststellen, dass es der Automobil-Branche dieses Mal offensichtlich ernst ist und die Etablierung eines zweiten Bordnetzes unmittelbar bevor steht. Aber anders als vor über 10 Jahren, als sich die Hersteller aktiver und passiver Bauelemente schon einmal auf ein 42-V-Bordnetz einstellten, wird dieses Mal nichts übers Knie gebrochen und das 48-V-Netz wird nur für die großen Verbraucher zuständig sein, während die kleineren Verbraucher nach wie vor am 12-V-Bordnetz hängen werden.
Speziell in Deutschland ist die Euphorie um die Erneuerbaren Energien zuletzt einer gewissen Ernüchterung gewichen. Im Vordergrund stehen inzwischen mehr die Kosten, als die Notwendigkeit der Energiewende. Droht dieser Wachstumsmarkt einzubrechen?
Ich denke, dass sich in der angesprochenen Ernüchterung teilweise europäische Nabelschau niederschlägt. Angesichts einer wachsenden Weltbevölkerung und dem damit verbundenen steigenden Energienachfrage dürfte kaum ein Weg an alternativen Wegen der Energiegewinnung wie Windkraft und Photovoltaik vorbeiführen. Festhalten muss man aber auch, dass diese Technologien inzwischen einen Reifegrad erreicht haben, dass sich auch außerhalb Europas hergestellt werden können. Für uns verschieben sich damit vielleicht Umsatzanteile in der globalen Verteilung, an der wachsenden Bedeutung des Themas Energieeffizienz für unsere gesamte Branche ändert das aber nichts, und wir können unsere Erfahrung in der Herstellung und der Auswahl von Hochspannungsbauteilen und sicherheitsgeprüften Komponenten in neue Anwendungsbereiche übertragen.