Chief Economists Outlook: Die nachlassende Inflation und der starke Welthandel nähren einen vorsichtigen Optimismus für den Aufschwung, doch die hohe Verschuldung bereitet sowohl in den fortgeschrittenen (53 %) als auch in den sich entwickelnden Volkswirtschaften (64 %) zunehmend Sorgen.
Der Bericht, der auf einer Umfrage unter führenden Chefvolkswirten beruht, hebt hervor, dass die Verschuldung und die fiskalischen Herausforderungen die Volkswirtschaften weltweit erheblich unter Druck setzen und sie anfällig für künftige Krisen machen. Eine wachsende Sorge ist eine potenzielle »fiskalische Klemme«, bei der steigende Kosten für den Schuldendienst die Regierungen daran hindern, in wichtige Sektoren wie Infrastruktur, Bildung und Gesundheitswesen zu investieren. In den sich entwickelnden Volkswirtschaften erwarten 39 Prozent der Ökonomen einen Anstieg der Zahlungsausfälle im nächsten Jahr.
»Die Weltwirtschaft mag sich stabilisieren, aber die fiskalischen Herausforderungen stellen weiterhin erhebliche Risiken dar«, sagte Saadia Zahidi, Geschäftsführerin des Weltwirtschaftsforums. »Die Bewältigung dieser Herausforderungen erfordert koordinierte Anstrengungen von politischen Entscheidungsträgern und Interessengruppen, um sicherzustellen, dass die wirtschaftliche Erholung nicht durch diesen Druck untergraben wird. Jetzt ist es an der Zeit für pragmatische Lösungen, die sowohl die fiskalische Widerstandsfähigkeit als auch das langfristige Wachstum stärken können.«
Die globalen Wirtschaftsaussichten sind in den einzelnen Regionen sehr unterschiedlich. In den Vereinigten Staaten erwarten fast 90 Prozent der Chefvolkswirte ein moderates oder starkes Wachstum in den Jahren 2024 und 2025, was die Zuversicht auf eine »weiche Landung« nach einer Periode der straffen Geldpolitik widerspiegelt. Etwa 80 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass der Ausgang der Wahlen in den Vereinigten Staaten die globale Wirtschaftspolitik erheblich beeinflussen wird, wobei viele wahlbedingte Risiken als eine der Hauptsorgen für das kommende Jahr anführen.
Im Gegensatz dazu erwarten fast drei Viertel der Befragten ein schwaches Wachstum in Europa für den Rest des Jahres. Auch China hat nach wie vor mit Problemen zu kämpfen: Fast 40 Prozent der Wirtschaftsexperten prognostizieren sowohl für 2024 als auch für 2025 ein schwaches oder sehr schwaches Wachstum.
Andernorts sind die Wachstumsaussichten uneinheitlich. In den afrikanischen Ländern südlich der Sahara wird ein moderates oder stärkeres Wachstum erwartet, wobei die Erwartungen von 55 Prozent im Jahr 2024 auf 71 Prozent im Jahr 2025 steigen. Die Region Naher Osten und Nordafrika ist nach wie vor unsicher, während für Lateinamerika eine bescheidene Verbesserung erwartet wird, mit einem leichten Anstieg des Wachstums im Jahr 2025. Südasien sticht ebenfalls hervor: Mehr als 70 Prozent der Ökonomen prognostizieren für 2024 und 2025 ein starkes oder sehr starkes Wachstum, das von der robusten Entwicklung Indiens angetrieben wird.
Die Inflation lässt weltweit weiter nach, und viele Chefvolkswirte äußern sich optimistisch für das nächste Jahr. In den USA geht der Anteil der Chefvolkswirte, die eine hohe Inflation erwarten, von 21 Prozent im Jahr 2024 auf 6 Prozent im Jahr 2025 zurück. Für Europa wird ein ähnlicher Trend erwartet, wobei die hohen Inflationserwartungen von 21 Prozent in diesem Jahr auf 3 Prozent im nächsten Jahr zurückgehen, was die politischen Entscheidungsträger etwas entlastet.
Während die Mehrheit der Chefvolkswirte (54 Prozent) davon ausgeht, dass der Zustand der Weltwirtschaft kurzfristig stabil bleibt, rechnen 37 Prozent mit einer Abschwächung, während nur 9 Prozent eine Verbesserung erwarten.
Die politischen Entscheidungsträger stehen zunehmend unter dem Druck, das Wirtschaftswachstum mit anderen Prioritäten wie ökologischer Nachhaltigkeit, wirtschaftlicher Gleichheit und sozialem Zusammenhalt in Einklang zu bringen. Zwei Drittel der Befragten stimmen zu, dass Fortschritte bei diesen Zielen notwendig sind, auch wenn sie das Wachstum verlangsamen. Allerdings sind nur 12 Prozent der Meinung, dass die derzeitigen Bemühungen wirksam sind.
Politische Polarisierung (91 Prozent) und der Mangel an globaler Zusammenarbeit (67 Prozent) werden als Haupthindernisse für Fortschritte bei einem ausgewogeneren Wachstum genannt. Angesichts zunehmender geopolitischer Spannungen und innenpolitischer Spaltungen erscheinen die Aussichten auf kurzfristige Verbesserungen jedoch düster.
Ein größerer politischer Konsens und internationale Zusammenarbeit sind laut dem neuen Bericht unerlässlich, um die Qualität und Quantität des Wachstums auszugleichen.
Mit Blick auf die Zukunft wird in dem Bericht hervorgehoben, dass die Länder aufgrund des begrenzten finanzpolitischen Spielraums schlecht auf künftige Krisen vorbereitet sind, insbesondere die Entwicklungsländer (82 Prozent) im Vergleich zu den fortgeschrittenen Volkswirtschaften (59 Prozent).
Die wachsende Schuldenlast stellt nicht nur eine kurzfristige Bedrohung für die makroökonomische Stabilität dar, sondern behindert auch die Fähigkeit der Länder, langfristige Herausforderungen wie Klimawandel, demografische Veränderungen und sozialen Zusammenhalt anzugehen. Wenn die Schuldentragfähigkeit weiterhin eine erhebliche Einschränkung für die Ausgabenfähigkeit der Länder darstellt, könnten die Volkswirtschaften Schwierigkeiten haben, ein nachhaltiges Wachstum aufrechtzuerhalten und gleichzeitig diese drängenden globalen Probleme zu bewältigen.