Prof. Hubert Lakner, Chef der Mikroelektronik-Gruppe des Fraunhofer-Instituts, stellte für Europas Zukunft die sogenannten "Smart Systems" in den Vordergrund. Ausgehend von der Tatsache, dass "More Moore", also das Schrumpfen der Prozessgeometrien, "mehr oder weniger" nach Asien und in die USA abgewandert ist und Europa immer noch bei More than Moore, also den Mikrosystemen führend ist, schlug Lakner vor, sich anstatt auf diese beiden Ansätze zukünftig auf "Smart Systems" zu fokussieren, die beides brauchen - Mikrosysteme und schrumpfende Prozessgeometrien.
Seine Vision sind intelligente und kontextsensitive Anwendungen für die Kommunikation zwischen Menschen, Maschinen untereinander und Menschen und Maschinen. Die Basis für solche Systeme sind weitere Miniaturisierung sowie die heterogene Integration sowie funktionale Erweiterung von heutiger Elektronik und Mikrosystemen. Beispiele könnten Systeme direkt im Motor eines Autos oder dessen Räder sein - statt in diskreten Steuergeräten, wie es heute der Fall ist.
Um die gesamte Wertschöpfungskette abbilden zu können, bedarf es laut Lakner einer europäischen Foundry für Smart Systems. Zudem könne die große Bandbreite von Technologien und Lösungen nicht von einem Forschungsinstitut alleine abgebildet werden, vielmehr müssten unterschiedliche Kompetenzen gebündelt werden.
Lakner hält die europäischen Forschungsinstitute wie Fraunhofer sowohl für die EU als auch für die Industrie für unerlässlich, um die begonnene Transformation der Gesellschaft zu realisieren - einer Meinung, der sich wenig überraschend auch seine Kollegen von LETI und IMEC anschlossen.
More-than-Moore-Technolgien sind auch nach Ansicht von Bosch-Geschäftsführer Dr. Dirk Hoheisel Schlüssel nicht nur, aber auch für die Automobil-Industrie. Die erreichten Fortschritte erklärte er am Beispiel eines ESP-Systems, das ins einer 1. Generation mit einem 6-bit-Prozessor und 2 KB Speicher ausgeliefert wurde. In seiner neuesten Ausführung kommt es mit 32-Prozessor und 2 MB Speicher und wiegt dabei nur noch 1,6 Kg. Hoheisel stellte dabei heraus, dass das Schrumpfen von More than Moore mit gleicher Geschwindigkeit abläuft wie bei reinen CMOS-Chips - allerdings gibt es mehr Parameter zu beachten, wie z.B. die Dicke des Packages. Weitere Herausforderungen sind die Integration unterschiedlicher Komponenten (Digital, Analog, Leistungselektronik).
Sein Fazit: More-than-Moore-Technologien sind Innovations-Treiber für elektronikbasierte Applikationen, für europäische Firmen sei es zudem essentiell, mit neuen Lösungen als erste auf den Markt zu kommen - was bedeutet, dass die Innovationsgeschwindigkeit von der Forschung bis hin zum Produkt kriegsentscheidend ist. Hoheisel stellte aber auch heraus, dass Investitionen in More than Moore hohes unternehmerisches Risiko mit enormem Potential verbinden. Daher seien privat- staatliche Parnterschaften von der Forschung über die Pilotlinien bis zur Produktion der beste Ansatz, um die Risiken und Erfolge von industriellen Wertschöpfungsketten auf Basis von More than Moore zu teilen.