Zuerst urteilt ein US-Bundesgericht, die US-Regierung hätte Zölle zu unrecht verhängt, einen Tag später hebt ein höheres Gericht die Entscheidung wieder auf – fast.
Das zuständige Gericht für internationalen Handel in New York ordnete am Mittwoch an, dass fast alle von Trumps Regierung erlassenen Zölle vorerst »aufgehoben und ihre Anwendung dauerhaft untersagt« werden müsste. Das umfasste die Strafabgaben, die der Republikaner am von ihm so bezeichneten »Tag der Befreiung« Anfang April verhängt hatte, aber auch bestimmte Zölle auf Waren aus Kanada, Mexiko und China.
Das Gericht hatte der Regierung die Befugnis abgesprochen, weitreichende Zölle unter Berufung auf ein Notstandsgesetz zu verhängen. Sie war hatte sofort Berufung eingelegt – mit Erfolg.
Denn jetzt hat ein Bundesgericht entschieden, das Verbot der Zölle bis auf weiters auszusetzen – solange bis das Gericht die Berufungsanträge geprüft habe.
Trumps Sprecherin Karoline Leavitt schimpfte wie schon in früheren Fällen laut über die Richter in New York, die »schamlos ihre richterliche Macht missbraucht« hätten, um Entscheidungen von Präsident Trump an sich zu reißen.
Aber auch die Anordnung des Berufungsgerichts, das die Blockade der Zölle nun aufhob, dürfte noch längst nicht das letzte Wort sein. Letztlich könnte der Fall vor dem Obersten US-Gericht – dem Supreme Court – landen. Hier hat Trump die Mehrheit während seiner ersten Amtszeit aufgrund mehrerer Nachbesetzungen weit nach rechts verschoben.
Trump kann zudem versuchen, die Zölle auf Grundlage eines anderen gesetzlichen Rahmens zu verhängen. Trumps Sprecherin deutete an, dass dies eine Option für den Republikaner sei. Sollte er dies tun, ist es wahrscheinlich, dass dagegen wieder geklagt wird. Die Unsicherheit für Handelspartner, Verbraucher und Märkte dürfte also absehbar bestehen bleiben. Wie groß sie ist, zeigt die Entwicklung im Dax: Der deutsche Leitindex reagierte auf das erste Urteil gegen Trumps Zollpolitik kaum und schloss schließlich leicht im Minus.
Seine Zollpolitik ist für Trump innenpolitisch riskant – auch wenn der Republikaner davon nichts wissen will. Denn ein Importzoll funktioniert ähnlich wie eine Steuer. Die Abgabe muss vom importierenden Unternehmen an den Staat gezahlt werden – in diesem Fall also von Firmen in den USA. Üblicherweise geben importierende Unternehmen die höheren Kosten an die Verbraucher weiter. Das wiederum kann die Inflation anheizen.
»Für die EU und andere Exporteure bietet das Urteil keinen Anlass zur Beruhigung«, hatte Laura von Daniels von der Stiftung Wissenschaft und Politik schon nach dem ersten Urteil betont. Sie verweist auf andere Gesetze neben dem Notstandsgesetz, die Trump nutzen könnte, um Zölle zu verhängen. »Dafür muss er den Kongress zwar beteiligen und die Umsetzung dauert dann etwas länger«, führt sie aus. Einmal eingeführt, würden die Zölle dann aber über viele Jahre erhalten bleiben.
Auch der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, betont: »Gewiss ist, dass die Ungewissheit hoch bleibt.« Den Zeitungen der Funke Mediengruppe sagte Hüther, es bleibe ein »Vertrauensschaden, den die Handelspolitik im Zusammenspiel mit fragwürdig gewordenen Sicherheitsversprechen und Spekulationen über die Rolle des US-Dollar als Weltwährung angerichtet hat«. Deutschland und Europa müssten sich auf die eigenen Stärken besinnen.
Sowohl die Bundesregierung als auch die EU äußerten sich bisher zurückhaltend. Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums teilte in Berlin mit, man könne laufende gerichtliche Verfahren in den USA nicht kommentieren. »Wir setzen weiter darauf, dass eine für beide Seiten gute Lösung in den Verhandlungen zwischen der EU-Kommission und der US-Regierung erzielt werden kann«, hieß es.
Die für Handelspolitik zuständige EU-Kommission wollte den Fall ebenfalls zunächst nicht kommentieren. Sie verhandelt derzeit mit der US-Regierung über einen möglichen Deal zur gegenseitigen Aufhebung von Zöllen und anderen Handelsbeschränkungen.