Elektronik: Thema EEG: Bei Ihrer Bilanzpressekonferenz haben Sie gesagt, ich lasse mich nicht gerne aus Deutschland vertreiben, mit der Betonung auf gerne. Fakt ist ja, Infineon steht nicht auf der Liste, der Ausnahmen, ganz im Gengensatz zum Beispiel zu X-Fab. Da schließt sich natürlich die Frage an. Warum hat es ein X-Fab geschafft und ein Infineon nicht, dort auf diese Liste zu kommen? Und, was sind für Sie mittel- und langfristig die Konsequenzen, wenn sie entsprechenden Belastungen auch zukünftig ausgesetzt sein werden?
Ploss: Die Mehrbelastungen unserer deutschen Produktionsstandorte durch hohe Strompreise sind durchaus erheblich; gegenüber Österreich etwa 25 Millionen Euro mehr und gegenüber Malaysia etwa 30 Millionen Euro mehr. Diese Mehrbelastung können wir möglicherweise mit technischen Mitteln reduzieren; da werden wir uns etwas überlegen. Das verringert eventuell das Problem von Infineon, das löst aber nicht das große Problem Deutschlands. Ich investiere unser Geld lieber in Forschung und Entwicklung als in die Finanzierung des EEG. Wir müssen wegkommen von „immer mehr erneuerbare Energien anbieten“ und stattdessen hinkommen zu „mehr erneuerbare Energien nutzen“. Erzeugung, Transport und Nutzung muss zu einem gesamtheitlichen Denken verschmelzen, auch auf europäischer Ebene. Ich würde eher Geld in die Hand nehmen, um zu überlegen, wie die Energie zwischengespeichert werden kann, um sie anschließend stetig und kontrolliert ins Netz abfließen zu lassen. Neben den erneuerbaren Energien genauso viele konventionelle Kraftwerke hinzustellen, um Spitzenlasten abzufedern, ist eine Investition ins Nichts. Wir brauchen in Deutschland eine sichere und bezahlbare Versorgung mit Energie. Unser energiewirtschaftliches System muss auf den Prüfstand.
Elektronik: Nochmal zurück zum Thema X-Fab versus Infineon. Warum müssen Sie die EEG-Umlage bezahlen und X-Fab nicht?
Ploss: Die bittere Wahrheit ist: Wir treiben dazu zu viel Forschung und Entwicklung. Wir haben zu hohe Personalkosten, die mit der Fertigung nichts zu tun haben. X-Fab hat einen deutlich höheren Fertigungsanteil bezogen auf die Gesamtkosten und überschreitet damit die Hürde, wir nicht.
Elektronik: Was die nationale Förderung angeht, habe ich den Eindruck, dass Deutschland primär durch das Bundesland Sachsen vertreten wird. Von der bayerischen Regierung höre ich wenig, was verwunderlich ist, da Infineon ja ein DAX-Konzern mit 26.700 Mitarbeitern ist. Wie stellt sich das ganze für Sie dar?
Ploss: Wir sind recht umfänglich in Bayern vertreten. Mein Eindruck ist allerdings auch, dass Bayern mehr tun könnte, um die hier ansässige High-Tech-Industrie zu unterstützen. Bayern tut einiges für kleine Unternehmen und den Mittelstand. Sie dürfen eines nicht unterschätzen: Internationale Bedeutung erfordert an der einen oder anderen Stelle auch ein global führendes Unternehmen zu haben. Die Automobilindustrie gibt z.B. auf Grund ihrer Gesamtgröße den globalen Takt an, das kann der meist auf Nischen spezialisierte Mittelstand nicht leisten. In einem Gespräch mit Frau Aigner hatte ich den Eindruck, dass das Bundesland Bayern die Belange seiner Großkonzerne verstehen will und sie einlädt, Vorschläge zu machen, was wir sehr begrüßen. Wir haben da gute Ideen speziell im Bereich Security. Im Bereich Internet-of-Things muss Deutschland aufpassen, dass es nicht abgehängt wird. Es wäre nicht uninteressant, hierzu in Bayern ein Gründerzentrum zu installieren ähnlich dem, wie wir es in Berlin haben.
Elektronik: Werden Sie das auch Frau Aigner so mitgeben?
Ploss: Sicherlich. Was wir ebenfalls adressieren werden, ist die Weiterentwicklung des Sicherheitsclusters München und auch die Positionierung von Leuchtturmprojekten. Hier sind Wissenschaft und Wirtschaft eine gute Partnerschaft eingegangen. Hier müssen wir aber größer denken Bayern – Deutschland – EU, Bayern hat hier eine gute Chance eine führende Rolle einzunehmen.
Elektronik: Das EU-Förderprogramm „Horizont 2020“ bedeutet gegenüber 2012 auf das einzelne Jahr bezogen sogar eine Reduktion der Fördermittel. Wie kommentieren Sie das und wo sehen Sie Verbesserungsansätze?
Ploss: Erstmal freue ich mich über das Kommitment zur Mikro- und Nanoelektronik. Dafür, dass es sich um eine Schlüsselindustrie handelt, wird aber zu wenig Geld in die Hand genommen. Frau Kroes denkt sehr viel in Produktion, wir müssen aber im „ganzheitlichen Ansatz der Wertschöpfung“ denken. Viele meinen, dass sich die Entwicklung dort ansiedelt, wo die Produktion ist. Ich behaupte etwas Anderes: Dort, wo die Technologieentwicklung ist, wird auch die Produktion sein. Dass diese später, wenn sie ausgereift ist, auch an günstigere Standorte wandert, ist eine gängige Entwicklung.