Weltregionen wie Amerika und Europa wollen die Chipproduktion zurückholen, um sich unabhängiger zu machen. Dennoch: Die eigentliche Stärke besteht in der Kooperation - nur so können die Chip Acts funktionieren.
Wer in der vergangenen Woche die productronica und die parallel dazu veranstaltete SEMICON Europa besucht hat, dem dürfte aufgefallen sein, dass eines auf beiden Messen im Vordergrund stand: Kollaboration – nicht Entkopplung.
Dass in der Politik der Länder in verschiedenen Weltregionen angekommen ist, wie wichtig ICs sind, zeigen die Chips Acts. Ihre Aufgabe ist es, Innovationen zu beschleunigen – allerdings nicht, alle Regionen vollkommen autark zu machen. In einer Welt, die die großen Krisen stark unter Druck setzen, käme es erst recht auf breite Kollaboration an, sagte Luc Van den hove, CEO des IMEC, in seiner Keynote zur Eröffnung der SEMICON Europa.
Ob es um Verbesserungen im Gesundheitswesen, um die Zukunft der Mobilität, um die Reduktion von CO2 oder PFAS geht – keine Weltregion wäre allein in der Lage, die dazu erforderlichen Innovationen zu schaffen. Jede Region hat ihre Stärken, folglich beflügeln Kooperationen und die Zusammenarbeit über viele verschiedene Disziplinen die Innovationen – und sorgen dafür, dass sie auch bezahlbar sind.
Und noch etwas wurde in München sehr deutlich: Um zu funktionieren, müssen die Chips Acts das gesamte Ökosystem der Elektronik abbilden. Es geht also bei Weitem nicht nur um Fabs für die Produktion von ICs auf Wafern. Es geht um die gesamte Wertschöpfungskette, von den Materialien über die Frontend-Fertigung bis zu Packaging, Assembly und Test, umfasst aber genauso die Leiterplatten und die EMS-Fertiger sowie die dazugehörigen Maschinen.
Wie die verschiedenen Disziplinen zusammenwachsen, auch das war in München zu sehen. Das Advanced Packaging etwa lässt die Grenzen zwischen Backend- und Frontend-Fertigung verschwimmen. Die beiden Messen, die in diesem Jahr das siebte Mal gemeinsam in München stattfanden, passen also auch thematisch gut zusammen.
Jetzt kommt es also darauf an, der Politik klarzumachen: im Rahmen der Chips Acts muss das gesamte Ökosystem mitgenommen werden. Die Chips Acts bieten eine riesige Chance, um mithilfe der Elektronik die Innovationen zu schaffen, die dazu beitragen, die großen Zukunftsfragen beantworten zu können.
Aber eben nur, wenn die Chips Acts intelligent umgesetzt werden, wenn sie die Stärken aller zusammenführen und das gesamte Ökosystem einbeziehen. Wenn das nicht gelingt, werden die Chips Acts das Gegenteil erreichen: die Innovationen gehen zurück und die Kosten steigen.