Silicon Valley-Legende

Charlie Sporck stirbt mit 96

29. Oktober 2024, 14:43 Uhr | Heinz Arnold
Charlie Sporck, 1927 bis 2024
© Th Chip History Center

Charlie Sporck, CEO von National Semiconductor von 1967 bis 1991, ist im Alter von 96 Jahren gestorben. Er war eine Legende des Silicon Valley und gilt als einer der Gründerväter der Halbleiterindustrie.

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Der Erfolg war Charlie Sporck nicht in den Schoß gelegt. Er kam aus kleinen Verhältnissen: Am 15. November 1927 wurde er in Saranac/New York geboren. Sein Vater war Taxifahrer, seine Mutter führte die Tankstelle der Familie. Doch gerade seine einfache Erziehung war aus seiner Sicht die Ursache für seine späteren Erfolge – und dass er von seinem Vater, der Mechaniker war, lernte, wie Autos repariert werden, weshalb er später Maschinenbau studierte.

Sportlichkeit und frühe Liebe: Die Jugendjahre von Charlie Sporck

Charlie Sporck war als Kind sehr sportlich und spielte gerne Fußball und Basketball. Während der Sommermonate in der High School arbeitete Charlie mit seinen Freunden als Rettungsschwimmer am Strand des Lake Flower. Eines Tages entdeckte er bei seiner Arbeit ein Mädchen namens Jeanine Wamsganz, das ihm gefiel. Charlie erinnerte sich gerne daran, wie er zu seinem Freund sagte: »Siehst du das schöne Mädchen da drüben? Ich werde sie heiraten!« 1949 fand die Hochzeit statt und das Paar blieb fortan zusammen.

In Gedenken an Charlie Sporck

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Doch zunächst kam der Abschluss an der Saranac Lake High School im Jahr 1945 diente Sporck in der US-Armee. 1947 nahm er das Maschinenbaustudium an der Cornell University auf, das die Armee finanzierte, und das er 1950 mit einem Bachelor abschloss. Schon während dieser Zeit arbeitete er bei General Electric, und hier trat er auch seine erste Stelle an. Er durchlief Management-Trainings und sammelte als Produktionsleiter in der Kondensatorabteilung Erfahrung in der Fertigung. Doch weil GE eine von ihm vorgeschlagene neue Produktionsmethode nicht umsetzen wollte, kaufte er auf dem Heimweg eine Zeitung und las dort, dass eine Firma namens Fairchild einen Produktionsleiter für die neu gegründete Semiconductor Division suchte. Schnell wurde er sich mit dem Management einig – der Start einer steilen Karriere in der damals entstehenden Halbleiterindustrie.

Das Silicon Valley ruft: Der Umzug nach Mountain View

Der Einstieg bei Fairchild bedeutete auch: Umzug vom Staat New York ins Silicon Valley nach Mountain View, damals ein kleines Städtchen mit 30.000 Einwohnern, wo es neben der neu gegründeten Division von Fairchild nur noch einen Halbleiterhersteller gab: Shockley Semiconductor. Bei Fairchild kam er in engen Kontakt zu den übrigen Branchenlegenden wie Bob Noyce und Gordon Moore, die später Intel gründeten, sowie Jerry Sanders, der Gründer von AMD. Die drei blieben lebenslange Freunde. Während dieser Zeit entwickelten Jean Hoerni und Bob Noyce bei Fairchild den Planarprozess und den integrierten Schaltkreis. Bei Fairchild war Sporck für die Fertigung zuständig, die damals eher einem Labor glich. Er brachte die Fertigung vom Labor in die Fab.

Doch der Anfang bei Fairchild war ein Sprung ins kalte Wasser: »Die Halbleiter kamen mir seltsam vor, ich wusste nicht, was genau sie waren und wie sie funktionierten. Alles, was ich heute über Halbleiter weiß, lernte ich im Job«, sollte sich Charlie Sporck später erinnern. Offenbar konnte er die Erfahrungen, die er in der Produktion von GE machte, auch auf die Halbleiterfertigung anwenden. Sporck stieg jedenfalls bei Fairchild schnell auf. Er baute die ersten Test- und Assembly-Werke außerhalb der USA auf, das erste in Honkong, und war zum General Manager avanciert, als er 1967 überredet wurde, das Amt des CEO beim damals fast bankrotten IC-Hersteller National Semiconductor zu übernehmen. Zur gleichen Zeit verließen auch Andy Grove und Gordon Moore Fairchild, um Intel zu gründen.

National Semiconductor: Die Rettung und Transformation eines Unternehmens

»National Semiconductor machte damals wenig richtig«, sagte Sporck in einem Interview mit Floyd Kvamme im Jahr 2014 (Computer History Museum). Sein großer Vorteil war: er kannte aus seiner Fairchild-Zeit Dave Talbot und Bob Widlar, zwei exzellente Designer von analogen ICs, die er zu National holte. Bob Widlar war einer der schillerndsten Figuren des Silicon Valley, ebenso brillant wie exzentrisch. Er hatte bei Fairchild mit dem »µA702« und dem »µA709« die ersten Operationsverstärker entworfen und bei National entwickelte er unter anderem den »LM101« und den »LM10«. Analoge ICs wurden ein Schwerpunkt im Programm von National Semiconductor.

Vom Kleinunternehmen zum Milliardenkonzern

Unter Charlie Sporck wuchs National schnell zu einem weltweit führenden Halbleiterhersteller heran: Hatte das Unternehmen 1965 noch einen Umsatz von 5 Million Dollar erzielt, so kletterte er bis 1976 auf 365 Millionen Dollar. Als weltweit erstes Halbleiterunternehmen sollte National 1981 einen Umsatz von 1 Milliarde Dollar überspringen.

Entscheidend war, dass es dem Fertigungsspezialisten Sporck immer wieder gelang, die Produktionskosten zu senken, billiger anbieten zu können als der Wettbewerb und Marktanteile zu gewinnen. So schaffte er es, neue ICs schon in der Fab zu entwickeln und den schwierigen und teuren Transfer-Prozess vom Labor in die Fab zu umgehen, wie sich Sporck in dem Interview mit Loyd Kvamme im Jahr 2014 erinnerte.

»Sie sind Tiere«, hieß es 1981 über National Semiconductor in einem Artikel über den Erfolg des Unternehmens im Fortune Magazine. 1991 zog sich Sporck aus der Führung von National Semiconductor zurück, die Texas Instruments im Jahr 2011 für 6,5 Mrd. Dollar übernehmen sollte.  

Er war einer der ersten CEOs, die ihren Mitarbeitern Aktien anboten, was nach Charlies Ansicht den Erfolg der Mitarbeiter besser mit dem Erfolg des Unternehmens in Einklang brachte. Zudem wollte er damit Gewerkschaften fernhalten, mit denen er schon zu seiner Zeit bei GE schlechte Erfahrungen gemacht hatte.

Verlagerung nach Fernost: Ein globaler Ansatz für die Halbleiterindustrie

Außerdem setzte er sich wie bei Fairchild auch bei National dafür ein, dass Test und Assembly nach Fernost verlagert wurden. So wurde er zu einem der Pioniere der globalisierten Halbleiterindustrie.

Schon damals stand die amerikanische Halbleiterindustrie vor einem Problem: die Subventionen, die asiatische Hersteller erhielten, verzerrten den Wettbewerb. Charlie Sporck war maßgeblich an der Zusammenarbeit mit anderen großen Halbleiterherstellern und der US-Regierung beteiligt, um zu verhindern, dass die amerikanische Halbleiterindustrie durch ausländische Konkurrenten in den Ruin getrieben würde. Er war neben Bob Noyce und Jerry Sanders eine treibende Kraft hinter der Gründung des Sematech Consortium, das staatliche Unterstützung erhielt und in den 80er Jahren maßgeblich dazu beitrug, dass die amerikanischen Equipment-Hersteller konkurrenzfähig blieben und die USA weiter führend in der Prozesstechnik.

Wer mehr über Carlie Sporck und die Frühzeit der Halbleitergeschichte erfahren möchte, dem sei das Buch von Charlie Sporck und Richard L. Molay empfohlen: »Spinoff: A Personal History of the Industry that Changed the World«.


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