GUC ist ein ASIC-Design-Haus für komplexe SoC and Chiplets. Alex Huang, General Manager GUC Europe, Norbert Siedhoff, Repräsentant von GUC, und Bastian Strassburg, Director Line Management & Marketing von Ineltek, sind überzeugt, dass GUC Kunden Vorteile bietet, die kein Konkurrent bieten kann.
Markt&Technik: GUC ist bei Weitem nicht das einzige Unternehmen, das ASIC-Design als Dienstleistung anbietet. Dennoch sind Sie überzeugt, dass GUC Vorteile hat, die kein anderer Anbieter vorweisen kann. Welche Vorteile sehen Sie konkret?
Alex Huang: GUC wurde 1998 gegründet und ist mittlerweile wirklich global aufgestellt, wir haben Niederlassungen in Japan, den USA, Vietnam, Europa und Korea. Unser größter Aktionär, TSMC (35 %), hat in kein anderes ASIC-Design-Unternehmen als in GUC investiert. Und damit dürfte eine Besonderheit von GUC schon klar sein: Wir haben engste Beziehungen zu TSMC, nicht nur auf der Aktionärsseite, sondern auch organisatorisch. Zum Beispiel ist unser Chairman Dr. F.C. Tseng ebenfalls noch Board-Member von TSMC. Auch drei unserer Vorstandsmitglieder sind Executive VPs von TSMC. Wenn wir also ein wichtiges Thema adressieren möchten, gibt unser Chairman es direkt an TSMC-Executives weiter. Darüber hinaus haben wir durch die enge Verbindung zu TSMC natürlich auch Zugriff zu den modernsten Technologien von TSMC. Dementsprechend können wir bereits heute nachweisbare Erfolge in 3, 5 und 7 nm vorweisen, und wir arbeiten bereits mit 2 nm, das können nicht viele.
Norbert Siedhoff: Ich würde auch sagen, dass GUC alles andere als nur ein weiterer ASIC/Chiplet-Anbieter ist. Mit ihren Design-Aktivitäten konzentrieren sie sich auf Anwendungen, die höchste Rechenleistung, beste Leistungseffizienz und kleinste Integrationsflächen benötigen. GUC unterscheidet sich außerdem durch seine einzigartige Advanced Packaging Platform ATP, bei der diskrete SoCs in einem Gehäuse integriert werden, die wiederum eine breite Palette von IP-Cores, Dienstleistungen und Produktionsmöglichkeiten von TSMC beinhalten. Die ASICs, SoCs, Chiplets von GUC stehen für den höchsten Stand der Technik, das kann wirklich kein anderer bieten.
Können Sie einen Überblick geben, wie sich die Umsätze von GUC auf die verschiedenen Technologieknoten verteilen?
Alex Huang: Ich denke, dass rund 60 Prozent unseres Umsatzes mit 16-nm- und kleineren Strukturen erzielt werden, die Hälfte davon wiederum von Designs mit Knoten ab 6 nm und darunter. Seit 2016 haben wir mehr als 200 Tape-outs gemacht, 120 davon basieren auf Strukturen mit 16 nm und darunter. Wenn wir nur die neuen Designs betrachten, dann basieren wiederum 60 Prozent dieser Designs auf modernsten Prozesstechnologien. Noch ein Punkt zu Ihrer Frage nach den Vorteilen von GUC: Wir haben keinen eigenen Markennamen. Bei anderen IDMs kann es für den Kunden schon mal zum Problem werden, nämlich genau dann, wenn der IDM die Entwicklung unter dem eigenen Brand vermarkten und auch an andere Kunden verkaufen möchte. Das ist bei uns nicht der Fall, der Kunde erhält sein eigenes ASIC.
Nutzt GUC ausschließlich TSMC als Foundry?
Alex Huang: GUC selbst kann entweder auf die Prozesstechnologien von TSMC zugreifen oder, wenn es sich um Spezialprozesse wie BCD, SOI oder HV handelt, dann nutzen wir Vanguard International Semiconductor, kurz: VIS. Das Unternehmen ist ebenfalls Teil von TSMC. Dadurch, dass wir ausschließlich auf TSMC und VIS setzen, vereinfacht sich für uns die Entwicklung, denn in allen Designs arbeiten wir mit denselben Tools.
Nobert Siedhoff: Ich möchte noch einen anderen Punkt anmerken, der einzigartig für GUC ist. Das Unternehmen ist nicht nur ein Designhaus, sondern es begleitet den Kunden im gesamten Entwicklungsprozess, von der Spezifikation bis zur Serienfertigung einschließlich Waferfertigung, Testbarkeit & Test, Packaging, und auch die Qualifizierung und die Logistik wird von GUC übernommen.
Huang: Und das weltweit, wir haben Entwicklungsabteilungen in Japan, in den USA, in China, Taiwan und Südostasien, nur in Europa haben wir noch keine eigene Abteilung, hier arbeiten wir aber mit Partnern zusammen.
Warum hat GUC in Europa noch keine eigenen Entwicklungsstandorte? Ist der Markt zu klein?
Alex Huang: Vor ein paar Jahren lagen europäische Kunden nicht wirklich im Zentrum unseres Interesses. Damals waren hier auch wenig Unternehmen zu finden, die an ICs auf Basis modernster Prozesstechnologien interessiert waren. Das hat sich mittlerweile geändert, auch weil die staatlichen Institutionen, insbesondere die EU und die französische Regierung, diese Art von Projekten mit staatlichen Finanzmitteln unterstützen. Darüber hinaus gibt es mittlerweile auch einige Startups in Europa, die modernste Prozesse brauchen. Dementsprechend fokussiert sich GUC mittlerweile auch auf den europäischen Markt – auch um zu sehen, welche Möglichkeiten es hier für uns gibt. Deshalb werden wir auch in Europa Entwicklungs-Ressourcen etablieren; Sales und Projektmanagement haben wir schon, nämlich in Amsterdam.
Wenn man sich die verschiedenen Märkte weltweit ansieht: Auf welchen ist GUC am erfolgreichsten?
Alex Huang: Ich würde sagen, dass es zwei Bereiche gibt, in denen wir besonders erfolgreich sind. Der erste ist das Consumer-Segment. Hier haben wir beispielsweise eine Plattform mit Tier-One-SSD-Controller-Kunden entwickelt. Weitere Applikationen aus diesem Segment sind digitale High-End-Kameras, wo wir mit führenden japanischen Unternehmen kooperieren, die alle sehr professionelle und teure Kameras entwickeln und die alle modernste Fertigungstechnologien benötigen. Das zweite Segment würde ich eher dem kommerziellen oder industriellen Bereich zuordnen. Und hier sind wir zum Beispiel bei optischen Speichern sehr erfolgreich.
Und wie sieht es mit dem Automotive-Segment aus?
Alex Huang: Dieser Anwendungsbereich ist mittlerweile ebenfalls interessant für GUC. Hier dauert es typischerweise zwar etwas länger, bis Umsätze fließen, aber auch hier können wir mittlerweile durchaus einige Erfolgsgeschichten erzählen. Diese basieren bislang zwar noch auf reiferen Prozesstechnologien, doch es findet ein Wechsel statt. Wir diskutieren immer häufiger mit Kunden aus der Automobilindustrie über Designs auf Basis modernster Prozesstechnologien. Selbst bei Mikrocontrollern wird immer häufiger über Prozesse mit Strukturgrößen von 6 nm und darunter gesprochen, wobei die meisten Mikrocontroller-Anbieter wohl zunächst bei 16-nm-Prozessen hängen bleiben werden.
Norbert Siedhoff: Wir haben vor Kurzem in Europa einige große Kunden besucht, hauptsächlich aus dem Automotive-Segment. Und diese Besuche bestätigen, dass der Bedarf an Rechenleistung in Anwendungen wie ADAS, autonomes Fahren oder Infotainment deutlich zugenommen hat. Und genau hier sind komplexe SoCs gefordert, längerfristig natürlich auch Chiplets.
Modernste Fertigungsprozesse haben einen entscheidenden Nachteil: Die Kosten sind enorm. Gibt es einen Pi-mal-Daumen-Wert in Hinblick auf die Stückzahlen, bei dem Sie sagen würden, ein SoC lohnt sich oder ein SoC lohnt sich nicht?
Alex Huang: Nein, ich denke, dafür gibt es keine Faustregel, denn klar, für modernste Prozesstechnologien, insbesondere für alles ab 7 nm und weniger, ist der Stückpreis sehr hoch. Aber selbst wenn man nur ein paar 1000 Stück fertigt, sind sie einzigartig und lösen sie ein Problem, ist typischerweise auch der Umsatz, den das Unternehmen mit diesen 1000 Stück erzielen kann, sehr gut. Schauen Sie sich die heutigen modernsten Designs von Unternehmen wie Nvidia an und was diese kosten; die Rentabilität ist also gegeben.
Diese Antwort ist insofern beachtlich, als vor zig Jahren viele ASIC-Anbieter aus dem Markt ausgestiegen sind, weil die meisten ihrer Kunden die Up-Front-Kosten bei modernsten Prozessen nicht mehr mit entsprechenden Stückzahlen rechtfertigen konnten.
Alex Huang: Es kommt immer auf die Spezifikationen an, die verlangt sind. Geht es zum Beispiel um höchste Rechenleistung, dann stehen den Kunden viele Angebote beispielsweise von Nvidia oder Qualcomm offen. Das kann aber auch in vielen Fällen einen Overkill darstellen, den Entwickler nicht bezahlen wollen. Oder die Leistungsaufnahme ist viel zu hoch, und dann kann ein ASIC die Lösung darstellen.
Sie sprachen von Partnern in Europa. An wen können sich Entwickler wenden, wenn sie die Dienstleistungen von GUC nutzen wollen?
Alex Huang: Wir arbeiten in Europa eng mit Ineltek zusammen, denn für uns als Unternehmen aus Taiwan ist es wichtig, dass in den jeweiligen Regionen die kulturellen und geschäftlichen Gepflogenheiten bekannt und berücksichtigt werden. Gespräche sollten in der lokalen Sprache und in den jeweiligen Zeitzonen stattfinden, das gilt insbesondere für Deutschland. Und das ermöglicht uns Ineltek, plus der Tatsache, dass wir auch deren Verkaufskanäle nutzen und dass wir über Ineltek Zugang zu ihrer Kundenbasis erhalten.
Norbert Siedhoff: Das ist genau das, was GUC jetzt braucht, und darum haben sie Ineltek ausgewählt. Sie brauchen keine technischen Experten, das machen sie alles selbst. GUC hat den technischen Support in Amsterdam. Ineltek bietet GUC den ersten Kontakt; geht es um technische Details, werden die GUC-Experten hinzugezogen.
Und welche Funktion übernehmen Sie, Herr Siedhoff?
Norbert Siedhoff: Durch meine langjährige Erfahrung im Automotive-Bereich helfe ich GUC und Ineltek bei der Identifizierung und Entwicklung neuer Geschäftsfelder im Automotive-Segment.
Gibt es neben der Automobilindustrie noch andere Marktsegmente, die GUC in Europa adressieren möchte?
Bastian Strassburg: Ineltek hat Kontakte zu jedem Marktsegment. Und wie Alex schon sagte, auch Absatzmärkte wie die Medizintechnik, Speicher oder das Computersegment sind durchaus interessant für GUC. Letzterer ist zwar in Deutschland nicht so groß, aber in Europa.
GUC hat eigene IP-Cores entwickelt. Ist das ein weiteres Standbein des Unternehmens, indem es beispielsweise seine IP-Cores an Kunden lizenziert?
Alex Huang: Wir haben ein paar High-Speed-IP-Cores im Connectivity-Bereich selbst entwickelt, dazu kommen noch HBM-IPs, HBM-PHYs und Controller-IPs, die nutzen wir selbst, aber auch Kunden können diese Cores einsetzen.
Letzte Frage: GUC ist auf leistungsstarke Anwendungen fokussiert. Auf welche IPs setzen Sie im Prozessorbereich?
Alex Huang: Typischerweise arbeiten wir mit Arm-Cores, aber auch mit RISC-V, je nachdem, was der Kunde braucht.
Das Interview führte Iris Stroh.