Die Energiekrise, steigende Preise für Komponenten und die schwierige Liefersituation beschäftigte viele Geschäftsführer der Embedded-Branche. So auch Bernd Kleeberg von EKF Elektronik. Im Interview verrät er, warum EKF auf langlebige Produkte und verlässliche Partnerschaften setzt.
Markt&Technik: In welchem Maße trifft die Energiekrise die Embedded-Branche und damit auch EKF Elektronik – welche konkreten Auswirkungen können Sie beobachten?
Bernd Kleeberg: Die aufkommenden Sorgen einer Energieverknappung vor gut einem Jahr hatten zunächst alles und alle erfasst, große Unsicherheit ausgelöst und zu teils drastischen Preisanstiegen geführt. Natürlich schlug das ebenfalls auf die Embedded-Branche durch. Unsere Zulieferer haben beispielsweise mehrfach die Preise erhöht. Jedoch kann ich für EKF sagen, dass sich die Auftragslage nicht verschlechtert hat und ebenso wenig die Liefersituation aufgrund der Energiekrise weiter verschärft wurde.
Nachhaltigkeit ist das Trend-Thema schlechthin, der Begriff reicht jedoch sehr weit und betrifft viele Bereiche im Unternehmen. Wo sehen Sie Hebel, in Ihrem Unternehmen nachhaltiger zu agieren?
Maßnahmen zum Verbessern der Nachhaltigkeit setzen wir seit Jahren um, zum Beispiel Recyclingkreisläufe für Elektronikkomponenten, plastikfreie recycelbare Verpackungen oder das nahezu papierlose Büro. In diesem Frühjahr kommt eine weitere Dachdämmung der Firmengebäude hinzu, zudem bauen wir unsere Leistung an Photovoltaik-Anlagen auf unseren Unternehmensdächern stark aus. Die Jahresleistung von etwa 140 MWh soll einen wichtigen Beitrag zum Erreichen des Zieles der vollständigen Klimaneutralität leisten.
Auf dem Konsumgütermarkt ist auf Ebene der EU das Thema Reparierbarkeit in den Fokus gerückt. Wie sieht hier die Praxis in der Industrie aus und wo sehen Sie Verbesserungspotenziale? Schneidet man sich nicht den Ast ab, auf dem man sitzt, wenn die Kunden nichts Neues mehr kaufen müssen?
Ganz im Gegenteil. Unsere Denkweise ist seit 50 Jahren, Produkte in hoher Qualität zu entwickeln und im eigenen Haus herzustellen. Kunden wissen, dass sie sich auf EKF-Produkte verlassen können und diese viele Jahre zuverlässig unter schwierigen Umgebungsbedingungen funktionieren. Der Reparatur-Service ist bei unseren Produkten immer gegeben und wird noch viele Jahre über den End-of-Life-Termin eines Produktes aufrechterhalten, selbst wenn das eher ein Zuschussgeschäft ist – denn um Gewinne zu generieren, geht einfach zu wenig kaputt. All das führt zu einem zufriedenen Kunden-Lieferanten-Verhältnis – aus dem Grund kommen Kunden sehr gern wieder und planen mit EKF-Produkten zukünftige Projekte.
In den letzten Jahren wurden Lieferketten immer komplexer, Lager verschlankt und auf die Straße verlegt. Gibt es jetzt eine Gegenbewegung – wie halten Sie es mit der Bevorratung?
Vermutlich war EKF in der Vergangenheit schon eher atypisch unterwegs. Unsere Kunden recht kurzfristig beliefern zu können war immer wichtiger als ein betriebswirtschaftliches Argument zum Verschlanken der Läger. Als sich die Lieferkettenthematik infolge der Pandemie abzeichnete, haben wir unmittelbar reagiert und das Lager nochmals massiv hochgefahren. Leider konnten wir dennoch nicht verhindern, dass unsere Lieferzeiten teils deutlich anstiegen. Das ist gerade dann sehr ärgerlich, wenn etwa 99 Prozent der nötigen Komponenten auf Lager liegen.
Ist in Ihren Augen in dem Zuge das Produktsortiment zu vereinfachen, damit die Liefersituation zuverlässiger wird? Und müssen Produktlebenszyklen länger werden?
Bis zu einem gewissen Grad erreicht man im Produktsortiment ein Wiederverwerten der Komponenten. Ein gutes Planen verbunden mit der richtigen Lagerstrategie garantieren eine hohe Liefertreue. Lange Produktlebenszyklen sind ein weiteres Argument für eine Produktentscheidung heute und für Innovationen von morgen.
Kommen wir zur technischen Sicht der Dinge. Inwieweit setzt EKF neue Standards wie OSM oder ModBlox7 um? Gibt es bereits erste Produkte auf dem Markt und, wenn ja, wie werden sie von den Kunden angenommen?
Als Chairman der Working Group innerhalb der PCI Computer Manufacturers Group (PICMG) kann ich vor allem für ModBlox7 sprechen. Erste Produkte sind verfügbar und Projekte auf den Weg gebracht. Da das Interesse an ModBlox7 bei den Herstellern weltweit erfreulich groß ist, gehe ich von einem stark wachsenden Produktangebot in näherer Zukunft aus.
Wie weit sind Sie bei EKF bestrebt, fertige KI-Applikationen anzubieten?
Unsere Kunden erwarten zurecht, dass EKF Elektronik moderne Hardware anbietet, mit denen sich zum Beispiel KI-Applikationen umsetzen lassen. Hierbei verantworten wir ebenfalls das Entwickeln der Board-Support-Packages. Die Applikation selbst sehe ich in der Wertschöpfungskette des Kunden.
Was halten Sie von Kooperationen mit Software-Firmen und in welchen Bereichen muss das passieren?
Um den Kunden ein breiteres Leistungsspektrum für unterschiedliche Betriebssysteme anbieten zu können, sind Kooperationen unerlässlich. Wir stellen zudem fest, dass Kunden über eine sehr hohe eigene Softwarekompetenz verfügen und diese Investition weiter vorantreiben. In diesen Fällen beschränkt sich unsere Aufgabe auf die Pflege der Firmware, also das BIOS-System, und den generellen Support der Hardware für unterschiedliche Betriebssysteme, vor allem Linux, Windows und QNX.
5G ist Treiber vieler neuer Applikationen. Inwieweit trifft das auf die Embedded-Branche zu und mit welchen Mitteln lassen sich 5G-Applikationen entwickeln?
Die hohe Datenrate und geringe Latenz prädestinieren 5G für viele neue Applikationen im Bereich M2M. Modular Computing, wie es EKF unterstützt, kann hier seine Vorteile ausspielen. Kunden können so in bestehenden Hardware-Umgebungen beispielsweise von 4G auf 5G migrieren, ohne die gesamte Bestands-Hardware austauschen zu müssen. Solche Upgrade-Möglichkeiten sind nebenbei bemerkt auch ein Beispiel für Nachhaltigkeit.
Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Kleeberg.