Sehr lange flexible Leiterplatten

Flex-Multilayer als Kabelbaum

13. August 2019, 9:09 Uhr | Von Philip Johnston
Neue Fertigungstechniken heben künftig die Längenbegrenzung auf und Flex-Multimeter sind nun eine Alternative zu sperrigen Kabelbäumen
Neue Fertigungstechniken heben künftig die Längenbegrenzung auf und Flex-Multimeter sind nun eine Alternative zu sperrigen Kabelbäumen.
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Bis vor Kurzem konnten nur wenige Unternehmen flexible Leiterplatten mit einer Länge von mehr als ein paar Metern herstellen. Neue Fertigungstechniken heben künftig diese Längenbegrenzung auf. Flex-Multilayer sind nun auch eine Alternative zu großformatigen und sperrigen Kabelbäumen.

Flexible Leiterplatten (FPC, Flexible Printed Circuits) werden wie ihre starren Gegenstücke in einem subtraktiven Verfahren hergestellt, bei dem Kupfer chemisch von seinem Substrat geätzt wird, um die leitenden Verbindungen übrig zu lassen. Der Begriff „gedruckte Schaltung“ geht auf die Anfänge zurück, als das Leiterbild auf die Kupferoberfläche gedruckt wurde und ist heute etwas irreführend. Heute wird das Leiterbild zum Ätzen der Leiterbahnen nicht mehr gedruckt und Leiterplatten sollten nicht mit „gedruckter Elektronik“ verwechselt werden.

Substrate für flexible Leiterplatten werden aus verschiedenen Materialien hergestellt. Polyester und Polyimide waren bisher der gängige Maßstab, aber es entstehen gerade andere fortschrittliche Polymere, vor allem thermoplastische Versionen, die auf Gewebe laminiert werden können und sich bei sehr hohen Temperaturen einsetzen lassen.

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ypischer Aufbau einer mehrlagigen flexiblen Leiterplatte mit vier Kupferlagen und einer Durchkontaktierung, die Leiterbahnen auf allen Lagen verbindet
Bild 1. Typischer Aufbau einer mehrlagigen flexiblen Leiterplatte mit vier Kupferlagen und einer Durchkontaktierung, die Leiterbahnen auf allen Lagen verbindet.
© Trackwise

Flexible Leiterplatten können ein- oder doppelseitig oder als Multilayer – für HDI (High Density Interconnect) – gefertigt werden. Diese mehrlagigen Flex-Leiterplatten werden aus mehreren ein- oder doppelseitigen flexiblen Leiterplatten gebildet, die durch Isolierschichten getrennt übereinander gestapelt und verbunden werden. Elektrische Verbindungen zwischen den Ebenen des Multilayers werden über Durchkontaktierungen hergestellt (Bild 1), so entsteht ein zusammengesetztes, miteinander verbundenes System.

In der Anwendung können flexible Schaltungen statisch/fest oder dynamisch/beweglich eingesetzt werden. Sie lassen sich an das erforderliche Gehäuse anpassen, was den Einbau komplexer Schaltkreise in gekrümmten und aerodynamisch geformten Gehäusen ermöglicht. Ausgelegt für eine dynamische Biegebeanspruchung erlauben Flex-Leiterplatten, dass eine Schaltung während des Betriebs gebogen werden kann, z.B. über ein Scharnier in Fahrzeugtüren.

Flex bedeutet auch dünn und leicht

Eine einzelne Flex-Leiterplatte kann nicht nur Flachbandkabel, diskrete Kabel oder komplexe Kabelbäume ersetzen, sondern auch Steckverbinder und sogar herkömmliche starre Leiterplatten. Flexible Leiterplatten haben eine kleinere Masse und ein kleineres Volumen. Mit Ihrem Einsatz lässt sich Masse und Platz einsparen, häufig sogar Kosten und gleichzeitig die Leistungsfähigkeit der Schaltung steigern. Darüber hinaus können flexible Leiterplatten gefaltet und geformt werden, um 3D-Schaltungen zu realisieren, angepasst an die Formvorgaben des Gehäusedesigns. Dies ist mit herkömmlichen starren Leiterplatten und Kabeln nicht möglich.

Flex-Leiterplatten finden sich im gesamten Spektrum elektronischer und elektrischer Produkte: Automobilelektronik, Konsumgeräte, Medizintechnik, Unterhaltungsgeräte, IT- und Industrieausrüstung. Sie werden häufig in tragbare Geräte wie Spielekonsolen, Laptops, Smartphones und Kameras verbaut. Brustgurte und Armbänder für Sport- und Gesundheitsüberwachungsgeräte sind Anwendungsbeispiele für flexible Leiterplatten in Wearables. Üblicherweise kommen flexible Leiterplatten aber auch in winzigen Geräten wie Hörgeräten, Herzschrittmachern und medizinischen Pumpen zum Einsatz. Sehr flache, flexible Substrate ermöglichen auch Hautpflaster zur Überwachung des Blutzuckers oder zur Abgabe von Medikamenten. In der Industrie enthalten Etiketten (Smart Label) RFID-Schaltkreise auf Flex-Leiterplatten für Sicherheitanwendungen, beispielsweise zum Schutz vor Fälschung, und in der Logistik zum Verfolgen von Waren und Gütern auf dem Transport.

Fertigung langer flexibler Leiterplatten

Ein Hindernis, das den Einsatz mehrlagiger Flex-Leiterplatten beschränkt, stellt die durch den Herstellungsprozess begrenzte Länge dar. Sie war in der Vergangenheit normalerweise auf 610 mm begrenzt. Nur einige wenige Hersteller sind in der Lage, flexible Leiterplatten mit einer Länge von einigen Metern herzustellen.

Noch längere Flex-Leiterplatten ermöglicht das patentierte Verfahren Improved Harness Technology (IHT). Es wurde vom britischen Leiterplattenhersteller Trackwise entwickelt und basiert auf einem Rolle-zu-Rolle-Fertigungsprozess, der nicht nur die Herstellung mehrlagiger Flex-Leiterplatten beliebiger Länge ermöglicht, sondern auch maschinengestützt und kostengünstig ist.

Bei der herkömmlichen Herstellung von flexiblen Leiterplatten basieren die Prozessschritte wie Bohren, Belichten, Pressen und Galvanisieren auf Geräten, die statische Prozesse verwenden. Für IHT werden speziell angepasste Maschinen und Software eingesetzt, um die Prozesse beweglich zu gestalten, damit sie eine Rolle-zu-Rolle-Fertigung ermöglichen. Nur so lassen sich Flex-Leiterplatten beliebiger Länge herstellen. Darüber hinaus kommen bei den IHT-Prozessen Materialien in Rollenform zum Einsatz – im Gegensatz zu den festen Formaten, in denen die meisten Materialien für die Standard-Leiterplattenfertigung geliefert werden.


  1. Flex-Multilayer als Kabelbaum
  2. Vorteile flexibler Leiterplatten richtig nutzen

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