Auch der Siegeszug der 3D-MID-Technologie wird sich nach den Worten von Weber durch den 3D-Druck weiter fortsetzen: »Insbesondere sei hier der Schaltungsaufbau auf metallischen Grundkörpern erwähnt. Ein neuartiges Verfahren ermöglicht es, metallische Körper als Schaltungsträger zu verwenden. Bei diesem Verfahren wird ein Pulverlack auf dem Metall aufgebracht, der mit dem Laser strukturierbar ist. LPKF, Erfinder und Patenthalter der Laserdirektstrukturierung von 3D-MID-Schaltungsträgern, begrüßt denn auch die rasante Entwicklung bei den additiven Fertigungstechnologien. »Insbesondere der 3D-Druck hilft uns, die Lücke zwischen Layout und Serienfertigung dreidimensionaler Schaltungsträger zu schließen«, unterstreicht Dr. Wolfgang John von LPKF. Bislang war das Prototyping für komplexe MIDs relativ aufwändig. Für das LDS-Verfahren musste der Grundkörper aus einem LDS-fähigen Kunststoff hergestellt werden – z.B. in Gießverfahren oder durch Fräsen. Die LDS-Additive im Kunststoff werden durch den Laser aktiviert. »Schon 2012 haben wir eine Alternative zu diesen Verfahren vorgestellt. Ein spezieller Lack enthält die Additive, und durch eine Lackierung damit wird ein beliebiger Körper LDS-fähig«, schildert John. LPKF hat kürzlich ein komplettes Verfahren vorgestellt, das aus einem 3D-Druck einen LDS-Prototypen macht: Lackieren des gedruckten Bauteils mit LPKF ProtoPaint LDS, Erzeugen der Leiterstrukturen mit dem LPKF ProtoLaser 3D und anschließende Instant-Metallisierung mit LPKF ProtoPlate LDS. »Durch den 3D-Druck liegen zwischen dem Entwurf der Baugruppe und seriennahen Prototypen für Einbau- und Funktionstest oft nur wenige Stunden«, so John.
In vielen Bereichen der Elektronik werden bereits viele dreidimensionale Schaltungsträger verwendet, wie etwa in der Fertigung von Antennen, diverser Sensoren und in der die Medizintechnik. Der Aufbau der Körper in diesen Bereichen erfolgt jedoch derzeit noch weitgehend durch herkömmliche Spritzprozesse und weniger durch 3D-Drucker.
»Um die mit 3D-Druckern hergestellten Schaltungsträger in der Serie einzusetzen, ist vor allem eine aufwändige Qualifizierung erforderlich«, gibt Weber zu bedenken. Viele Kunststoffhersteller haben LDS-Varianten ihrer erprobten Materialtypen im Angebot – das reicht bis hin zu strahlenvernetzten Kunststoffen, die problemlos kurze Lötphasen von bis zu 400°C überstehen. Die Eigenschaften der gedruckten Bauteile kommen an diese Bandbreite noch nicht heran.
Auch sind nicht alle 3D-Druck-Verfahren für die Herstellung von 3D-MID-Schaltungsträgern geeignet. Das verwendete Material muss bis mindestens 80 °C wärmeformbeständig und chemisch stabil sein. Die Lackierung muss 25 bis 35 µm dick sein, um eine sichere Metallisierung zu gewährleisten. An Ecken und Sprüngen funktioniert das nicht. Demzufolge sind Verfahren mit geringer Auflösung wie bei einfachem Schmelzauftrag wenig geeignet: An Stufen zwischen den Schichten wird die Lackschicht zu dünn für eine sichere Laserstrukturierung. »Ein professioneller LDS-Prototyp ist auf ein hochwertiges Grundbauteil angewiesen. Derzeit liefert aus unserer Sicht die Stereolithographie die besten Ergebnisse«, so John. Mit billigen Hobbydruckern wird sich also kein 3D-MID-Körper herstellen lassen.
Auch der wirtschaftliche Aspekt birgt im Vergleich zum Spritzgussverfahren nach Aussage von LPKF eine Restriktion: Ab einer bestimmten Stückzahl reduzieren sich die Stückkosten im Spritzguss gegenüber dem 3D-Druck signifikant, und auch die Art der Weiterverarbeitung spielt eine Rolle. »Anders herum entsteht aber eine neue Produktionsform: Wenn beliebige Gehäuseteile aus herkömmlichem Kunststoff partiell – auf der Innenseite – mit der industriellen Variante des ProtoPaint LDS beschichtet werden, können sie problemlos Verbindungsfunktionen übernehmen oder als Antennenträger dienen. Auch Farb- oder Oberflächenanforderungen spielen dabei eine Rolle«, betont John.
Der 3D-Druck könnte die MID-Technik also durchaus verändern und ihr weitere Anwendungsgebiete eröffnen, wie auch Weber bestätigt: »Wir sollten den 3D-Druck nicht außer Acht lassen, weil die ständigen Verbesserungen der Drucker zu einer Verwendung in der Serie führen können. Zukünftig könnten diese Herstellungsprozesse den Einzug in die Automobilbranche, Medizinbranche, Sensorik und in viele weitere schaffen. Besonders die Verwendung metallischer Grundkörper, die mit einem 3D-Druckverfahren aufgebaut werden, zeigen ein großes Anwendungspotential, weil sich dabei die Entwärmung elektronischer Systeme ohne größeren Aufwand realisieren lässt«, schildert Weber.
Keine Konkurrenz für den Laser
Könnte der 3D-Druck für den Laser zur Konkurrenz werden? Das verneint John entschieden: »Aber ganz und gar nicht: Wie schon beschrieben, nutzen die unterschiedlichen Fertigungsprozesse – der 3D-Druck und die Laserbearbeitung – in vielen Fällen die gleiche Datenbasis. Das bedeutet schon in der Layoutphase eine deutliche Entlastung des Konstrukteurs. Während der 3D-Druck generativ arbeitet, sind Laserprozesse in erster Linie Schneid- oder Schmelzvorgänge. Damit lassen sich ganz neue Produktideen formulieren – und LPKF hat bewiesen, dass wir die Laserbearbeitung dreidimensionaler Körper bis in den Mikrometerbereich hinein beherrschen. Wir freuen uns auf neue Herausforderungen.«