Steuerungstechnik, zugehörige Werkzeugmaschinen und nicht selten Handarbeit noch während der laufenden OP waren bisher die Basis, wenn es um die Herstellung von medizinischen Implantaten ging. Doch wie auch in anderen Bereichen wirft diese Technologie einige Probleme auf. So lassen sich trotz der relativ feinen Steuerung der CNC-Maschinen wegen ihrer konstruktiv bedingten Einschränkungen gewisse Formen nicht herstellen. Zudem ist der Prozess relativ langwierig und insbesondere für die Herstellung von Einzelstücken teuer.
Damit ist das Verfahren nicht optimal geeignet, wenn es um die Produktion von Werkstücken geht, die in den menschlichen Körper wandern sollen. Dieser Tatsachen war sich auch das Team des slowakischen Unternehmens CEIT Biomedical Engineering, s.r.o. bewusst.
CEIT ist eine Ausgründung der Technischen Universität von Kosice (TUKE), die eigens für den Einsatz der additiven Fertigung im medizinischen Bereich ins Leben gerufen wurde. „Als hochschulnahes Unternehmen war uns die Technologie bekannt. Wir wollten ihre Möglichkeiten für die Implantologie erforschen sowie hilfreiche und gleichzeitig wirtschaftliche Lösungen für Patienten entwickeln“, erläutert Assoc. Prof. PhD Radovan Hudak, der CEIT als Geschäftsführer vorsteht.
Ziel und Herausforderung waren damit klar umrissen: Wie kann die additive Fertigung dazu beitragen, ein individuelles und damit passgenaues Implantat für chirurgische Eingriffe bzw. Operationen im Schädelbereich herzustellen? Es galt, die Grenzen der Technologie und ihrer Einsatzmöglichkeiten auszuloten sowie das beste Verfahren und das passende Material zu finden. Das große Ziel: eine Zertifizierung von staatlicher Seite für Schädeldecken sowie für Kiefer- und Gesichtsknochen-Implantate.
Titanlegierung als Ausgangsmaterial
Nach intensiver Recherche entschied sich das CEIT-Team um Hudak dafür, auf Electro Optical Systems (EOS) als Technologielieferanten und eine Titanlegierung als Ausgangsmaterial zu setzen: „Wir haben uns ein Jahr Zeit genommen, um den Markt zu untersuchen und Angebote zu analysieren“, bestätigt Hudak die akkurate Suche nach der richtigen Lösung. „Der Hersteller EOS und seine Fertigungsmaschine EOSINT M 280 überzeugten bei zentralen Kriterien wie Erfahrung, Markterfolg und -durchdringung sowie beim Gesamteindruck.“
Die Entscheidung ebnete den Weg, die erforderlichen technologischen Voraussetzungen erfüllen zu können – mithin die Schwachstellen des CNC-Bereichs zu beseitigen: Einerseits können nun sehr dünne Wände mit gewollt ungleichmäßig geformten Oberflächengeometrien gefertigt werden. Andererseits war das CEIT-Team in der Lage, Hohlräume – etwa in Form komplizierter Löcher oder von Röhren für Leitungen oder Kanäle – in die Implantate einzubringen. Gitterförmige Strukturen rückten nun ebenfalls in die Reichweite des Machbaren.
Für den eigentlichen Herstellungsprozess des ersten Implantats waren nun nur noch ein passender Patient und dessen medizinische Daten erforderlich. Im konkreten Anwendungsfall bestand die Aufgabe darin, ein etwa 15 cm großes Stück des Schädelknochens (Bild 2) aus der Titanlegierung Ti-6Al-4V zu fertigen – einer biokompatiblen Standardlegierung in der Medizintechnik mit hervorragenden mechanischen Eigenschaften.
Dafür nutzte das Team die Ergebnisse der Untersuchung mit dem Computertomographen, da hier alle erforderlichen Informationen zur Formgebung detailliert erfasst werden. Die Überführung in ein CAD-Programm sowie das Design und die Fertigung des Implantats erfolgten bei CEIT.
Leichtgewichtig und sehr passgenau
Der erste Erfolg stellte sich auf technologischer Ebene ein: Sowohl für die Serienfertigung von Standardimplantaten als auch bei der individualisierten Herstellung konnte CEIT den Produktionsprozess erfolgreich umsetzen. Die angestrebten gitterartigen Strukturen ließen sich ebenfalls wie geplant additiv fertigen. Das erste patientenspezifisch gefertigte Implantat wog nur 63 g, bei einer Dicke von lediglich 1,5 mm. Als Besonderheit ist es dem Team gelungen, die erwähnten Hohlstrukturen umzusetzen, um die Mikrosensoren zur Erfassung medizinischer Daten in die Implantate zu integrieren.
Einen größeren Erfolg für das Unternehmen stellte jedoch die Registrierung der Implantate für Schädelknochen sowie für den Gesichts- und Kieferbereich beim staatlichen slowakischen Institut für Arzneimittelkontrolle (SIDC) dar. Sie gelten damit innerhalb der EU als offiziell zugelassen.