In der industriellen Produktion haben Hybrid-Steckverbinder große Vorteile. Warum also vorhandene Verbindungsstrukturen nicht zugleich für mehrere Übertragungsmedien nutzen?
»Spätestens seit den 1990er Jahren, mit dem Aufkommen der ersten industriellen Ethernet-Netzwerke, sind Hybridsteckverbinder ein wichtiges Thema«, berichtet Moritz Krink, Technical Application Manager von Harting Electric. »Auf Vorbehalte trifft man bei Erstanwendern aber immer noch.«
Die Argumente gegen eine Vermischung der Medien im Steckverbinder lauten normalerweise: Die Montage erschließt sich nicht intuitiv, die Vormontage ist zu filigran – komplizierter zumindest als bei einer Festverdrahtung getrennt nach einzelnen Medien. Außerdem haben Erstanwender häufig die Sorge, dass lokale Vorschriften mit dem Ansatz kollidieren, verschiedene Potenziale und Leistungen sowie unterschiedliche Übertragungsmedien in einem Steckverbinder zu kombinieren. »Durch sinnvolle Montageanleitungen und einen guten technischen Support lassen sich diese Vorbehalte jedoch in 99 Prozent der Fälle schnell entkräften«, betont der Harting-Experte. Seiner Meinung nach bieten Hybrid-Steckverbinder gegenüber Einzelschnittstellen im gesamten Spektrum der industriellen Produktion große Vorteile, beginnend bei einem geringeren Verdrahtungsaufwand, über reduzierte Lagerhaltungskosten, bis hin zu einer schnelleren Wartung und einer vereinfachten Fehlersuche! Von einem hybriden Steckverbinder-Konzept profitieren übrigens auch Anwendungen außerhalb der Produktionshallen, zum Beispiel in der Windenergie und in Schienenfahrzeugen.
Die Geburt der Han-Modular-Serie
Harting hat schon sehr früh mit der Entwicklung dieser Steckverbinder begonnen. »Zunächst entwickelte man leistungs- und signalübertragende Steckverbinder-Kontakteinsätze für jeweils feste Baugrößen«, erklärt Moritz Krink. »Die Möglichkeit zur Kombination verschiedener Übertragungsmedien war damit gegeben, doch mit dieser Möglichkeit entstand analog ein Bedarf nach unendlichen Kombinationsmöglichkeiten.« Um den zu decken, hat Harting ein intelligentes, modulares Steckverbindersystem entwickelt: das Programm »Han-Modular«. Der modulare Aufbau ermöglicht es, Verbindungen platzsparend und kostenbewusst zu dimensionieren und den Steckverbinder an die jeweiligen Einbausituationen anzupassen. Mit diesen Eigenschaften ist das Han-Modular-System »das Harting-Produkt für die hybride Nutzung schlechthin«, sagt Moritz Krink. Das Han-Modular-Programm besteht aus inzwischen über 40 verschiedenen Modulen, die sich zur Übertragung von Leistung, Signalen, Daten und Druckluft miteinander kombinieren lassen. Über spezielle Kunststoff- und Metallrahmen können diese Module in einem Großteil der Harting-Steckverbinder-Gehäuse zum Einsatz kommen.
Frei zusammenstellbares Steckverbindersystem
Im Einzelnen setzt sich das Han-Modular-Programm wie folgt zusammen: Zur Verfügung stehen aktuell Kontakte und Einsätze für Leistungen bis 200 A/1000 V und Hochspannungsmodule für maximal 5000 V/40 A sowie Signalmodule mit einer hohen Packungsdichte von max. 25 Kontakten pro Einzelmodul (50 bis 250 V/4 bis 10 A). Das Spektrum reicht dabei von Ethernet-Kat.6-Schnittstellen bis hin zu Modulen für die Single- und Multi-Mode-Lichtwellenleiterübertragung sowie verschiedene Bus-Technologien (z.B. Profibus). Zusätzlich bietet ein Pneumatik-Modul für die Übertragung aufbereiteter Druckluft (≤8 bar) zahlreiche weitere Applikationsmöglichkeiten.
»Das Auftreten hybrider Aufbauten in den Han-Steckverbindern ist vor allem das Ergebnis von Anwender-Anfragen«, erläutert Moritz Krink. »Falls sich für die jeweiligen anwenderspezifischen Lösungen ein allgemeiner Bedarf abzeichnet, werden die Entwicklungen ins Han-Steckverbinder-Programm übernommen«. Ein gutes Beispiel für eine solche Entwicklung ist das »Han-Modular 70 A Hybrid Modul«. Es ermöglicht Hybridität auf der Ebene des Moduls. Der Bedarf des Anwenders verlangte nach einer Schnittstelle mit maximal drei Steckplätzen, über die 3 x 63 A sowie 12 x 16 A übertragen werden sollten. Durch die Entwicklung eines hybriden Moduls mit je 4 x 16 A und 1 x 70 A konnte diese Aufgabe gelöst werden und ein Modulsteckplatz eingespart werden. Im Klartext: Der Steckverbinder kann bei gleichen Anforderungen kleiner ausgeführt werden.
Eine aktuelle Neuaufnahme ist das LC-Modul für steckbare fiberoptische Kontakte/LWL. »Lichtwellenleiter bieten enorme Vorteile bei der Übertragung sensibler Industriedaten. Sie schirmen die Übertragung störsicher gegen äußere Einflüsse ab, zum Beispiel gegen elektromagnetische Strahlung. Zudem ermöglichen sie eine galvanische Sender-Empfänger-Trennung und verhindern das Übersprechen. Eine Verlegung der nötigen Infrastruktur, Seite an Seite mit der Leistungsversorgung, ist mit dem Han-Modular-Programm kein Problem«, führt Moritz Krink aus. Das LC-Modul verringert zudem den für die LWL-Übertragung benötigten Platz: Denn das Modul erreicht eine höhere Kontaktdichte als das schon seit längerem angebotene Geschwistermodul SC. Sechs statt vier Kontakte lassen sich bei gleichen Abmessungen platzieren. Die technischen Kennwerte für GI-Fasern bleiben gleich: Die LC-Modul-Kontakte eignen sich für GI-Fasern mit Durchmessern von 50 bis 62,5 µm (Kern)/125 µm (Mantel) und für Single-Mode-Fasern [mit Kabel-Ø ≤ 3mm].
Aufgrund der Variantenvielfalt gehört das »Han-Modular«-Programm von Harting sicherlich zu einer der wichtigen Produktreihen im Bereich der Hybridsteckverbinder am Markt. Im Hause Harting existieren daneben zwei weitere Serien, die zur Übertragung unterschiedlicher Medien prädestiniert sind.