Kondensatoren

Zuverlässigkeit von Elektrolytkondensatoren

1. September 2010, 15:51 Uhr | Von Dr. Arne Albertsen
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Unterschiede zwischen Lebensdauer und Zuverlässigkeit

Elektrochemische Alterungsmechanismen begrenzen die Lebensdauer von Elkos auf einen abschätzbaren Wert in Abhängigkeit von Temperatur-, Strom- und Spannungsbelastungen. Während dieser Lebensdauer können jederzeit Zufallsausfälle eintreten, deren absolute Anzahl von der Größe der beobachteten Stichprobe abhängt. Das Auftreten von Zufallsausfällen hat in der Regel nichts mit der Alterung der Elkos zu tun, sondern eher mit einer verborgenen inneren Schwächung, z.B. im Papier, einer Folie oder im Bereich der Anschlüsse. Meist erfolgen diese Ausfälle ohne Vorwarnung und enden mit einem Kurzschluss. Ein erhöhter Leckstrom infolge einer beschädigten Dielektrikumsschicht kann auch zu einer so starken Formierung mit Gasbildung führen, dass der Überdruck aus Wasserstoffgas das Ventil öffnet. Im Anschluss trocknet das Bauteil aus und fällt mit zu geringer Kapazität aus.

Die Messung von Kapazität, Leckstrom und ESR an allen produzierten Bauteilen sowie die Durchführung weiterer Tests an Stichproben sichert die hohe Qualität der Produkte, so dass Frühausfälle in der Anwendung eine sehr seltene Ausnahme sind [2].

Es gibt eine Vielzahl von Definitionen des Begriffs „Zuverlässigkeit“. Je nachdem, ob man einen Statistiker, Mathematiker oder Ingenieur fragt, wird man unterschiedliche Antworten erhalten. Die anschauliche Bedeutung des Begriffs könnte so lauten: Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Gerät innerhalb einer gegeben Zeitdauer die Anforderungen seiner Bestimmung unter definierten Bedingungen zufriedenstellend erfüllt.

Zeitliche Entwicklung der Ausfallrate.
Bild 3. Zeitliche Entwicklung der Ausfallrate.
© Jianghai

Der typische Verlauf der zeitlichen Entwicklung der Zuverlässigkeit von Elektrolytkondensatoren wird durch die „Badewannenkurve“ charakterisiert [3]. Die Ausfallrate λ (FIT-Rate) gibt die Anzahl von Ausfällen je Zeiteinheit an, die Maßeinheit FIT = „Failures in Time“ bezeichnet die Ausfallwahrscheinlichkeitsdichte in 10–9 Ausfällen/ h. Die Badewannenkurve gemäß Bild 3 hat drei zeitlich aufeinanderfolgende Abschnitte:

  • den Bereich der Frühausfälle mit einer sinkenden FIT-Rate λ,
  • den Bereich innerhalb der normalen Lebensdauer mit einer konstanten FIT-Rate λ, die das Auftreten von Zufallsausfällen beschreibt,
  • den Bereich steigender FIT-Raten λ, der aus den Verschleiß- bzw. Änderungsausfällen am Ende der Lebensdauer resultiert.

Die so genannte „failure rate“, die im Zusammenhang mit der Definition der Brauchbarkeitsdauer „useful life“ angegeben wird, bezieht sich dagegen auf den Prozentsatz der Bauteile, deren elektrische Parameter sich nach der spezifizierten Lebensdauer außerhalb der angegebenen Änderungsgrenzen befinden, und darf nicht mit der Ausfallrate verwechselt werden.

Fehlerbilder und Ausfallmechanismen.
Bild 4. Fehlerbilder und Ausfallmechanismen.
© Jianghai

Fehlerbilder und Ausfallmechanismen

Das übliche Fehlerbild eines normal gealterten Elkos ist ein Änderungsausfall wegen zu geringer Kapazität bzw. eines zu hohen ESR-Wertes (Bild 4, blass grün hinterlegte Felder). Die in der Übersicht dargestellten Ausfallmechanismen können durch produktions- und applikationsbedingte Ursachen ausgelöst werden. In der Praxis sind Beispiele für produktionsbedingte Ausfälle sehr selten, da die Reinheit der verwendeten Materialien und Prozesse sowie die Güte der mechanischen Fertigungseinrichtungen in den letzten Jahren stetig zugenommen haben. Oftmals lassen sich Ausfälle auf eine applikationsbedingte Ursache zurückführen, da nicht in allen Fällen eine Überlastung (Umgebungstemperatur, Ripplestrom, Betriebsspannung, Vibration, Zugbelastung, ...) des Bauteils ausgeschlossen werden kann.

Korrekturfaktoren gemäß MIL HDBK-217F
Bild 5. Korrekturfaktoren gemäß MIL HDBK-217F.
© Jianghai

Abschätzung von Ausfallraten

Selbst unter Verwendung der besten Materialien, einer hochwertigen Fertigung und einer effektiven prozessbegleitenden Qualitätssicherung gibt es Zufallsausfälle von Elkos im Feld. Im Zusammenhang mit der Abschätzung von Ausfallraten findet man in der Literatur häufig den Verweis auf MIL-HDBK-217F, das sich auf Zuverlässigkeitsdaten für diverse Bauelemente gründet, die vor mehreren Jahrzehnten erfasst wurden. Die Zahlenwerte der dort genannten Ausfallraten übersteigen die Feld- Ausfallraten der aktuellen Baureihen von Jianghai ca. um einen Faktor 10 bis 100. Die im MILHDBK- 217F genannten Berechnungsvorschriften für Spannungs- und Temperaturkorrekturfaktoren zeigen jedoch qualitativ den Einfluss des Betriebspunktes auf die Zuverlässigkeit an (Bild 5). Als Bezugspunkt gilt hier eine Umgebungstemperatur von 40 °C und ein Betrieb bei halber Nennspannung.

Um belastbare Zuverlässigkeitsdaten ausschließlich auf Labortests abzustützen, bedürfte es eines unverhältnismäßig hohen Aufwands. Man müsste Daten über Milliarden von Bauelementestunden experimentell gewinnen, also eine Größenordnung von 1 Million Elkos mit hohem Personaleinsatz testen. Der chinesische Bauelementehersteller bedient sich daher der Information über tatsächliche Feldausfälle von Kunden in Verbindung mit den typischen Anwendungsbedingungen (Temperatur, Ripplestrom und Betriebsspannung). Mithilfe der Produktionsdaten über die Mengen der hergestellten Bauelemente je Technologie bzw. Baureihe und unter Verwendung der verfügbaren Labortestergebnisse lassen sich dann bei erträglichem Aufwand Schätzwerte der zu erwartenden FIT-Werte ermitteln. Die Größenordnung dieser Feld-Ausfallraten liegt im Bereich 0,5 bis 20 FIT.

Aus den FIT-Raten lässt sich unmittelbar die MTBF (Mean Time Between Failures) als Kehrwert der FITRate errechnen: MTBF = 1/FIT. An dieser Stelle sei der Hinweis gestattet, dass die MTBF nicht eine garantierte Mindestzeit bis zum Erreichen eines Ausfalls darstellt, sondern vielmehr den mit einer Exponentialverteilung gewichteten Mittelwert der Ausfallzeit. In Zahlen bedeutet dies, dass nur mehr ca. 37 % der Elkos aus einer großen Anzahl (Grundgesamtheit) von Elkos die MTBF erleben werden.


  1. Zuverlässigkeit von Elektrolytkondensatoren
  2. Unterschiede zwischen Lebensdauer und Zuverlässigkeit
  3. Einflussfaktoren auf die Zuverlässigkeit

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