Dünnschicht oder Dickschicht

Den richtigen Widerstand finden

31. März 2009, 10:38 Uhr | Von Thomas Steidl und Volker Waitz
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Auswirkungen von Temperaturwechseln, Feuchtigkeit und Impulsen

Drift abhängig von der Temperatur

In einem Widerstand wird elektrische Energie in Wärmeenergie umgewandelt. Sowohl die Umgebungstemperatur als auch die elektrische Erwärmung der Widerstandsschicht bewirken eine weitere fortlaufende Widerstandswert-Änderung: die Drift. Sie definiert die bleibende, zeitabhängige Änderung des Widerstandswertes gegenüber seinem Anfangswert durch die Temperatur oder andere Umwelteinflüsse.

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Bild 1. Unterschiedliches Driftverhalten von Dünnschicht- und Dickschicht-Widerständen.

Zur Drift durch die Temperatur finden sich im Datenblatt zumeist Angaben über die Änderung des Widerstandswertes bei der oberen zulässigen Betriebstemperatur und bei zyklischer elektrischer Belastung, häufig auch Load Life genannt. Bei Dünnschicht-Widerständen sind diese Änderungen aufgrund der stabilen Metallschicht sehr gering. Bei konstanter Temperatur folgt die Drift einer Wurzelfunktion der Zeit. Die Steigung der Funktion nimmt mit zunehmendem Alter ab.

Eine solche Driftbetrachtung gilt als gute Näherung für die Dünnschicht-Widerstände von Vishay Draloric/ Beyschlag. Exemplarisch zeigt das in Bild 1 dargestellte Beispiel das unterschiedliche Driftverhalten von Dickschicht- und Dünnschicht-Widerständen.

Driftverhalten durch Temperaturwechsel

Nicht nur aufgrund der Wärme allein kann ein Bauelement seinen Widerstandswert ändern. Durch Temperaturwechsel, die eine Degradation aller beteiligten Werkstoffe bewirken, kann es ebenfalls zu einer Änderung des Widerstandswertes kommen. In Datenblättern werden die Änderungen des Widerstandswertes nach bis zu 1000 Temperaturwechseln angegeben.

Temperaturwechsel beeinflussen nicht nur den Widerstandswert, sondern auch die Zuverlässigkeit einer Lötverbindung. Diesbezüglich ist das gesamte System, bestehend aus Bauelement, Lötstelle und Leiterplatte, zu betrachten. Um eine Vergleichbarkeit von Prüfergebnissen zu erreichen, werden für Temperaturwechselprüfungen standardisierte Leiterplatten verwendet. Durch Unterschiede in Leiterplattenmaterial und -aufbau und durch die Verwendung unterschiedlicher Lotpastensysteme kann es zu Unterschieden in der Zuverlässigkeit einer Lötverbindung kommen. Die Qualität des Kontaktaufbaus eines Bauelementes hat ebenfalls einen großen Einfluss auf die Zuverlässigkeit der Lötverbindung.

Feuchte nimmt auf die Qualität massiv Einfluss

In vielen Anwendungen spielt der Einfluss von Feuchte eine bedeutende Rolle, und folglich müssen auch durch Feuchte verursachte Abweichungen bei einer Worst-Case-Betrachtung berücksichtigt werden, wenn die Schaltung Belastungen in dieser Form ausgesetzt wird. In der Automobilindustrie hat die Feuchteresistenz der Bauelemente einen großen Stellenwert, denn die Fahrzeugelektronik ist teilweise rauhen klimatischen Bedingungen ausgesetzt. Steigende Anforderungen an Widerstände bewirken Optimierungen und Neuentwicklungen. Moderne Dünnschicht-Bauelemente wie der MELF-Widerstand, die Chipwiderstände TNPW e3 und jene der MC-AT-Serie sowie das Chip-Array ACAS 0612 AT erfüllen die strengen Anforderungen der Automobilindustrie und werden dort in großen Mengen eingesetzt. Die Produkteigenschaften dieser Widerstände kommen allen Industriesegmenten mit ebenfalls hohen Qualitätsansprüchen in gleichem Maße zugute.

Impulse „lassen Köpfe rauchen“

Für die Widerstandsfähigkeit gegenüber Spannungs- oder Leistungsimpulsen ist die Konstruktion des Widerstandes von entscheidender Bedeutung. Impulse sind kurzzeitige Ereignisse, die zu einer Erwärmung der Widerstandsschicht führen. Aufgrund der physikalischen Eigenschaften des Widerstandskörpers kann die entstandene Wärme nur zeitverzögert über die Kontakte in die Leiterplatte abgeführt werden. Die Widerstandsschicht muss daher die entstandene Wärme aufnehmen können, ohne dabei schädigende Temperaturen zu erreichen. Dies geschieht über eine hinreichend große Widerstandsfläche, eine geeignete Abgleichgeometrie, die eine sehr homogene Wärmeverteilung über die gesamte Widerstandsschicht bewirkt, und einen guten Wärmeübergang zwischen Schicht und dem keramischen Grundkörper. Diese drei Einflussgrößen erhöhen die Impulsbelastbarkeit in entscheidendem Maße.

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Bild 2. Eine zerstörende Impulsprüfung zeigt die unterschiedliche Robustheit von Bauelementen.

Verdeutlicht werden kann diese Eigenschaft durch eine zerstörende Impulsprüfung (Bild 2). Bei gleicher Padflächengröße und gleichem Ohmwert können Dünnschicht-Chipwiderstände bis zum Vierfachen der Impulslast eines Dickschicht-Bauelementes widerstehen.

Der MELF-Widerstand, der durch seine zylindrische Form eine sehr große Widerstandsfläche bezogen auf seine Baugröße aufweist, erreicht eine bis zu zehnfach höhere Impulsbelastbarkeit.

Die Änderungen, die durch Impulsbelastungen entstehen, gehen als bleibende Änderungen ebenfalls in die Worst-Case-Betrachtung ein.

Worst-Case-Betrachtungen führen zu höchst unterschiedlichen Ergebnissen

Worst-Case-Betrachtung
Bild 3. Oben: Worst-Case-Betrachtung eines Dickschicht-Widerstandes, der mit ±100 ppm/K sowie ±1 % Toleranz spezifiziert ist. Unten: Worst-Case-Betrachtung eines Dünnschicht-Widerstandes, der mit ±50 ppm/K sowie ±1 % Toleranz spezifiziert ist.
© Vishay Beyschlag

Die Zuverlässigkeit einer Schaltung hängt in starkem Maße von der richtigen Auswahl des Widerstandes und dessen Spezifikation ab. Anhand einiger ausgewählter Parameter verdeutlichen die in Bild 3 wiedergegebenen Diagramme, zu welch unterschiedlichen Abweichungen es in Abhängigkeit von der Produkttechnologie im Laufe eines Produktlebens kommen kann. Für diese Darstellung wurden keineswegs Extrembeispiele, sondern geläufige Datenblattangaben herangezogen. Abhängig vom Hersteller und der individuellen Spezifikation kann es also zu sehr unterschiedlichen Abweichungen kommen.

Zertifizierung als Nachweis für gleichbleibend hohe Qualität

Durch eine IECQ-CECC-Zertifizierung ist sichergestellt, dass eine Fülle von herausfordernden Bauteilprüfungen durchgeführt und eingehalten wird, wie sie die professionelle Elektronikindustrie fordert. Diese Anforderungen an Kurz- und Langzeitprüfungen sind für Dünnschicht-Chipwiderstände in der Norm EN 140401-801 festgelegt, die Einhaltung der Prüfanforderungen wird durch periodische Audits eines externen unabhängigen Instituts sichergestellt. Durch die Vorgabe von festen Grenzwerten, die zur Erreichung und Aufrechterhaltung des CECC-Gütezeichens eingehalten werden müssen, wird ein außerordentlich hoher Qualitätsstandard erreicht. Zudem stellt die Periodizität der CECC-Prüfungen eine gleichmäßig hohe Produktgüte sicher. Ein CECC-zertifiziertes Produkt ist durch das CECC-Logo auf dem Datenblatt, dem Etikett und der Produktverpackung gekennzeichnet.

Für den Bereich der Automobilindustrie haben die Dokumente des Automotive Electronics Council eine große Bedeutung erlangt – für Widerstände und andere passive Bauelemente zum Beispiel die AEC-Q200. Sie legt diverse elektrische und klimatische Prüfungen und deren Schärfegrade fest, überlässt jedoch die Stabilitätsanforderungen dem jeweiligen Hersteller. Durch die hohe Anzahl an Prüfmustern und die Art der Prüfungen wird die Qualität eines Bauelementes in vielerlei Hinsicht geprüft. Insbesondere die Feuchteprüfungen stellen eine hohe Prüfschärfe dar.

Um Widerstände herzustellen, die den oben beschriebenen Anforderungen genügen, ist nicht nur eine geeignete Bauelementekonstruktion notwendig. Prozesstechnik und Produktionsanlagen werden stetig optimiert und tragen in entscheidendem Maße zu Qualität und Erfolg der Produkte bei.


  1. Den richtigen Widerstand finden
  2. Auswirkungen von Temperaturwechseln, Feuchtigkeit und Impulsen
  3. Produktvielfalt für unterschiedlichste Einsatzfälle

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