Konsequenzen aus der Krise

»Die Obsoleszenz-Problematik wird offenbar!«

12. Oktober 2021, 13:28 Uhr | Heinz Arnold
Diesen Artikel anhören

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Abhängigkeiten...

Und welche Konsequenzen erwarten Sie mittelfristig bis langfristig?

Die in den letzten Jahrzehnten gerade im Bereich der Elektronikkomponenten extrem gestiegene Abhängigkeit von amerikanischen und asiatischen Produzenten wird sich trotz Ankündigung von EU-Fördergeldern in vielen Produktbereichen wohl leider nicht mehr rückgängig machen lassen. Gleichzeitig müssen wir wie schon eingangs erwähnt nach heutigem Stand davon ausgehen, dass der europäische Halbleitermarkt in den nächsten Jahren im Vergleich zum amerikanischen und vor allem zu den asiatischen Märkten prozentuell wohl weiter an Bedeutung verlieren wird.

Diese unglückliche Konstellation birgt auf Dauer latente Risiken für den Industriestandort Deutschland und die Versorgungssicherheit produzierender Unternehmen. Ich würde mir deshalb wünschen, dass die aktuelle Krise mittel- und vor allem langfristig noch mehr europäische und insbesondere auch deutsche Unternehmen für die in den letzten zehn Jahren in vielen Segmenten stark zugenommene Obsoleszenz-Problematik sensibilisiert.

Ziel muss es sein, alle denkbaren Optionen zu nutzen, um die aus dieser Abhängigkeit resultierenden Risiken wo auch immer möglich zu minimieren. Über unsere Dachorganisation, das International Institute of Obsolescence Management (IIOM), sind wir international bestens vernetzt und leisten hier als COGD seit vielen Jahren einen ganz wichtigen Beitrag dazu.

Durch die aktuelle Pandemie sind andere, die langfristige Verfügbarkeit mancher Produkte nachhaltig beeinflussende Faktoren wie REACH etwas aus dem Fokus gerückt. Wie ist hier der aktuelle Status?

Viele unserer Mitgliedsfirmen klagen zunehmend darüber, dass es für sie immer schwieriger und teurer wird, all den verschiedenen gesetzlichen Anforderungen und den damit verbundenen Dokumentationspflichten nachzukommen. Besonders problematisch erweist sich hier die Deklarationspflicht potenziell gefährlicher Chemikalien. Die weltweiten Bestrebungen diverser Regierungen und Nichtregierungsorganisationen, die Verwendung solcher Stoffe stärker zu regulieren, sind grundsätzlich natürlich absolut lobenswert. Was bislang allerdings fehlt, ist ein international einheitliches, vollständig digitales Verfahren zur Erfassung und Verwaltung beispielsweise aller für die SVHC-Deklarationen relevanten Daten. Hier besteht aus Sicht der COGD definitiv dringender Handlungsbedarf.

Wo hakt es denn Ihrer Meinung nach besonders?

Ein gutes Beispiel sind die vielen verschiedenen Stoffinventare bzw. Chemikalienregulierungen wie die REACH-Verordnungen der EU und Großbritanniens sowie viele weitergehende in der Schweiz, Türkei, der Eurasischen Wirtschaftsunion, in Indien, Thailand, Vietnam, Malaysia, Philippinen, Taiwan, Südkorea, Japan, Australien, Neuseeland, Brasilien, Mexiko, USA, Kanada und der Volksrepublik China.

In allen Regionen gelten die entsprechenden Verpflichtungen zur Stoffe-Deklaration. Unternehmen, die ihre Produkte in der Europäischen Union in Verkehr bringen wollen, müssen aber zusätzlich noch die EU-Abfallrahmenrichtlinie beachten, der zufolge Produkte mit einem SVHC-Masseanteil von mehr 0,1 Prozent zusätzlich in der SCIP-Datenbank registriert werden müssen. Was vielen Anwendern bislang vielleicht noch nicht so richtig bewusst ist: Die SCIP-Meldeverpflichtung aus der EU-Abfallrahmenrichtlinie mit der Deklarationspflicht gegenüber der ECHA ist bereits seit Oktober 2020 vom deutschen Gesetzgeber im Chemikaliengesetz verortet worden.

Solche unterschiedlichen Prozedere stellen für alle Unternehmen, die sich gesetzeskonform den Auflagen unterwerfen und sich mit proaktivem Obsoleszenzmanagement befassen, eine enorme Belastung dar. Natürlich ist es eine große Herausforderung, alle derzeit noch gültigen verschiedenen Gesetzgebungen weltweit zeitnah zu vereinheitlichen, aber ohne ein Höchstmaß an Transparenz und Prozessdigitalisierung ist zu befürchten, dass die Zahl kurzfristig nicht mehr verfügbarer Komponenten in den kommenden Jahren noch einmal drastisch nach oben schnellen könnte. Und das gilt es aus unserer Sicht natürlich unbedingt zu verhindern. Noch ist es nicht zu spät.


  1. »Die Obsoleszenz-Problematik wird offenbar!«
  2. Abhängigkeiten...

Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu COG Deutschland e.V.