Innovationen, die das Thema Sicherheit nicht berücksichtigen, können keinen Bestand haben, denn die elektronischen Systeme verzeichnen eine zunehmende Komplexität – das gilt in besonderem Maße für die programmierbaren Systeme. Hinzu kommt ein wachsender Softwareanteil in fast allen Produkten. Die Software übernimmt den Großteil der Sicherheitsfunktionen, so dass qualitative Aussagen über die Software gefordert sind. Damit geht eine steigende Vielfalt an Fehlermöglichkeiten einher.
Die Grundidee der funktionalen Sicherheit ist eine Strategie zur Reduzierung vorhandener Risiken. Dabei wird alles Sinnvolle umgesetzt, mit dem Ziel, ein sicheres System zu schaffen, so dass Schäden und Gefahren für den Menschen vermieden werden. Damit geht die funktionale Sicherheit über die klassischen Sicherheitsmaßnahmen hinaus. Im Automobilsektor besteht dabei eine besondere Herausforderung, denn es kommen immer mehr Halbleiter und deren Anwendungsprofile im Fahrzeug zum Einsatz, die nicht speziell für den Automobilsektor entwickelt wurden. Das führt zu einem erhöhten Risiko für die Funktionsabsicherung – physische Grenzen werden erreicht und damit die Robustheit und Zuverlässigkeit reduziert.
Das Qualifikationsverfahren AEC Q100 für Halbleiter des Automotive Electronics Council (AEC) genügt somit nicht mehr, um die Zuverlässigkeit zu gewährleisten, wie sie für sicherheitsrelevante Elektronik notwendig ist. Aus diesem Grund hat der internationale Arbeitskreis, bestehend aus dem Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) sowie dem US-amerikanischen und japanischen SAE, einen neuen, alternativen Ansatz zum AEC-Verfahren entwickelt: Robustness Validation. Robustness Validation bewertet die Zuverlässigkeit elektronischer Bauelemente, indem die konkreten Anforderungen an das Produkt mit den tatsächlichen Werten verglichen werden, um so gezielte Aussagen über Risiken und Zuverlässigkeit treffen zu können. Vorteile dieser Methode sollen sich in der höheren Ausfallsicherheit sowie in Zeit- und Kostenreduzierung bei der Entwicklung zeigen.
Ein Beispiel verdeutlicht dies: Antriebssysteme, die für den Einsatz in der Automobilindustrie gedacht sind, müssen den aktuellen Anforderungen an Kompaktheit, Genauigkeit und Drehmomentkapazität genügen und die Sicherheitskriterien erfüllen, hinzu kommen Funktionalität und Integration. Für den Antrieb von Elektrofahrzeugen werden heute jedoch immer häufiger Leistungshalbleiterlösungen verwendet, die bisher nicht im Auto eingesetzt wurden. Das sind Leistungsschalter bis zu 1200 V / 800 A, deren Ansteuerung und spezielle ICs für das Batterie-Management benötigt werden. Diese Leistungshalbleiter müssen über die Qualität, Temperaturbeständigkeit und Robustheit verfügen, wie sie die Automobilbranche fordert. Damit sie – trotz stetig wachsender Leistungsfähigkeit der Bauelemente – die nötige Robustheit mitbringen, müssen die Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Prozesskonformität strikt eingehalten werden. Das gilt für den gesamten Entwicklungsprozess, vom Beginn des Konzeptentwurfs bis zur Serienfertigung. Nur wenn jeder Schritt den hohen Anforderungen der Prozessvorgabe und den Richtlinien der ISO 26262 (Funktionale Sicherheit im Automobil) entspricht, lassen sich Fehlfunktionen einschränken bzw. sogar ganz vermeiden.