»Unsere Wirtschaft boomt. Allokationen und Lieferzeiten mit 30 bis 40 Wochen gibt es bereits seit längerer Zeit. Wer bisher unter den langen Lieferfristen stöhnte, wird sich über die folgende Botschaft noch weniger freuen: In China werden in Kürze die Preise explodieren!
Grund dafür sind staatliche Pläne, das Mindesteinkommen von derzeit 600 bis 800 RMB auf 2000 bis 2500 RMB zu erhöhen. Vorboten hierfür waren Streiks in der Automobilindustrie (z.B. Honda). Auch Streiks bei Foxconn, dem Hauslieferanten für Apple-Produkte, haben die chinesische Regierung zu Aktionen gezwungen. Um die Führung nicht zu verlieren, hat man sich an die Spitze der Bewegung gesetzt und verordnet jetzt staatlicherseits gewaltige Lohnerhöhungen. Auch Arbeitswochen von sieben Tagen, mit acht bis zwölf Stunden täglich, sollen verboten werden. Dies wird sich negativ auf die Preise von passiven Bauelementen auswirken. Verdoppelungen der Preise bei den C-Teilen sind nicht mehr ausgeschlossen. Zusammen mit der Verknappung der passiven Bauelemente an den Weltmärkten werden diese Kostensteigerungen in Kürze auf die Preise durchschlagen. Es werden nicht nur die Löhne in die Höhe gehen, auch die Rohmaterialien werden teurer. Die chinesische Regierung will eine deutliche Reduzierung ihrer Exporte von seltenen Erden einführen, die für die Herstellung vieler Bauelemente unabdingbar sind. Betroffen wären LCDs, Batterien, Magnete, Ferrite und andere Hightech-Produkte.
Eine weitere Erschwernis bilden neue Vorschriften etwa aus der Provinz Changzhu, die eine Einsparung des Stromverbrauchs von 4,2% gegenüber dem Vorjahr verordnen, worauf man beschlossen hat, an neun Tagen kontinuierlich und an fünf Tagen gar nicht zu arbeiten. Die Folge sind eine Reduzierung der Produktionskapazität um 15% und gravierende Lieferverzögerungen. Mit der Anschaffung von Dieselgeneratoren versucht man nun, eine eigene Stromversorgung zu schaffen und sich von den staatlichen Stromversorgungen unabhängig zu machen. Einkäufer, die bei Jahresverträgen für 2011 mit sinkenden Preisen rechnen, dürften bitter enttäuscht werden.
Die Konjunktur, die in den letzten Monaten so schön hochgefahren war, könnte deshalb einen empfindlichen Dämpfer bekommen – nicht nur durch Umsatzschwächen auf dem US-Markt oder anderen Märkten, sondern durch die Materialknappheit und die damit verbundenen steigenden Preise. Das Billiglohnland China schickt sich an, sein Billig-Image aufzupolieren. Textil-, Spielwaren- und Schuhindustrie haben bereits scharenweise das Land verlassen, und bei elektronischen Produkten, soweit sie an der Ostküste produziert werden, will man auf höherwertige Produkte umschwenken und die Hersteller zwingen, ins Ausland zu gehen oder nach Mittel- oder Westchina auszuweichen. Dies sind keine Utopien mehr. Der Umschwung hat bereits begonnen. Unsere deutschen Einkäufer wären gut beraten, sich auf diesen Umschwung einzustellen!«