Ein Überschlag tritt auf, wenn das elektrische Feld im Isolationsmaterial stark genug ist, freie Ladungsträger, wie Elektronen und Ionen, soweit zu beschleunigen, dass diese wiederum Elektronen aus den Atomen des Isolationsmaterials schlagen können und diese so ionisieren. Die Beschleunigung der neu entstandenen Ionen führt zu einer Kettenreaktion, welche die Anzahl freier Ladungsträger im Isolationsmaterial sprunghaft ansteigen lässt. Dadurch sinkt der Isolationswiderstand dramatisch. Der Ionenbeschuss, zusammen mit der Beanspruchung durch Teil- und Koronaentladungen sowie Ozonbildung, verschlechtern die Isolationseigenschaften, sodass die Isolierung schlussendlich versagt.
Verunreinigungen in den Isolationsmaterialien wie eingeschlossene Luft (Bild 1), Flüssigkeiten, Feuchtigkeit und Fremdpartikel, verringern die Durchbruchspannung. Ein gut kontrollierter und beherrschter Vergussprozess unter Vakuum ist daher sehr wichtig, um Luftblasen zu verhindern. Darüber hinaus können inkompatible Materialien lokale Taschen mit nicht ausgehärteter Vergussmasse bilden. Zudem dürfen Isolationssysteme nicht hygroskopisch sein.
Beim Thema Isolationen spielen Spannungsunterschiede eine Rolle. Das Coulombsche Gesetz besagt, dass die Kraft zwischen zwei statisch geladenen Kugeln umgekehrt proportional zur deren Oberfläche ist. Werden Spannungsunterschiede nicht ausreichend berücksichtigt, könnten zu hohe Feldstärken und Ladungsdichten entstehen. Das Paschen-Gesetz beschreibt, dass in einem homogenen Feld die Durchschlagspannung eine Funktion des Produktes aus Gasdruck und Elektrodenabstand ist. Avionik-Anwendungen beispielsweise arbeiten in einem breiten Luftdruckbereich mit großen Änderungen der Durchschlagsspannung nach der Paschen-Funktion. Dies erfordert Konstruktions- und Fertigungsprozesse auf höchstem Niveau.
Einigen mag es als gute Idee erscheinen, unterschiedliche Isolierstoffe zu kombinieren, um eine ausreichende Isolationsspannung zu bekommen. Doch durch eine fehlerhafte Paarung bei der Dielektrizitätszahl von Isolatoren verteilt sich die elektrische Feldstärke im Isolator ungleichmäßig. Hier gilt das 2. Kirchhoffsche Gesetz und der Isolator kann damit durch Überlastung ausfallen. Auch parasitäre Kapazitäten können vor allem in Wechselspannungsanwendungen eine ungleichmäßige Spannungsverteilung verursachen. Spannungs- und Stromtransienten an Isolationsstrecken können einen sofortigen Totalausfall nach sich ziehen oder langfristig die Isolation so schädigen, bis ein Fehler auftritt. Da die Energie ½CU² entspricht, steigt die gespeicherte Energie mit der Spannung quadratisch.
Wiederholte Spannungsspitzen, wie sie bei einem externen Lichtbogenereignis auftreten, können bewirken, dass die Spannung ungleichmäßig verteilt ist sowie Isolationsbauteile und -materialien thermisch überlasten. Zusätzliche parasitäre Elemente, wie Steukapazitäten und -induktivitäten, können hierbei zu einem nicht vorhersehbaren Verhalten wie induzierte Spannungen oder ungleichmäßige Spannungsverteilung an internen Komponenten führen. Die Komponenten und Materialien, die bei der Entwicklung ausgewählt werden, müssen diesen Effekten und Belastungen widerstehen können.
Gesundheits- und umweltbedenkliche bromierte Flammschutzmittel in Gehäusematerialien sind durch andere Materialien wie Aluminiumtrihydrat-Verbindungen (ATH) zu ersetzen, um die Flammschutzklasse nach UL 94-V0 einzuhalten. Bei Temperaturen ab +220 °C spaltet sich ATH auf und gibt 35 % seines Gewichts als Wasserdampf frei. Wenn ein Lichtbogen in einem Hochspannungssystem auftritt, kann dies ein Plasma mit Temperaturen von über +2000 °C erzeugen. Durch ATH freigesetzter Wasserdampf ist vorteilhaft, um ein Entflammen zu verhindern, in Hochspannungsisolationssystemen aber ist dies äußerst unerwünscht (Bild 2).
MTTCF von 123 Jahren
Ein Beispiel für Hochspannungsanwendungen in rauer Arbeitsumgebung sind mehr als 5000 Neutrinosensoren, wie sie im Aufmacherbild und in Bild 3 zu sehen sind. Die Sensoren arbeiten im Rahmen des Projekts »IceCube« zwei Kilometer tief im Eis des Südpols. Jeder Sensor verfügt über ein digitales optisches Modul (DOM), das eine Hochspannungsstromversorgung von XP Power hat. Die Geräte arbeitet mit einer Lebensdauer von zwanzig Jahren bei Temperaturen von bis zu –40 °C.
Die Zuverlässigkeit ist hier von entscheidender Bedeutung, da es keine Möglichkeit gibt, die Sensoren zu reparieren. Die DOMs sind inzwischen seit mehr als zehn Jahren im ewigen Eis in Betrieb und bisher wurden noch keine Hochspannungsausfälle gemeldet. Die mittlere Zeit bis zu einem kritischen Fehler (Mean Time To Critical Faliure, MTTCF) der Stromversorgung wurde mit 123 Jahren berechnet.