Vom Distributor zum Hersteller

XP Power: Erfolgreicher Wandel vom Stromversorgungs-Distributor zum Hersteller

16. April 2012, 12:06 Uhr | Engelbert Hopf
Steve Elliott, XP Power: »Mit zwei leistungsfähigen, auf Low-Volume, High-Mix ausgegrichteten Produktionsstätten in China und Vietnam werden wir unsere Marktstellung im Industrie-Stromversorgungsbereich in Zukunft noch deutlich ausbauen können.«
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Vom Distributor zum Hersteller: XP Power hat nicht nur den Transformationsprozess erfolgreich abgeschlossen, wie Steve Elliott, der Sales Director des Unternehmens erläutert, sondern mit dem Aufbau zweier leistungsfähiger Produktionsstätten in China und Vietnam auch die Voraussetzungen für überdurchschnittliches Wachstum geschaffen.

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Markt&Technik:  162 Mio. Dollar Umsatz im Vorjahr, seit kurzem mit Ho Chi Minh City eine zweite Fertigungsstätte neben Kunshan in China und steigende Aufträge von Bluechip-Kunden. Scheint so, als sei XP Power die Transformation vom Distributor zum Stromversorgungshersteller gelungen?

Steve Elliott: Wir haben unser Distributionsgeschäft ja bereits 2007 eingestellt, doch haben wir die Schlagkraft, die wir inzwischen erreicht haben, natürlich über die letzten fünf Jahre aufgebaut. 2011 trugen bereits 90 Prozent der von uns verkauften Produkte unseren Brand, 2010 waren es noch 88 Prozent. Noch wichtiger für uns ist aber die Tatsache, dass 2011 bereits 57 Prozent unseres Umsatzes auf Produkte entfielen, die von uns entwickelt wurden.

Sie sprechen von der erfolgreichen Transformation vom Distributor zum Hersteller. Für welche Stromversorgungsprodukte steht XP Power heute, und um welche Produktbereiche kümmern Sie sich nicht?

Unser Schwergewicht liegt ganz klar auf der AC/DC-Seite. Darauf entfallen gut 75 Prozent unseres Umsatzes, der Rest auf DC/DC-Wandler. Was wir nicht machen, sind Hutschienen-Netzgeräte, PC-Netzgeräte, Steckernetzgeräte für Consumeranwendungen, Brick-Wandler oder auch Solarinverter. Das ist nicht unser Geschäft und wird es auch nie sein. Unser klarer Fokus liegt auf Industrie-Netzteilen in all ihren Ausprägungen. So entfallen etwa 20 Prozent unseres Umsatzes auf das Geschäft mit konfigurierbaren Stromversorgungen.

Als Spezialist für Industrie-Stromversorgungen: Was sind die wichtigsten Anwendungsbereiche für Ihr Unternehmen?

Wenn Sie die einzelnen Segmente betrachten, dann ist das ganz klar der Medizinelektronikbereich. Er steht für 26 Prozent unseres Umsatzes. Zwar entfallen 45 Prozent des Umsatzes auf Industrieanwendungen, dieser Block unterteilt sich aber in verschiedene Anwendungsbereiche. So stellen etwa Stromversorgungslösungen für Automatisierungslösungen den größten Einzelbereich bei den Industrieanwendungen dar. Ähnlich verhält es sich mit dem Bereich Technologie, der für 29 Prozent unserer Umsätze steht. Unter dieses Segment fallen beispielsweise sowohl Power-Lösungen für Networking- aber auch für Computer- oder Halbleiter-Fertigungsequipment.

XP Power hatte in der Vergangenheit eine starke Basis in den USA und Europa. Hat sich daran mit den Fertigungsstätten in Asien etwas verändert?

Nein, 47 Prozent unseres Umsatzes erzielen wir nach wie vor in Nordamerika. Das dokumentiert sich auch im hohen Anteil des Medizinelektronik- und Technologieumsatzes in dieser Region. Mit 44 Prozent folgt Europa knapp dahinter. Hier liegen die Industrie-Stromversorgungen klar vorne. Unser Geschäftsanteil in Asien bewegt sich mit 9 Prozent auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau. Es dürfte aber auch nicht verwundern, dass wir in Asien 2011 mit 64 Prozent das absolut höchste Wachstum in unseren verschiedenen Absatzregionen beobachten konnten.

Ein Umsatz von 162 Mio. Dollar positioniert Sie im Mittelfeld der großen, global tätigen Stromversorgungshersteller. Wo sehen Sie sich derzeit, und welche Zukunftsperspektiven stecken noch in XP Power?

In dem von uns bedientem Markt, sehen wir uns auf Position 5, unter Berücksichtigung der Stromversorgungssegmente, die wir bedienen. In Europa und den USA sehen wir uns im Industrie-Stromversorgungsbereich auf Platz 1. In Europa teilen wir uns diese Position mit TDK-Lambda. Unser Ziel ist es, mit den jetzt geschaffenen Produktionskapazitäten, unsere Marktposition weiter auszubauen. Dazu wollen wir auch unseren Status als »Prefered Supplier« weiter deutlich ausbauen.

Trotzdem: Sehen Sie die Möglichkeit mit den inzwischen geschaffenen Produktionskapazitäten in Umsatzregionen vorzustoßen, die im mittleren dreistelligen Millionen-Dollar-Bereich liegen, oder ist ein derart forciertes Wachstum nicht das Ziel?

Wir sehen in unserer jetzigen Unternehmensgröße entscheidende Vorteile: Wir sind noch klein genug, um schnell und kundenorientiert reagieren zu können, gleichzeitig sind wir aber auch groß genug, etwa als gewichtiger Komponenten-Einkäufer wahrgenommen zu werden. Wären wir deutlich größer, würden wir einen Großteil unserer Flexibilität verlieren. Aus unserer Sicht bietet dieses »Mittellage« eindeutig Vorteile, und sie bietet vielfältige Potenziale. So werden wir etwa in Zukunft den Anteil unserer »Engineering Solutions«, der derzeit bei etwa 10 Prozent des Umsatzes liegt, deutlich erhöhen, unser mittelfristiges Ziel liegt bei 20 Prozent. Das können wir nur bei entsprechend flexiblen Strukturen. In Verbindung mit den inzwischen geschaffenen Fertigungskapazitäten in Asien wird sich unser Wachstum in Zukunft wohl beschleunigen.

Ihr Entwicklungszentrum ist in Orange County, Kalifornien, beheimatet. Bedeutet das, »Engineering Solutions« entstehen vor allem in Fyfield, Großbritannien, oder gibt es noch andere Standorte für solche kundenspezifisch abgewandelten Stromversorgungslösungen?

In Fyfield werden vor allem die konfigurierbaren Stromversorgungen hergestellt, daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. In Deutschland haben wir in Waghausel ein Team von drei Ingenieuren aufgebaut, die sich dort ausschließlich um die Realisierung von Added-Value-Anwendungen beschäftigen. Gerade im Industrie-Stromversorgungsmarkt spielt die Fähigkeit, dem Kunden zusätzlichen Nutzen bieten zu können, eine wichtige Rolle. Wir werden dem Kunden nie eine kundenspezifische Stromversorgungslösung bieten können, aber wir sind in der Lage, ihm ein auf seine Applikation zugeschnittenes Gesamtpaket von Stromversorgung, Verkabelung und Elektromechanik zu geben.

Sie haben in den letzten Jahren massiv in den Aufbau einer neuen Produktpalette investiert. Wodurch zeichnen sich diese Geräte vor allem aus?

Unser Ziel war es vor allem, Produkte mit hohem Wirkungsgrad und geringem Stand-by-Bedarf zu entwickeln. So haben wir allein im letzten Jahr 38 neue Produktfamilien auf den Markt gebracht. Erfahrungsgemäß werden diese Neuvorstellungen in etwa eineinhalb Jahren umsatztechnisch bemerkbar machen. Es gibt aber auch Anwendungsbereiche, da kann es bis zu vier Jahren dauern, bis aus innovativen Produkten interessante Zahlen in der Umsatzbilanz werden. Unser Ziel ist es, letztlich 95 Prozent unseres Umsatzes mit von uns selbst entwickelten Produkten zu erzielen.

Sie haben im Dezember 2010 den Grundstein für Ihr neues Werk in Vietnam gelegt. Jetzt nehmen Sie dort die Produktion auf. Gab es neben der Kostenentwicklung in China noch andere Gründe für diesen Schritt?

Zum einen waren die in den letzten drei Jahren jährlich um 20 Prozent steigenden Arbeitskosten in China ein Grund für diese Entscheidung. Wir wollten mit diesem zweiten Fertigungsstandort in Ho Chi Minh City aber auch das geopolitische Risiko reduzieren. Auch hinsichtlich etwaiger Naturkatastrophen sind wir in Zukunft nun sicherlich besser aufgestellt als in der Vergangenheit.

Einer der Gründe, den Sie nicht genannt haben, bestand darin, dass vor allem Kunden aus dem Medizinbereich auf eine eigene Produktionsstätte ihrer Lieferanten Wert legen. Das dürfte sich bei Ihnen nun auch geändert haben.

Sie haben Recht, aber genau diese Bedenken einiger Bluechip-Kunden waren der Anstoß dazu, 2007 die Entscheidung für eine eigene Fabrik zu treffen.  Wir haben unser Business-Konzept entsprechend angepasst und weiterentwickelt.

Sie haben mit der Produktion magnetischer Komponenten in Ho Chi Minh City begonnen. Wird es dabei bleiben, oder planen Sie, in Zukunft Ihr komplettes Produktspektrum an zwei Fertigungsstandorten produzieren zu können?

Magnetische Komponenten sind nur der Einstieg. Bereits Ende dieses Jahres werden wir unsere ersten Schaltnetzteile in Vietnam produzieren. Ho Chi Minh City ist nach internationalen Standards die »grünste« derzeit produzierende Stromversorgungs-Fabrik auf der Welt. Wir sind in der Lage, auf dem Gelände zwei Fabriken unserer heutigen Fertigung in Kunshan zu errichten. Sie sehen: Wir haben die Grundlagen für eine massive Steigerung unserer Produktionskapazität gelegt. Welche Bedeutung die beiden Fabrikationsstätten für uns haben, können Sie auch daran ablesen, dass von etwa 1000 Beschäftigten, die in diesem Jahr bei XP Power arbeiten werden, etwa 700 in der Produktion tätig sind.

Sie erheben den Anspruch, mit dem Werk in Ho Chi Minh City nun über die weltweit umweltverträglichste Stromversorgungs-Fertigungsstätte zu verfügen. Ist das mehr als Marketing?

Natürlich ist das eine Möglichkeit, sich im Wettbewerb zu differenzieren, aber wir sagen auch ganz klar, dass es unser Ziel ist, in unserer Branche einen Benchmark zu setzen, was umweltverträgliche Produktion angeht. So sind heute bereits 92 Prozent unseres Umsatzes durch die ISO 14001 abgedeckt. Wir sind Vollmitglied der Electronic Industry Citizenship Coalition (EICC), die sich umweltverträgliches Wirtschaften auf die Fahnen geschrieben hat. Welche Bedeutung Transparenz bei diesem Thema hat, können Sie immer wieder dann beobachten, wenn etwa die Arbeitsbedingungen bei chinesischen Bestückungs- und Fertigungsdienstleistern das Image börsennotierter nordamerikanischer Unternehmen beschädigen. Für uns ist ein Engagement in diese Richtung aber auch schlicht aus dem Grund selbstverständlich, weil die gesetzgeberischen und politischen Initiativen im Zusammenhang mit der Ressourcenschonung nach energieeffizienteren Produkten verlangt. Das treibt unser Business an.

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