Mobilitäts-Apps

Wie User Experience das Mobilitätserlebnis prägt

2. März 2023, 11:30 Uhr | Autorin: Lena Myshelova, Redaktion: Irina Hübner
Mobilitäts-Apss sollen das Leben einfacher machen.
© AdobeStock

Mit einer gelungenen User Experience können Mobilitätsdienstleister das Mobilitätserlebnis maßgeblich beeinflussen. Damit das gelingt, müssen einige Aspekte beachtet werden.

Verkehrswende, innovative Mobilitätslösungen und alternative Kraftstoffe – um das Thema der neuen Mobilität kommt momentan niemand herum. Kein Wunder also, dass auch Mobilitätsapps immer beliebter werden. Doch mit der Nutzung der Smartphone-basierten Applikationen sind einige Erwartungen verknüpft. Schließlich möchte sich niemand mit Apps auseinandersetzen, die Ewigkeiten zum Öffnen brauchen, deren Ansicht nicht mit der Größe des Handy-Displays kompatibel ist oder die nicht intuitiv bedienbar sind. Eine überzeugende User Experience kann Enttäuschungen der Anwenderinnen und Anwender entgegenwirken.

Was ist User Experience überhaupt?

Der Begriff User Experience, kurz UX, beschreibt das gesamte Erlebnis im Umgang mit Unternehmen oder einem Produkt. Dabei ist es nicht nur wichtig, was die Anwenderinnen und Anwender – beispielsweise von einer App – empfinden, während sie die Applikation verwenden. Es geht um das Gesamterlebnis: Von der Kenntnis über ein bestimmtes Produkt beziehungsweise Angebot, hin zum Bedürfnis, die dazu passende App zu nutzen. Natürlich spielen aber auch das Erlebnis während der Nutzung und das Gefühl nach Verlassen der Applikation eine wichtige Rolle. Selbst die Empfehlungen der App gegenüber anderen Personen zählen zur User Experience.

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Nutzerinnen und Nutzer stehen somit im Mittelpunkt von jeglichen Überlegungen, die die Umsetzung der UX betreffen. Deshalb ist es das oberste Ziel von Produktdesignerinnen und -designern, dafür zu sorgen, dass die Bedürfnisse der Zielgruppe zu jedem Zeitpunkt des Anwendererlebnisses gestillt werden. Dafür müssen unter anderem alle relevanten Informationen für die Anwenderinnen und Anwender greifbar sein. Die App muss gut funktionieren und intuitiv bedienbar sein.

UX ist nicht gleich UX – die Besonderheiten von Mobilitätsapps

Soweit, so gut. Jedoch ist UX nicht gleich UX! Mit über 3,55 Millionen Apps, die allein im Google Play Store zum Download bereit stehen, wird nämlich eines klar: Es gibt Applikationen aus allen möglichen Branchen. Je nachdem, um was für eine Art App es sich handelt, können die Nutzungsbedürfnisse stark variieren.

Bei E-Commerce-Apps geht es zum Beispiel darum, das Kauferlebnis so angenehm wie möglich zu gestalten. Dabei wird von den Nutzerinnen und Nutzern evaluiert, wie die Auswahl der Produkte ist und ob sie diese in der Applikation schnell finden. Zudem muss das Design die Emotionen der Kaufwilligen ansprechen, um die Kaufkraft zu unterstützen. Ganz wichtig ist auch die Zahlungsabwicklung. Den Nutzerinnen und Nutzern ist es wichtig, dass der Bezahlprozess so einfach wie möglich ist – zu viele oder zu komplizierte Bezahlschritte können abschrecken.

So muss bedacht werden, dass das gesamte Kauferlebnis, aber auch die anschließende Lieferung möglichst schnell und unkompliziert funktionieren sollte. Zudem kommen Fehler in den Anwendungen den Händlern teuer zu stehen. Circa 88 Prozent der Online-Shopperinnen und -shopper gaben beispielsweise an, eine bestimmte Anwendung nicht mehr zu nutzen, nachdem die User Experience unbefriedigend war [1] – Alternativen gibt es im E-Commerce-Umfeld schließlich genug.

Bei Mobilitäts-Apps ist die User Experience etwas komplexer. Zwar erfreuen sie sich seit einigen Jahren an steigender Beliebtheit – schließlich nutzt mittlerweile fast jede zweite Person eine solche auf dem Handy – jedoch können die Nutzerbedürfnisse stark variieren. Das liegt daran, dass Mobilität ein sehr umfangreiches Thema ist. So gibt es beispielsweise Leute, die Apps nutzen, um lediglich die kürzeste Strecke von A nach B zu finden. Andere wiederum suchen nach den besten Mobilitätslösungen, um die sogenannte »letzte Meile« zu überbrücken, also die Distanz zwischen dem momentanen Aufenthaltsort und der nächsten Bus- beziehungsweise Bahnstation.

Sie brauchen daher eine App, die verschiedene Anbieter und deren Preise auflistet. Auch Fahrerinnen und Fahrer von Elektroautos nutzen in der Regel Mobilitätsapps, zumeist vom Mobilitätsdienstleister ihrer Wahl. Ihre Intention: Die nächstgelegenen, freien und funktionierenden Ladestationen zu finden und gegebenenfalls direkt in der App bezahlen können, um das E-Autofahren so unkompliziert und effizient wie möglich zu gestalten.

In einer Zeit, in der E-Mobilität ein großes Thema ist, zeigen sich auch die Besonderheiten, wenn es um die UX in E-Mobilitätsapps geht. Im Gegensatz zum E-Commerce-Sektor ist die E-Mobilitätsbranche immer noch in ihrer Entstehungsphase. Zwar ist die Zeit, in der lediglich die Early Adopter, also diejenigen, die bereits zu Anfangszeiten E-Autos genutzt haben, längst vorbei. Doch mit zunehmender Beliebtheit steigen auch die Anforderungen an die UX. So waren die Early Adopter zu Anfangszeiten froh, wenn es überhaupt eine Applikation gab, die ihnen das Laden ihrer E-Autos erleichtert. Dabei waren Faktoren wie das Design eher Nebensache.

Was bei der UX bei E-Mobilitätsapps immer mitschwingt, ist die Leidenschaft, die alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Sektor miteinander verbindet. Das schnelle Wachstum dieser Branche ist inspirierend, schafft für alle Beteiligten des E-Mobilitätssektors aber auch neue Herausforderungen – auch für die Produktdesignerinnen und -designer. Im Endeffekt arbeiten hier alle an einem gemeinsamen Ziel: Zu zeigen, dass E-Mobilität genauso unkompliziert sein kann wie das Betanken von Verbrennern.

Die User Experience hat also das Potenzial, das gesamte Mobilitätserlebnis von E-Fahrerinnen und -Fahrern zu beeinflussen, etwa durch das Anzeigen der nächstgelegenen sowie defekten Ladesäulen. Auch die Möglichkeit, besetzte Ladesäulen frühzeitig zu erkennen, wirkt sich positiv auf das Anwendererlebnis aus.

Mit UX ein positives Mobilitätserlebnis schaffen – so geht’s:

  1. Die Herausforderungen erkennen: Für viele Menschen ist Mobilität ein Grundbedürfnis. Gleichzeitig leben wir in einer immer schnelllebigeren Gesellschaft. Mobilität muss also effizient sein und den Leuten Zeit sparen. Genauso sollten Mobilitätsapps funktionieren, denn im Endeffekt geht es auch hier darum, mit einer gelungenen UX dafür zu sorgen, dass Menschen beim Mobilsein Zeit sparen. Diese und andere Herausforderungen müssen Produktdesignerinnen und -designer bereits im Hinterkopf haben, bevor sie mit der eigentlichen Strategie beginnen.
  2. Festlegung der Zielgruppen: Nun geht es darum, die Zielgruppe festzulegen. Im Falle von Ladeapps besteht die primäre Zielgruppe aus den E-Fahrerinnen und -Fahrern. Jedoch kommen hier noch andere Anspruchsgruppen wie etwa die Ladesäulenbetreiber hinzu. Schließlich müssen diese erfahren, wenn die Anwenderschaft eine defekte Ladesäule meldet. Zudem muss die App auch für die sekundäre Zielgruppe funktionieren. Dazu gehört beispielsweise der Admin der Applikation, der nur durch eine einfache UX seine administrativen Aufgaben effizient ausführen kann.
  3. Strategieentwicklung: Anschließend müssen Produkt-Expertinnen und -Experten die richtige Strategie entwickeln. Dafür sollte ausreichend Zeit eingeplant werden, denn sie ist mit viel Recherche verbunden. So muss zum Beispiel festgelegt werden, welcher Content an welcher Stelle platziert wird, wo Buttons hinkommen und wie das Bezahlsystem in die App integriert werden kann. Auch hierbei gilt: Die Zielgruppe bildet stets den Mittelpunkt aller Überlegungen. Deshalb sind in dieser Phase Interviews mit (potenziellen) Anwenderinnen und Anwendern sinnvoll, um alle Bedürfnisse bestmöglich abzubilden.
  4. Unterstützendes Design: Das Design in der App sollte natürlich die Corporate Identity, also sowohl das visuelle Erscheinungsbild als auch die Tonalität des entsprechenden Mobilitätsdienstleisters, widerspiegeln. Wichtig dabei ist, dass das Design nicht im Vordergrund steht. Es dient als Unterstützung für den Inhalt der App.
  5. Testen, testen, testen: Auch während die App schon auf dem Markt ist, sollte sie immer wieder getestet werden. Sind die Nutzerinnen und Nutzer zufrieden und können sie die Applikation intuitiv bedienen? Funktionalität steht hier an erster Stelle, um Frust der Anwenderinnen bzw. Anwender zu vermeiden.

Produktdesignerinnen und -designer können mit einigen Kniffen das Mobilitätserlebnis der E-Fahrerinnen und -Fahrer maßgeblich beeinflussen. Damit alles reibungslos funktioniert, ist aber auch der Austausch wichtig. In den UX-Prozess müssen deshalb alle Anspruchsgruppen einbezogen werden. Zudem können sich politische Änderungen auf die UX-Entwicklung auswirken – etwa, wenn dadurch neue Zielgruppen die App nutzen. Generell gilt: Die Entwicklung der UX ist ein laufender Prozess.


Literatur
[1] Gomez Inc.; Why Web Performance Matters: Is Your Site Driving Customers Away?; (Whitepaper, 2010)
 

 

Lena Myshelova, Plugsurfing.
Lena Myshelova, Plugsurfing.
© Plugsurfing


Die Autorin

Lena Myshelova
ist Head of Design beim Mobilitätsdienstleister Plugsurfing. Sie wurde durch den technischen und künstlerischen beruflichen Hintergrund ihrer Eltern von klein auf dazu inspiriert, eine Leidenschaft für Technologie, Kunst, Psychologie und Design zu entwickeln. Beruflich war sie bereits für Start-ups aus verschiedenen Branchen tätig, weshalb sie ein Talent dafür hat, Erlebnisse aus einer Vielzahl von Blickwinkeln heraus zu betrachten.


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