Die VIL-Methode [4] wurde insbesondere zum Testen von Fahrerassistenzsystemen entwickelt, um reproduzierbares Testen im realen Fahrversuch zu ermöglichen, was durch eine Verschmelzung von realer und virtueller Umgebung gelingt. Beim Einsatz dieser Methode sitzt ein echter Fahrer in einem echten Fahrzeug, befindet sich aber in einer beliebigen, vorher konfigurierten virtuellen Umgebung, die entweder über Monitore im Fahrzeug oder dem Fahrer direkt per Head-Mounted Display dargestellt wird. So können komplexe Situationen erlebbar dargestellt, beliebig konfiguriert und wiederholt werden, ohne beim Testen Personen oder weitere Fahrzeuge zu Schaden kommen zu lassen.
Beim Testen eines Parkassistenten (Bild 3) müssten bei realen Tests unzählige Parklückenmodifikationen durch Umparken vieler echter Fahrzeuge geschaffen werden. In der virtuellen Welt lassen sich jedoch verschiedene Szenarien schnell und einfach zusammenstellen. Zur Validierung eines Parkassistenten sind hunderte Manöver nötig – daher bietet der Einsatz des virtuellen Fahrversuchs eine hohe Zeitersparnis. Die Problematik der Umsetzbarkeit der Testszenarien lässt sich auch am Beispiel eines Notbremsassistenten demonstrieren. Statt in der Realität komplexe Szenarien aufzubauen und eventuell noch Personen in den Fahrversuch einzubeziehen, kann das Fahrzeug mit dem realen Fahrerassistenzsystem auf einer Freifläche getestet werden, während durch den Augmented-Reality-Ansatz ein virtueller Fußgänger vor das Fahrzeug läuft. Das System sollte den Bremsvorgang einleiten – tut es dies nicht, kann es nachjustiert werden. Darüber hinaus ist es möglich, nicht nur ein, sondern gleich sehr viele Szenarien zu testen, wobei dies ohne den komplizierten Aufbau realer Szenarien (z.B. Hindernisse, kreuzende Verkehrsteilnehmer) auskommt, sondern einfach in der virtuellen Welt stattfindet. Und das alles kann in einem Stadium getestet werden, in dem noch kein Gesamtfahrzeugprototyp zur Verfügung steht. Die VIL-Methode stellt eindrucksvoll dar, wie sich reale und virtuelle Fahrversuche ergänzen können. Virtuelle Fahrversuche bieten die Möglichkeit, trotz der steigenden Komplexität den Zeit- und Kostenaufwand für den Test und die Validierung verschiedenster Fahrzeugkomponenten und -systeme zu reduzieren. Gerade bei Fahrerassistenzsystemen, die einen enormen Interaktionsgrad mit anderen Systemen aufweisen, ist die frühe Möglichkeit zum Testen wertvoll [5]. In diesem Bereich ist der Test- und Absicherungsaufwand ohne Einsatz virtueller Fahrversuche nicht mehr zu leisten.
Literatur
[1] Bosch: Dr. Volkmar Denner auf dem 14. Internationalen Stuttgarter Symposium: Bosch bringt den Autopiloten auf die Straße. Pressemitteilung v. 18.3.2015.
[2] Continental: Mobilität der Zukunft: Automatisiertes Fahren. www.continental-corporation.com/www/presseportal_com_de/allgemein/automatisiertes-fahren-de/automatisiertes_fahren_intro_de.html. Letzter Zugriff: 21.4.2015.
[3] Euro NCAP: www.euroncap.com/de. Letzter Zugriff: 30.4.2015.
[4] Schwab, Sebastian; Leichsenring, Tobias; Zofka, Marc René; Bär, Tobias: Durchgängige Testmethode für Fahrerassistenzsysteme. In: ATZ 01/2015, 116. Jahrgang.
[5] Hakuli, Stephan; Krug, Markus: Virtuelle Integration. Kapitel 8. In: Winner, Hermann; Hakuli, Stephan; Lotz, Felix; Singer, Christina: Handbuch Fahrerassistenzsysteme – Grundlagen, Komponenten und Systeme für aktive Sicherheit und Komfort. 3. Auflage. Springer Fachmedien Wiesbaden, 2015.
Der Autor:
Steffen Schmidt |
---|
absolvierte sein Studium der Mechatronik an der Universität Karlsruhe. Seine berufliche Laufbahn begann er bei Bosch; Ende 2010 wechselte er zur IPG Automotive. Hier betreute er zunächst als Produktmanager die IPG-Simulationslösungen. Seit Anfang 2013 verantwortet Steffen Schmidt gemeinsam mit dem Geschäftsführer Dr.-Ing. Alexander Schmidt die Leitung des Unternehmens. |